034 - Die toten Augen
Frau Gräfin krank ist, daß sie ein Augenleiden hat. Ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe. Es gut mir leid.“
„Sie haben gesagt, sie leide an einer Augenkrankheit?“ fragte der Graf und lachte hämisch. „Nun, was raten Sie mir? Was soll ich tun?“
„An Ihrer Stelle, Herr Graf, würde ich die Sache schnell zu Ende bringen.“
„Die Sache zu Ende bringen? So kann man es auch nennen.“
„Sie sollten sich nicht über mich lustig machen“, sagte Jane wütend. „In dieser Lage gibt es wirklich nur noch eine Lösung.“
„Ich habe Sie sehr gut verstanden. Und was sollen wir Ihrer Meinung nach tun, wenn die Sache zu Ende gebracht ist, wie Sie es nennen?“
„Ich bin bereit, Ihnen mit Matthew nach Frankreich zu folgen, nachdem wir das Gerücht verbreitet haben, daß wir fünf nach dorthin reisen, um Mylady behandeln zu lassen. Wenn wir nicht mehr hier sind, wird sich niemand wundern, daß man Sie nie zu Gesicht bekommt.“
„Und was machen wir mit den Leichen?“
„Im Park ist genug Platz, wo man sie vergraben kann.“
„Und Ihr Mann? Ist er einverstanden?“
„Ich werde ihn schon überzeugen. Wenn er nicht will, gehe ich mit Ihnen allein, Mylord.“
„Im Park ist ja genug Platz. Wollten Sie das sagen?“
„Sie verstehen mich sehr gut, Mylord.“
„Sie machen mir Angst, Jane.“
„Das hat mein Mann auch schon zu mir gesagt. Aber ich bin schließlich nicht für das verantwortlich, was hier geschieht. Sie haben uns einfach vor vollendete Tatsachen gestellt, ohne uns nach unserer Meinung zu fragen. Sie können uns dankbar sein, daß wir immer noch bereit sind, Ihnen zu helfen. Wir hätten schon längst Gelegenheit gehabt, einen Skandal zu provozieren. Und wo wären Sie dann, wenn wir ausgesagt hätten, Mylord?“
„Bitte keine Drohungen. Wenn es einen Skandal gibt, stecken Sie genauso drin wie ich. Im übrigen bin ich Ihnen für Ihre Hilfe dankbar. Nur handle ich aus Leidenschaft, während es Ihnen ums Geld geht. Das spricht nicht sehr für Sie.“
„Worum sollte es mir sonst gehen?“ fragte Jane ärgerlich.
„Es ist gut. Ich werde darüber nachdenken. Lassen Sie mich jetzt den Brief lesen. Ich frage mich übrigens, wer mir wohl geschrieben hat.“
Jane verließ das Zimmer, und der Graf riß den Umschlag auf.
Der Inhalt des Briefes mußte sehr fesselnd sein. Denn in den folgenden Tagen las der Graf ihn wieder und wieder.
„Er muß ihn ja schon auswendig kennen“, sagte Jane zu ihrem Mann. „Er liest ihn, steckt ihn in die Tasche und holt ihn wieder hervor. Ich möchte bloß wissen, was so Interessantes in dem Brief steht.“
Der Verwalter fragte sich das auch.
Mehrmals traf er den Grafen beim Lesen des Briefes an. Und wenn er nicht las, saß er da und starrte vor sich hin, als sähe er ihn im Geist vor sich.
Janes’s Neugier war so quälend, daß sie am liebsten nachts in das Zimmer des Grafen geschlichen wäre, um heimlich den Brief zu lesen. Aber sie wagte es nicht.
Seit er den Brief bekommen hatte, schien der Graf die beiden Gefangenen im Keller vergessen zu haben. Nie mehr näherte er sich der bewußten Tür.
Aber eines Tages läutete er, und als Jane erschien, sagte er zu ihr: „Ich habe einen Plan, Jane.“
„Was für einen Plan, Mylord?“
„Sie haben mir doch kürzlich gesagt, daß die Leute sich über unser zurückgezogenes Leben wundern. Nun gut, man wird uns wieder in der Öffentlichkeit sehen. Sehr bald schon. Dann hört das Gerede auf.“
„Man wird uns sehen? Ich verstehe Sie nicht, Mylord.“
„Ja, man wird uns sehen, mich, meine Frau und meinen Sohn. Was sagen Sie dazu?“
„Ich sage, daß ich nicht verstehe, wie Sie das meinen, Mylord.“
„Sie müssen es auch nicht verstehen, jedenfalls nicht im Augenblick. Es wird vielleicht auch nicht klappen. Wenn es gutgeht, sage ich Ihnen alles. Ich werde Sie noch brauchen, Jane, später. Übrigens verreise ich.“
„Sie verreisen, Mylord?“
„Ja, nur eine kurze Reise, höchstens drei Tage. Bitte, packen Sie mir einen Koffer mit allem Nötigen.“
„Darf ich wissen, wohin …“
„Wohin ich fahre? Nach Paris, ganz einfach. Bitte, Jane, achten Sie in meiner Abwesenheit etwas auf Ihren Mann. Sie verstehen, was ich meine.“
„Was soll ich denn tun? Ich glaube nicht, daß er so dumm ist, freiwillig zur Polizei zu gehen.“
„Das weiß man nie so genau, er hat doch manchmal solche Anfälle von Ehrlichkeit. Aber halten Sie ihn mit meiner Reise in Schach. Sagen Sie ihm, daß ich diese Reise
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