034 - Der Hexer
Heiterkeit von ihm aus, die erwärmte.
22.
Hauptinspektor Bliss verschwand rasch im Steinportal von Scotland Yard. Den Gruß des wachhabenden Beamten beachtete er kaum. Eilig ging er durch den gewölbten Gang zum Zimmer des Chefs. Dieser schmächtige Mann mit den nervösen Bewegungen forderte den Respekt seiner Untergebenen, ohne auf ihre Zuneigung Wert zu legen.
»Das ist Mr. Bliss!« sagte ein Polizeibeamter zu einem jüngeren Kollegen. »Gehen Sie ihm aus dem Weg! Bevor er nach Amerika ging, war er schon schlimm - aber jetzt ist er unausstehlich!«
Messer, der in einem der vielen Wartezimmer saß, legte seine Stirn in Falten, als er Bliss vorbeigehen sah. Der Gang dieses Mannes kam ihm sehr bekannt vor. Und auch Sam Hackitt, der entlassene Strafgefangene, der in Begleitung eines Polizeibeamten im Korridor auf und ab ging, kratzte nachdenklich an seiner Nase und wunderte sich, wo er dieses Gesicht schon gesehen hatte.
Mr. Bliss öffnete die Tür zum Zimmer des Chefs und trat ein. Wembury, der vor dem großen Doppelfenster wartete, wandte sich um und nickte. Bei jeder neuen Begegnung gefiel ihm der Hauptinspektor weniger.
Bliss trat zum Pult in der Mitte des Zimmers, nahm irgendein Papier auf und las es durch. Er warf es wieder auf den Tisch und wandte den Kopf zu Wembury.
»Warum hält eigentlich der Kommissar dieses Verhör ab?« fragte er ungeduldig. »Seit ich wegging, hat sich hier manches geändert.«
»Der Chef hat die Sache in Bearbeitung. Da er aber krank ist, führt Oberst Walford das Verhör durch.«
»Warum gerade Walford?« brummte Bliss.
Wembury hatte gewußt, daß er an diesem Morgen Bliss treffen würde, und beabsichtigt, ihn über den geheimnisvollen Besuch in Malpas Mansions zu befragen. Doch Bliss schien wenig Lust zu einer Unterhaltung zu haben.
»Die Sache ist sehr wichtig. Wenn der Hexer zurückgekehrt ist - und die Hauptstelle ist ziemlich sicher, daß er ...«
Bliss lachte verächtlich.
»Der Hexer! « Er überlegte einen Moment und fragte:
»Wer ist der Mann, der ihn zu kennen behauptet?«
»Hackitt.«
»Hackitt! Glauben Sie, daß Hackitt etwas über ihn weiß? Man ist bei Scotland Yard sehr leichtgläubig geworden!«
»Er behauptete, er würde ihn erkennen.«
»Blödsinn!« antwortete Bliss. Sein ganzes Benehmen war beleidigend.
»Dr. Lomond meint ...«, begann Wembury, wurde aber sogleich durch den aufbrausenden Hauptinspektor unterbrochen.
»Ich will nicht wissen, was ein Polizeiarzt meint! Der Mann besitzt eine kolossale Frechheit! Er wollte mir vorschreiben, was ich zu tun hätte.«
Wembury hatte nicht gewußt, daß der ruhige Lomond mit dem streitsüchtigen Bliss zusammengestoßen war.
»Er ist ein gescheiter Mann«, stellte er ruhig fest.
Bliss hob ein Buch vom Tisch hoch.
»Das will er uns auch in seinem Buch weismachen - was Ihnen wohl imponiert! Ich bin zwei Jahre in Amerika, dem eigentlichen Sitz dieses anthropologischen Blödsinns, gewesen. Ich habe Verrückte getroffen, die mehr wußten als Lomond.« Er schlug mit dem Buch auf den Tisch. »Angenommen, Hackitt bleibt bei seiner Behauptung, den Hexer zu kennen - wer wird ihn außerdem noch identifizieren?«
»Sie. Soviel ich weiß, haben Sie versucht, ihn nach der Attaman-Sache festzunehmen.«
Bliss schaute Alan scharf an.
»Ich? Ich habe den Kerl nie gesehen. Als ich ihn greifen wollte, drehte er mir den Rücken zu. Ich legte gerade meine Hände an ihn - da stak auch schon ein Dolch vier Zoll tief in mir. Wer hat ihn gesehen?«
»Messer?« mutmaßte Wembury, doch der Hauptinspektor runzelte die Stirn.
»Ich möchte wetten, daß Messer ihn nie so, wie er wirklich aussieht, gesehen hat. Dazu schnupft er zuviel Koks ! Der Hexer ist gewandt, das muß ich zugeben. Ich wünschte, ich hätte Washington nie verlassen - dort hatte ich einen ruhigen Posten.«
»Sie scheinen sich hier nicht recht glücklich zu fühlen?« fragte Wembury spöttisch.
»Sie hätte man dort behalten!« brauste Bliss auf. »Mich braucht man in Scotland Yard!«
Obschon er sich ärgerte, lachte Alan doch.
»Gegen Ihre Manieren läßt sich nichts sagen - doch Ihre Bescheidenheit geht zu weit!«
Bliss ließ sich nicht reizen. Er las das Titelblatt des Buches, das er in der Hand hielt, und wollte gerade eine Bemerkung über Dr. Lomond und seine anthropologischen Studien machen, da trat Oberst Walford ein.
»Meine Herren, es tut mir leid, daß Sie warten mußten«, entschuldigte er sich heiter. »Guten Morgen, Bliss!«
»Guten
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