034 - Der Weg nach Westen
technischen Sprachkurs. Er zählte die wichtigsten Einzelteile auf, versuchte ihre Funktion in einfachen Worten zu erklären und ließ die Männer und Frauen die Begriffe wiederholen. Er verzichtete auf komplizierte Zusammenhänge; die Behauptung, man könne mit solchen leblosen Kästen fliegen, verwirrte die Männer und Frauen schon genug.
Bis zum frühen Abend nahm Dave sich Zeit, ihnen die wesentlichen Bestandteile eines Flugzeugs zu zeigen und wenigstens ansatzweise zu erklären. Daanah, die schneller begriff als die anderen, übersetzte häufig. Die vielen gemeinsamen Stunden, die sie und Dave verbracht hatten, zahlten sich aus.
»Morgen werden wir die Flugzeuge zur Seite schieben wir brauchen Platz zum Bauen. Danach werden wir brauchbare Einzelteile aus den Wracks bergen. Und jetzt richten wir uns erst einmal häuslich ein. Bis zum Herbst müssen wir sicher hier wohnen.«
Gemeinsam schritten sie die Hallen ab, untersuchten alte Fahrzeuge, Waggons, Dampflocks, Straßenbahnen, Busse und Kutschen. Gegen Abend wählten sich die drei Männer einen Magirus-Deutz Lieferwagen aus den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts als Unterschlupf aus. Sie trugen ihre Felle, Waffen und Proviant hinein und bauten sich ihre Schlaflager.
In der ersten Halle fanden die Frauen einen Pullman-Waggon der Reichsbahn, einen ehemaligen Schlafwagen. Die Liegepolster waren zwar wie auch die Sitzpolster in den meisten Fahrzeugen ollständig zerfallen. Aber ansonsten erwies sich der ehemalige Luxuswaggon als relativ gut erhalten. Und er bot reichlich Platz für alle sieben Frauen.
Dave hatte sich in den Kopf gesetzt, sein Lager in der Flugzeughalle aufzuschlagen. Er guckte sich eine Douglas DC-3 aus, die ganz am Ende des alten Luftfahrtmuseums stand. Ein zwölfsitziger Maschinentyp, wie er im zweiten Weltkrieg massenhaft produziert und in den fünfziger Jahren von einigen amerikanischen Fluggesellschaften benutzt worden war.
Den Abend verbrachte er damit, Schmutz, Schutt und verrostete Sitzgestelle aus dem Flugzeug zu werfen. Danach brachte er das Werkzeug aus dem Reichstagsbunker und ein paar Felle hinein. »Hättest du gedacht, dass ich je in einer alten DC-3 wohnen würde, Mickey?«, murmelte er, während er sich häuslich einrichtete.
Später stand er mit einer Öllampe in der Hand vor dem Trümmerberg unter dem eingestürzten Teil des Dachs. Über ihm färbte die Dämmerung den Himmel schwarz. Die Nacht brach an.
Er betrachtete die Rumpfteile seines heimlichen Favoriten unter den Wracks die Supermarine Spitfire. Moos bedeckte das Cockpit und aus dem Kühlergrill spross Unkraut.
Schritte näherten sich von der Automobilhalle her. Bald schälten sich die Umrisse einer Frau aus dem Dämmerlicht Daanah. Sie trat neben ihn. »Erklär mir eins«, sagte sie. »Hier stehen so viele Flugmaschinen du könntest eine von ihnen heil machen und benutzen, um zu Maddrax zu fliegen. Warum also willst du eine neue Flugmaschine bauen?«
Dave lachte trocken. »Ich werde ja Teile von ihnen benutzen, aber sie sind alt, Daanah. Viele hundert Jahre haben an ihren Körpern genagt. Die Schweißnähte sind brüchig, Fahrgestelle und Motoren eingerostet, elektrische Leitungen verrottet.« Wahrscheinlich verstand sie nicht einmal die Hälfte von dem, was er sagte. Trotzdem nickte sie. »Wenn ich mein Leben einer solchen Flugmaschine anvertraue, muss ich sicher sein, dass ich mich auf sie verlassen kann. Dazu muss ich auch das kleinste Teil in der Hand gehabt haben, bevor ich es mit den anderen zusammenfüge.«
Er zuckte mit den Schultern. Das Bild seines Vaters tauchte auf seinem inneren Auge auf. Für Sekunden fühlte er sich in seine Kindheit zurückversetzt. Auf den Balkon des Mietshauses in Baltimore. Er sah das Gesicht seines Vaters, sah die leidenschaftlichen Gesten, mit denen er Flugbahnen imaginärer Kampfflugzeuge in der Luft nachzeichnete und hörte ihn von Pearl Harbor und den Luftschlachten über dem Pazifik erzählen.
»Und außerdem…«, mit einer Kopfbewegung deutete er auf die traurigen Überreste der Supermarine Spitfire, »… außerdem will ich diese dort bauen…«
***
Sie zogen dem Sonnenaufgang entgegen vierzehn Jäger und Jägerinnen auf vierzehn Riesenkatzen, Barah und der bucklige Urluk an der Spitze.
Zwei Tage brauchten sie, bis die letzten Ausläufer der Ruinenstadt hinter ihnen lagen. Am Waldrand, an einem See, den die Frawen
»Miegelsee« nannten, machten sie drei Tage lang Rast. Mit Speeren und Pfeilen erlegten sie
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