0339 - Walpurgisnacht
auf dem Boden und stöhnte, versuchte auf die Beine zu kommen. Weissenbach humpelte mit schmerzendem Schienbein hinter Hoffach her, der sich hinter das Lenkrad des Polizeiwagens schwang.
»Bleiben Sie stehen! Kommen Sie sofort da raus, oder ich mache von der Schußwaffe Gebrauch…«
Hoffach knallte die Tür zu. Der Zündschlüssel steckte, der Motor sprang sofort an. Da war Weissenbach neben ihm und wollte die Fahrertür aufreißen. Hoffach stieß sie ihm entgegen. Weissenbach taumelte zurück.
Mit durchdrehenden Rädern startete Hoffach. Im Rückspiegel sah er, wie Unkatz seine Pistole freibekam und auf den Wagen zielte.
»Nicht, Mann!« schrie Weissenbach. »Du triffst ihn doch nicht bei dem schlechten Licht, und…«
Von der Talsperre her kam ein anderer Wagen. Unkatz verriß die Waffe bewußt, die er schon ausgelöst hatte. Der Schuß fuhr nur ein paar Meter entfernt ins Erdreich. Der gestohlene Streifenwagen raste direkt durch die Kurve auf das andere Fahrzeug zu, das Hoffach vor dem Schuß in die Reifen gerettet hatte. Gerade noch im letzten Moment riß Hoffach das Lenkrad herum. Zwischen den beiden Wagen hätte kein Fußball mehr Platz gehabt. Der entgegenkommende Fahrer sah den rasenden Polizeiwagen, die beiden Beamten, von denen einer die Pistole in der Hand hielt, und gab nun entsetzt Gas, zwischen ihnen hindurch, sah zu, daß er davonkam. Er wollte nicht in eine gewalttätige Auseinandersetzung gezogen werden. Die beiden Fahrzeuge entfernten sich schnell in entgegengesetzte Richtungen.
»Dieser Idiot!« schrie Unkatz hinter dem nach Oker rasenden Wagen her. »Wenn er angehalten hätte… zum nächsten Telefon… verdammte Schei…«
»Schnauze!« unterbrach Weissenbach ihn scharf. »Mit Fluchen änderst du auch nichts. Wir halten eben den nächsten Wagen an, der vorbeikommt.«
Unkatz nahm das Magazin aus seiner Waffe und ersetzte die abgeschossene Patrone. Er ging hinüber zu der Stelle, wo die Kugel ins Erdreich gerast war. »Na, die hole ich ohne schmutzige Fingernägel da auch nicht raus… Wenigstens haben wir seine Papiere. Führerschein und Zulassung.«
»Also kriegen wir ihn auch. Wir müssen nach Goslar zurück. Und dann kann der Bursche was erleben… wo wohnt er? Schulenberg? Das ist doch nur ein paar Meter weg. Wenn er heimkommt, wird er festgenommen. Dieser Idiot…«
»Geistiger Kurzschluß«, sagte Unkatz. »Aber das Ding, was er mir verpaßt hat, kriegt er noch wieder.«
»He, he, langsam! Du bist Polizist und kein einsamer Rächer«, warnte Weissenbach. Er deutete auf Unkatz’ Pistole. »Und das Ding solltest du auch nicht ganz so schnell bei der Hand haben. Da kann man nämlich ganz aus Versehen auch Leute mit treffen.«
»Ach ne… he, da kommt wieder einer. Sogar die passende Richtung. Der kann uns nach Goslar bringen.«
»Zur nächsten Telefonzelle reicht schon«, brummte Weissenbach.
»Den Rest erledigen sowieso unsere Kollegen. Dafür werden sie ja bezahlt, nicht?«
Dem ließ sich nicht widersprechen.
***
Die zu erwartenden Folgen seiner Kurzschlußhandlungen wurden Hoffach erst bewußt, als er mit dem Wagen über die Brücke jagte.
Fahrzeugdiebstahl… Fahrerflucht… Widerstand gegen die Staatsgewalt und sie hatten seinen Führerschein und damit seine Adresse!
Himmel, in was hatte er sich da hineinmanövriert?
Zuerst mußte er zusehen, daß er den Streifenwagen wieder los wurde.
Der war das Verräterischste, was ihm überhaupt noch anhaften konnte!
Dann mußte er zusehen, daß er einen guten Rechtsanwalt bekam, der ihm half, aus dieser verfahrenen Situation halbwegs wieder herauszukommen.
Und er mußte zum Casino…
Er kannte den Harz noch nicht gut genug. Zum Casino kam er am besten mit einem Wagen, also mußte ein Leihfahrzeug her. Woher nehmen?
Er mußte wieder nach Clausthal-Zellerfeld! Da war er schon an der Abzweigung vorbei, die auf kürzesten Weg in die Stadt führte! Ansonsten hätte er durch Altenau fahren müssen, und das wollte er nun doch nicht riskieren. Wer konnte sagen, wie schnell die Suche nach dem Streifenwagen anlaufen würde?
Das Funkgerät strafte er mit Mißachtung. Er hatte keine Lust, sich in dessen Bedienung einzuarbeiten. Nach einer Vollbremsung fuhr er rückwärts bis zur Abzweigung und folgte dann der schmaleren Straße am »Schwarzen Wasser« entlang.
Einen halben Kilometer vor Clausthal-Zellerfeld ließ er den Wagen in einer Waldschneise stehen und lief zu Fuß zum Ortsrand. An der ersten Telefonzelle rief er ein
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