0339 - Walpurgisnacht
schwarzhaarige Frau wieder, die ihm gestern schon aufgefallen war.
Aber das war unwichtig. Auch etliche andere Männer und Frauen erkannte er wieder.
»Was nun?« fragte Möbius.
»Abwarten«, erwiderte Zamorra.
Hoffach hatte sie beide gesehen und erkannt. Zamorra fiel auf, daß der Mann nervös war. Warum? Ein nervöser Spieler ist kein guter Spieler.
Unwillkürlich berührte Zamorra sein Amulett. Aber es meldete sich nicht.
Es wäre auch widersinnig gewesen, dachte er. Wenn Hoffach über magische Kräfte verfügte, hätte er gestern bestimmt nicht verloren…
Möbius schlenderte zur Bar hinüber. Zamorra machte einen Erkundungsgang durch den Spielsaal, der um diese Zeit noch mäßig besetzt war. Nur der Tisch, an dem Hoffach und die Schwarzhaarige spielten, erfreute sich offenbar starker Beliebtheit. Aber noch ehe Zamorra seinen Rundgang beendet hatte, löste sich die Runde halbwegs auf. Vier Spieler zugleich verließen den Tisch.
Zamorra spielte mit dem Gedanken, sich dazuzusetzen. Aber wenn er spielte, wollte er nach Möglichkeit nicht zuviel verlieren. Wenn er sich aber auf magische Kraftflüsse konzentrierte, würde das kaum ausbleiben…
Narr! schalt er sich selbst. Es ist ein Glücksspiel, wohin die Kugel rollt, ist Zufall. Da kannst du auch mit Konzentration nichts dran ändern… . also ist es egal, ob du spielst oder nicht…
»Nein, mein lieber Spielteufel«, murmelte er lautlos. »Dir verfalle ich nicht. Als Zuschauer gefalle ich mir viel besser…«
Er lehnte an einer Säule, bewunderte die an der Decke hängenden Kristalllüster und sah immer wieder zu dem bewußten Tisch hinüber.
Möbius kam heran, ein Whiskyglas in der Hand. »Gestatten Sie?« Und schon saß er und spielte in der nächsten Runde mit.
Hoffach warf ihm einen verbissenen Blick zu, sah dann Zamorra ein paar Meter hinter Möbius stehen und murmelte etwas, das nach Zamorras Lippenlese-Künsten einem Fluch ähnelte.
Zamorra war jetzt nahe genug am Tisch, um noch mal gezielt »zuzugreifen«. Das Amulett war aktiviert. Plötzlich spürte Zamorra im Moment, in dem die Kugel sich aus der Halterung löste und durch den rotierenden Teller raste, einen magischen Kraftfluß. Das Amulett erwärmte sich unmerklich. Normalerweise wäre es Zamorra nicht einmal aufgefallen, so unbedeutend schwach war dieser Hinweis.
Aber es war ein Hinweis!
Als die Kugel zum Liegen kam, war der magische Kraftfluß vorbei. Ein glatzköpfiger Mann im braunen Nadelstreifenanzug strich einen nicht unerheblichen Gewinn ein. Die Spielmarkensäulen vor Hoffach waren in den letzten drei Spielen beträchtlich geschrumpft.
Da stimmt was nicht, dachte Zamorra. Hoffach kann nicht der Hexer sein. Der betrügt sich doch nicht selbst… oder sollte er einer von den Zauberlehrlingen sein, bei denen jeder Magie-Schuß nach hinten losgeht?
Solche Unglücksraben sollte es geben.
Die beherrschten jeden Trick, jedes magische Kunststück perfekt und fast im Schlaf – in der Theorie. In der Praxis aber begingen sie unterbewußt immer irgend einen Fehler, der genau das Gegenteil des gewünschten Effekts hervorrief. Zugegebenermaßen waren diese Super-Magie-Experten auf der Welt recht spärlich gesät. Zamorra hatte im Laufe seiner parapsychologischen Studien und Forschungen gerade zwei kennengelernt.
Hoffach wäre der dritte – aber das wollte Zamorra nicht glauben.
Er schloß die Augen und versuchte, sich auf die Gedanken der Spieler zu konzentrieren.
Er konnte unter günstigen Voraussetzungen die Gedanken anderer Menschen lesen, zumindest andeutungsweise Gedankengänge wahrnehmen, Richtungen verfolgen. Er konnte feststellen, ob jemand log.
Er versuchte es.
Hoffachs Gedankenwelt war ein solches Chaos, daß Zamorra sich schleunigst wieder zurückzog. Er hatte nichts wahrnehmen können, nur ein gewaltiges Durcheinander von Haß, Panik und Verzweiflung.
Ein Magier war Hoffach ganz bestimmt nicht. Nicht mit einer solchen Unkonzentriertheit.
Wer aber war es dann?
Zamorra versuchte es bei dem Mann, der vorhin abgesahnt hatte. Aber es gelang ihm nicht, in dessen Bewußtsein vorzudringen. Er war in eine ungünstige Phase gekommen. Das Zurückschrecken hatte ihn vielleicht selbst aus dem Konzept gebracht. Er kam einfach nicht durch, auch nicht bei der schwarzhaarigen Frau oder bei Stephan Möbius. Da gab er es auf.
Er hatte auch noch den Croupier antesten wollen, aber es hatte einfach keinen Zweck, daß er sich in Fehlversuchen verausgabte. Zwei Angestellte waren ohnehin
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