034 - Der Hexer
Morgen, Sir!«
»Hackitt wartet draußen«, meldete Wembury.
»Sie glauben doch nicht etwa, daß er den Hexer kennt?« warf Bliss verächtlich dazwischen.
»Offen gesagt, nein«, stimmte Walford bei. »Aber da er aus Deptford stammt, besteht eine geringe Möglichkeit, daß er die Wahrheit spricht. Lassen Sie ihn hereinkommen, Wembury! Ich will nur schnell zum Oberkommissar gehen und ihm sagen, daß ich die Vernehmung abhalte.«
Als der Oberst das Zimmer verlassen hatte, sagte Bliss: »Hackitt! Ich kenne ihn. Vor fünf oder sechs Jahren verschaffte ich ihm achtzehn Monate für einen Einbruch - das ist ein unverbesserlicher Lügner!«
Zwei Minuten später wurde Sam hereingeführt. Mr. Samuel Cuthbert Hackitt war ein unverwüstlicher Londoner.
Alan nickte ihm grinsend zu.
»Sie kennen doch Mr. Bliss?«
Sam musterte bedächtig den Hauptinspektor.
»Bliss?« Seine Stirn legte sich in Falten. »Haben Sie sich nicht etwas verändert? Woher haben Sie Ihren Bart?«
»Halten Sie den Mund!« führ ihn Bliss an.
Sam verzog das Gesicht.
»Daran erkenne ich Sie wieder, Sir.«
»Vergessen Sie nicht, wo Sie sind, Hackitt!« sagte Alan.
Der Kommissar kam zurück.
»Guten Morgen, Sir!« begrüßte ihn Sam leutselig. »Sie haben hier eine feine Gesellschaft, lauter Diebe und Mörder.«
Oberst Walford unterdrückte ein Lächeln. Er öffnete eine Mappe.
»Hackitt, Sie sagten einmal aus, daß Sie den Hexer, wenn auch nur für eine Sekunde, gesehen hätten und wüßten, wo er wohnte. Stimmt das?«
»Jawohl, Sir! Ich wohnte im gleichen Haus mit ihm.«
»Oh, dann wissen Sie also, wie er aussieht?«
»Wie er aussah -«, verbesserte Sam. »Er ist ja tot - in Australien ertrunken.«
Oberst Walford schüttelte den Kopf. Hackitt starrte ihn mit offenem Munde an. Alan bemerkte, wie sich seine Gesichtsfarbe veränderte.
»Nicht tot? Der Hexer lebt? Guten Morgen - ich danke bestens!« Er wandte sich um und wollte gehen.
»Was wissen Sie über ihn?«
»Gar nichts!« antwortete Hackitt mit Nachdruck. »Ich will Ihnen die Wahrheit sagen, ohne alle Flausen. Einen toten Mann zu verpfeifen ist etwas ganz anderes als einen lebendigen Hexer - darauf können Sie sich verlassen! Ich weiß etwas über den Hexer, nicht viel, nur ein bißchen. Aber das bißchen werde ich nicht sagen. Warum? Ich komme aus dem Knast, Messer hat mir eine Beschäftigung gegeben, ich möchte jetzt ein friedliches Leben führen, ohne von irgendwem belästigt zu werden.«
»Sie sind verrückt, Hackitt!« rief der Kommissar. »Wenn Sie uns helfen, können wir auch Ihnen helfen.«
»Können Sie mich lebendig machen, wenn ich tot bin?« fragte Sam hämisch. »Ich verpfeife den Hexer nicht!«
»Weil Sie überhaupt nichts wissen«, stichelte Bliss.
»Was Sie glauben, interessiert mich nicht«, knurrte Sam.
»Heraus damit - wenn Sie etwas wissen, sagen Sie es dem Kommissar! Was fürchten Sie denn?«
»Das gleiche wie Sie! Sie hat er einmal beinah erwischt. Ah! Da lachen Sie nicht. Es tut mir leid, aber ich bin nur infolge eines Mißverständnisses hier. Guten Tag allerseits!« Er wollte gehen.
»Warten Sie!« befahl Bliss.
»Lassen Sie ihn nur gehen!« Der Kommissar winkte, Hackitt sollte verschwinden.
»Er hat den Hexer nie gesehen!« behauptete Bliss, als Sam draußen war.
»Ich kann Ihnen nicht zustimmen«, widersprach Walford. »Sein ganzes Benehmen läßt eher das Gegenteil vermuten. - Ist Messer hier?«
»Ja, Sir, er ist im Wartezimmer«, erwiderte Alan.
23.
Wenige Sekunden später kam Maurice Messer herein. Als er das Zimmer betrat, sah er erst in auffälliger Weise auf die Uhr, dann von einem zum andern. Zuletzt blickte er fragend auf Walford.
»Ich glaube, hier liegt ein Irrtum vor. Ich dachte, der Chef wollte mich sprechen?« »Ja, doch leider ist er krank - ich vertrete ihn.«
»Ich bin für halb zwölf Uhr geladen worden, es ist jetzt ...« Er sah wieder auf die Uhr. »Zwölf Uhr neunundvierzig! Ich muß vor dem Greenwich-Polizeigericht einen armen Teufel verteidigen.«
»Es tut mir leid, daß Sie warten mußten«, entschuldigte sich Oberst Walford kühl. »Nehmen Sie Platz!«
Messer legte Stock und Hut auf den Tisch und setzte sich. Bliss anblickend, sagte er:
»Ihr Gesicht kommt mir bekannt vor.«
»Mein Name ist Bliss.«
Also das war Bliss! Messer hielt den herausfordernden Blick des Hauptinspektors nicht aus und wandte sich ab.
»Bedaure - ich glaubte, Sie zu kennen.« Messer zog seine Handschuhe aus. »Ist es nicht ungewöhnlich,
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