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034 - Der Weg nach Westen

034 - Der Weg nach Westen

Titel: 034 - Der Weg nach Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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McKenzie.
    »Alles ist kaputt, Mickey«, murmelte er irgendwann, »sogar die Zeit ist kaputt. Aber ich atme noch was will ich mehr? Ich werde es tun, Mickey, ich werde es tun, und du an meiner Stelle würdest es auch tun…«
    Gegen Abend hörte er Schritte hinter sich. Er drehte sich um Daanah stand hinter ihm. Sie lächelte und setzte sich neben ihn, einfach so, ohne ein Wort zu verlieren. Sie lehnte den Kopf gegen seine Schulter, und es war furchtbar aufregend für Dave. Irgendwann traute er sich, seinen Arm um ihre Schulter zu legen.
    So saßen sie bis zum Sonnenuntergang schweigend. Jeder hing seinen Gedanken nach, jeder lauschte dem Herzschlag und den Atemzügen des anderen.
    In dieser Nacht schlief Dave tief und traumlos.
    Früh am nächsten Morgen suchte er Jenny in ihrer exotischen Residenz auf. Er fand sie allein im Mittelraum im »Thronsaal«, wie Dave den Raum ironisch nannte. Sie war gerade mit ihrer Morgengymnastik beschäftigt.
    »Jenny?« Sie unterbrach ihre Seilsprungübungen und sah ihm mit hochgezogenen Brauen entgegen. »Ich hab gründlich nachgedacht, Jenny. Ich werde nach England gehen und Matt suchen.«
    Eine Zeitlang musterte sie ihn aufmerksam. Dann schlenderte sie zum Podest, stieg hinauf und ließ sich auf ihren »Thron« fallen.
    »London ist weit, Dave. Du machst dir keine Vorstellungen von der Fremdartigkeit dieser zerstörten Welt. Veränderte Topographie, veränderte Geographie, und überall Gefahren, von denen du keine Ahnung hast London ist weiter weg als zur Zeit der iroschottischen Mönche…«
    »Ich werde nach London gehen und Matt suchen, Jenny«, wiederholte Dave. »Ich hab auch eine Idee, wie ich es schaffen könnte. Du musst mir helfen…«
    ***
    Drei Wochen lang blieb Dave noch in der Siedlung der Frawen. Einige kleinere Gruppen von Männern tauchten in dieser Zeit in der Ruine des Reichstages auf, um sich dort niederzulassen.
    Dave wurde Zeuge, wie Jenny und Gorkan sich bemühten, das Misstrauen zwischen den beiden Stämmen zu überwinden. Die Frauen halfen den Männern bei Bau von Holzhütten. Schon nach wenigen Tagen sah man die ehemaligen Todfeinde bei gemeinsamen Mahlzeiten an den Feuern sitzen.
    Dave genoss die wiedergewonnene Freiheit. Er pflegte seinen Körper, aß viel Fleisch und legte ein paar Pfund zu. Die zarten Bande der Freundschaft zwischen ihm und Daanah wuchsen von Tag zu Tag. Schnell lernte er, sich mit ihr zu verständigen.
    Sie brachte ihm das verballhornte Deutsch bei, das man in den beiden Stämmen sprach oder, um genau zu sein: in dem wiedervereinigten Stamm. Dave vermittelte ihr ein paar englische Grundkenntnisse und sie zeigte ihm, wie man mit einer Armbrust und einem Schwert umging. Er erklärte ihr die Grundlagen der Mathematik und sie stutzte seinen struppigen Vollbart. Auch das Haar ließ er sich von ihr bis auf Schulterlänge kürzen.
    Es war ein Geben und Nehmen. Die meisten Männer und Frauen des Stammes beobachteten den ungezwungenen Umgang der beiden mit Staunen, Jenny mit unverhohlenem Wohlgefallen. »Du blühst auf«, sagte sie eines Abends zu Dave. »Kann es sein, dass du verliebt bist?« Sie schmunzelte.
    »Quatsch«, sagte Dave.
    Eines Morgens Anfang August brachen Männer und Frauen zu einer Jagdexpedition auf. Es war die erste gemeinsame Jagd nach drei Generationen unversöhnlicher Feindschaft.
    Jenny war glücklich. Urluk und eine Frau namens Barah führten den Jagdzug an. Jubelnd und winkend verabschiedeten Männer und Frauen die vierzehn Jäger und Jägerinnen. Gorkan, der Häuptling blieb in der Siedlung.
    Von Jenny wusste Dave, dass er unter einem schmerzhaften Rheumaschub litt. Ein paar Tage zuvor hatte Dave ihm in zähen Verhandlungen drei junge Burschen abgetrotzt, die er für seine eigenen Pläne brauchte. Ursprünglich wollte er sechs starke Männer in die Ruine des technischen Museums mitnehmen.
    Gorkan, ein sturer Knochen, beharrte darauf, dass er jeden halbwegs gesunden Mann für den Jagdzug brauchte. Durch Jennys Vermittlung ließ er sich überreden, Dave wenigstens drei kräftige Männer zu überlassen Dolfar, Viktan und Kurtun. Alle drei höchstens Anfang zwanzig; so genau wussten sie es selbst nicht.
    Vor allem Dolfar suchte auffallend häufig Daves Nähe. Der Junge verehrte ihn.
    An dem Morgen, als sie zwei Riesenkatzen mit Waffen und Proviant beluden, zeigte der Kalender auf Daves Armbanduhr den 2. August an. Auch Werkzeug, das Jenny aus den unterirdischen Gewölben des Reichstagsbunkers geborgen hatte, packten die

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