034 - Die toten Augen
wieder schloß, wenn man die Tür öffnete. Er versteckte das Kabel sorgfältig und führte es bis in ein Zimmer, das schon seit langem leer stand.
Er bohrte ein kleines Loch in den Türrahmen und steckte das Kabel hindurch. Auf der anderen Seite konstruierte er eine Einrichtung, die bewirkte, daß eine Klingel zu schrillen begann, wenn er den Strom einschaltete.
Dann ging er zur Kellertür und öffnete sie. Ein lautes Surren ertönte aus seinem Zimmer. Nachdem er wieder die Zimmertür geschlossen hatte, ging er zum Kellereingang zurück, um festzustellen, ob man noch etwas von dem Surren hörte. Es blieb still.
Er entfernte alle Spuren seiner Arbeit und schloß sich dann in seinem Zimmer ein. Dort umwickelte er die Klingel mit Watte und versteckte sie unter seinem Kopfkissen. Noch einmal ging er zur Kellertür und öffnete sie. Nichts war zu hören. Er stieß einen erleichterten Seufzer aus und legte sich auf sein Bett. Er wußte, daß er vom Geräusch der Klingel aufwachen würde, wenn er hier schlief.
Wenn der Graf eines Nachts mit bösen Absichten in die Kellergewölbe gehen würde, so konnte Matthew sicher sein, durch das gedämpfte Surren der Klingel geweckt zu werden. Und dann mußte er versuchen, den Grafen von seinem Vorhaben abzuhalten.
Der Gang war der einzige Zugang zum Keller. Aber der Verwalter mußte von nun an immer in diesem Zimmer schlafen, das von seinem ehelichen Schlafzimmer durch das Büro, die Küche, den Salon und das Eßzimmer getrennt war.
Deshalb provozierte Matthew in der folgenden Nacht einen Krach mit seiner Frau, den er damit beendete, daß er wütend in das entlegene Zimmer verschwand. Er kündigte Jane an, daß er von nun an immer dort schlafen würde, und sie war so aufgebracht, daß sie sofort zustimmte.
Und so verbrachte Matthew die erste Nacht in seinem neuen Zimmer, und zum erstenmal seit langer Zeit schlief er tief und fest. Am nächsten Morgen erwachte er erfrischt und gestärkt. Als er merkte, daß sich Jane darüber wunderte, begann er sofort wieder, ein böses Gesicht aufzusetzen.
Aber das war noch nicht alles. Am nächsten Tag ging er in die Werkstatt und versah eine lange Schnur mit vielen Knoten und einem Haken. Er holte sich eine Leiter, die er in den Graben vor den Verliesen stellte, besorgte sich eine Stahlsäge, und kletterte auf die Leiter bis zu dem kleinen Fenster der Zelle, in der Fred untergebracht war.
Von dem Geräusch, das er beim Durchsägen eines der verrosteten Gitterstäbe machte, erwachte Fred. Er warf sich unruhig auf seinem Lager hin und her. Seit Tage hatte er sich geweigert, Nahrung zu sich zu nehmen. Geschwächt und willenlos lag er Tag und Nacht da, und gab nur zuweilen ein Gewimmer von sich, das an ein kleines Kind erinnerte. Er schien die Gegenwart Matthews gar nicht mehr richtig wahrzunehmen.
Matthew hatte eine Öffnung geschaffen, die groß genug für ihn sein würde, sich hindurchzuzwängen. Dann würde er die Schnur befestigen und im Notfall in Freds Zelle klettern, um ihm zu helfen. Er stieg wieder von der Leiter, stellte sie neben das Fenster und legte die Schnur auf den Boden. Der Graf würde die Leiter und die Schnur hier bestimmt nicht entdecken. Die einzige Gefahr war, daß der Graf merkte, daß einer der Gitterstäbe fehlte. Matthew nahm sich vor, noch am nächsten Tag ein nachgemachtes Gitter vor das Fenster zu stellen.
Nun brauchte er nur noch einen Revolver. Den wollte er sich in London beschaffen. Nur mußte er noch einen Vorwand suchen, um in die Hauptstadt fahren zu können. Der Graf selbst gab ihm bald darauf Gelegenheit dazu.
Matt traf ihn an, wie er in einem Koffer voller Reisesouvenirs wühlte.
„Matt“, sagte der Graf, als der Verwalter in den kleinen Raum neben dem Salon eintrat, „ich finde die Handschellen nicht, die ich in Paris gekauft habe, erinnern Sie sich? Ich habe sie doch bestimmt mitgebracht. Können Sie mir nicht suchen helfen?“
Der Graf hatte aus dem Koffer schon eine kleine Statue, Sporttrophäen, Holzschnitzereien, Vasen und andere Reiseandenken geholt. Matt kniete sich vor dem Koffer nieder und suchte.
„Ich frage mich, warum wir diesen Kram überhaupt aufheben“, sagte der Graf. „Wir können zwei, drei Stücke aufbewahren und den Rest wegwerfen.“
„Da sind sie“, sagte Matt und hielt ein Paar verrostete Handschellen in die Höhe. „Aber der Schlüssel fehlt.“
„Was? Kein Schlüssel?“ fragte der Graf ärgerlich.
„Man kann sie nur noch wegwerfen“, antwortete
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