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034 - Der Weg nach Westen

034 - Der Weg nach Westen

Titel: 034 - Der Weg nach Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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von fünf Monaten Rieseneulen, Säbelzahntiger, Gladiatoren und Amazonen wie aus dem Nichts auftauchen? Wie kann sich die Welt in so kurzer Zeit derart verändert haben?« Erschrocken und traurig zugleich blickte sie ihn an. »Nicht fünf Monate, Dave.« Sie zog seine Hände von ihrem Gesicht auf ihre Schultern hinunter und schüttelte den Kopf.
    »Mein Gott, ich dachte, du wüsstest es längst… Es waren nicht fünf Monate, Dave. Es waren fünfhundertvier Jahre…«
    ***
    Drei Uhr zeigte seine Armbanduhr. Drei Uhr nachts. Dave starrte den Kalender auf dem Zifferblatt an. »Fünfter Juli«, murmelte er, »fünfter Juli 2516…« Die Jahreszahl wollte ihm kaum über die Lippen.
    Er stand am glaslosen Fenster des Raumes, den Jenny ihm zur Verfügung gestellt hatte. Ein Raum in der Blockhütte, die er bei seiner Ankunft gesehen hatte. Als Gefängnis für Männer habe sie gedient, hatte Jenny erzählt, als die kriegerischen Amazonen noch gegen die Menen gekämpft hatten.
    Draußen brannten Fackeln an Lehmhütten und Baumstämmen. Frauen in roten Gewändern und mit Speeren in den Händen schlenderten hin und her. Wachen.
    »Fünfter Juli 2516…« Dave schüttelte sich, als würde er frösteln. »… das kann nicht wahr sein, Mickey, oder?«
    Er wandte sich vom Fenster ab und blickte in den kleinen Raum. Fünf Schritte lang, drei Schritte breit. Auf einem Holzpflock brannte eine Öllampe. Ihr Schein fiel auf ein zerwühltes Lager aus Fellen und Decken. Schlaflos hatte Dave sich hin und her gewälzt. Irgendwann hatte er es aufgegeben.
    Seit zwei Stunden tigerte er in seiner Schlafkammer herum. Fünf Schritte vor, fünf Schritte zurück. Wie ein gefangenes Tier. Gefangen von den ungeheuerlichen Geschichten, die Jennifer Jensen ihm erzählt hatte. An Schlaf war nicht zu denken.
    »Ein Zeitriss… Gott, Mickey wenn du bloß hier wärst… ich werde noch verrückt…«
    Sein Verstand glich einem Computer, auf dessen Festplatte man das Betriebssystem gelöscht hatte. Einer Sinuskurve, deren Schnittpunkten man das Koordinatensystem weggenommen hatte.
    Wie schon während seiner Gefangenschaft suchte er Zuflucht im Gespräch mit dem Menschen, der ihm am nächsten stand. Mit seinem älteren Bruder. Oder genauer mit der Fiction seines älteren Bruders.
    » 2516, Mickey das würde bedeuten, dass wir uns nie wiedersehen könnten …« Er seufzte tief, faltete die Hände über seinem Hinterkopf und schloss die Augen. Der Boden unter seinen Füßen schien zu wippen, der Raum sich zu dre- hen. Schnell öffnete er die Augen wieder. »Ein Zeitriss, sagt der Commander…«
    So viel hatte Jenny erzählt zu viel für knapp vierzehnhundert Gramm Menschenhirn. Zu viel, um es zu fassen, zu viel erst recht, um es zu verarbeiten. Zu viel selbst für ein promoviertes und habilitiertes Hirn, wie David McKenzie eines mit sich herumtrug.
    »Mutierte Tiere und Pflanzen, degenerierte Menschen an der Erdoberfläche…« Kopfschüttelnd begann Dave wieder in seinem Schlafraum herumzutigern. »… dazu angeblich Bunkerzivilisationen mit hochentwickelten Albinos, zu denen der Commander unterwegs ist…«
    Dave kannte Matthew Drax noch nicht lange.
    Erst seit Anfang September letzten Jahres.
    »Falsch, McKenzie«, murmelte er. »Nicht seit Anfang September letzten Jahres seit fünfhundertvier Jahren. Gewöhn dich dran…«
    Wenn seine bescheidene Menschenkenntnis ihn während der Monate mit Matthew Drax nicht total im Stich gelassen hatte, war der blonde Staffelführer ein nüchterner Mann. Kein Wissenschaftler, aber ein abgebrühter Bursche, der ungewöhnliche Phänomene zweimal und von mindestens vier Seiten betrachtete, bevor er sie als gegeben akzeptierte. Ein nachdenklicher Mensch außerdem einer, der sich lieber auf die Zunge biss, als leichtfertig irgendwelchen Schwachsinn hinaus zu posaunen.
    »Ich kenn ihn kaum, du hast Recht, Mickey!« Immer schneller wurde sein Schritt. Er schlug sich mit der geballten Faust in die Handfläche.
    »Aber so habe ich den Commander erlebt, und so schätzt auch Jenny ihn ein, und sie scheint ihm jedes Wort abgenommen zu haben, jedes Wort…«
    Wieder und wieder zogen ihm die Geschichten durch den Schädel, die Jennifer Jensen über Matthew Drax' Erlebnisse erzählt hatte. Vor allem das, was der Commander über seine Begegnungen in Leipzig berichtet hatte, ging Dave nicht aus dem Kopf.
    Einer Albino Frau sei er dort begegnet, der Kommandantin einer wissenschaftlichen Expedition. Einer britischen Expedition, unterwegs

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