034 - In den Krallen der Nebelhexe
ihn
durchschaut«, sagte der Mann leise, während er den Schlüssel umdrehte. »Er
interessiert sich für Cindys Haus.«
»Zweifel sind
ausgeschlossen?«
»Vollkommen.«
»Dann werde
wir ihn also daran hindern. Ich nehme an, du hast deine Chance wahrgenommen,
Bill?«
Er lächelte
maliziös, wartete, bis die Frau eingetreten war, und drückte dann die
gepolsterte Tür ins Schloß. »Aber selbstverständlich. Besser konntest du die
Sache gar nicht einfädeln…« Mit diesen Worten angelte er etwas aus seinem
linken Jackettärmel, das er dort versteckt hatte. »Ich bin noch nicht aus der
Übung. Nicht umsonst wurde ich lange Zeit als der Welt bester Trickdieb
bezeichnet…« Was er in der Hand hielt, war Larry Brents Armbanduhr!
»Fangen wir
gleich an«, sagte die Frau kaltlächelnd, und von der verbindlich freundlichen
Art, mit der sie Brent begegnet war, war nichts mehr zu spüren.
●
Gewöhnlich
stellte er sich vorm Zubettgehen unter die Dusche. Mechanisch ging dabei sein
Griff zur Armbanduhr, um sie auf das Waschbecken zu legen.
Die Uhr war
weg!
Sofort
stellte X-RAY-3 sich die Frage, wann er zum letzten Mal bewußt auf das
Zifferblatt gesehen hatte: Als er vor dem Hotel angekommen war!
Also hatte er
sie im Haus verloren…
Vielleicht
vorhin, als er sich bückte, um die Utensilien aus der Handtasche der Frau
aufzuheben?
Larry Brent
schlüpfte in den Bademantel und lief zum Lift. Der stand immer noch auf dieser
Etage und war von niemand in der Zwischenzeit benutzt worden.
In der Kabine
lag die Uhr nicht.
Dann
vielleicht unten in der Rezeption oder im Restaurant. Da der PSA-Agent das
Fehlen schnell bemerkt hatte, begab er sich erneut nach unten und fragte an der
Rezeption, ob eine Uhr abgegeben worden sei. Das Mädchen verneinte.
»Würden Sie
bitte mal am Tisch nachsehen, an dem ich gesessen habe. Tisch Nummer fünf. Die
Leute, die sich noch im Restaurant aufhalten, glauben vielleicht, aus Versehen
in ein Kurhotel geraten zu sein, wenn ich in diesem Aufzug dort auftauche.«
Das Mädchen
lachte. »Ich seh mal rasch nach, Mister Brent.«
Zwei Minuten
später kehrte die junge Dame mit leeren Händen zurück.
»Tut mir
leid, ich habe nichts gefunden. Sind Sie denn sicher, die Uhr hier im Haus
verloren zu haben?« Nein, sicher war er nicht, er vermutete es nur. »Vielleicht
findet sie sich morgen früh beim Putzen. Die Nacht werde ich überstehen,
allerdings muß ich Ihren Weckdienst in Anspruch nehmen. Um sechs Uhr bitte.«
»Geht in
Ordnung, Mister Brent.«
X-RAY-3 fuhr
wieder nach oben und mußte an den Augenblick vorhin im Lift denken. Einen
Moment durchzuckte ihn der Gedanke, daß ihm bei dieser Gelegenheit die Uhr
gestohlen wurde.
Aber Larry
Brent verwarf diese Überlegung ebenso schnell wieder, wie sie gekommen war.
Das
betreffende Paar machte nicht den Eindruck, als ob es durch Trickdiebstähle den
nötigen Unterhalt verdiente. Allerdings, ganz ausschließen mochte X-RAY-3
diesen Gedanken auch nicht. Dieben und Mördern sah man nicht immer die wahre
Gesinnung an…
Nachdenklich
betrat er sein Zimmer, drehte den Schlüssel von innen um und legte sich ins
Bett.
Plötzlich
fingen Kopfschmerzen an. Sie waren so intensiv, so heftig, daß er
zusammenzuckte. Brent hatte das Gefühl, ein eiskaltes Stahlband würde sich um
seinen Schädel spannen…
●
Einen Stock
tiefer fand ein seltsames Ritual statt.
Der Tisch war
vors Fenster gerückt, die Vorhänge waren dicht geschlossen.
Der Tisch war
zum Altar umfunktioniert worden.
Auf einer
schwarzen Decke lag ein bleicher Totenkopf, dessen obere Hälfte fehlte, so daß
er aussah wie eine makaber gestaltete Schüssel.
In der
Schüssel glomm Feuer und verbrannte übelriechende Kräuter, grüner Rauch stieg
zäh über den ausgefransten Rand und drang aus den leeren Augenhöhlen und
zwischen den gelben Zähnen des Schädels hervor.
Links und
rechts neben dem Schädel brannten zwei schwarze Kerzen, die etwa dreißig
Zentimeter über den Totenkopf hinausragten.
Die Flammen
brannten hoch und schnell. Das schwarze Wachs nahm zusehends ab.
Vor dem Tisch
standen zwei Gestalten.
Das Paar, das
Larry am Abend kennengelernt hatte…
Die Frau und
der Mann trugen schwarze Umhänge, darunter waren die beiden Diebe nackt.
Über die
Lippen des Mannes kamen dumpfe, kaum verständliche Worte, die die Frau mit
leisem Singsang untermalte.
Etwas
Unheilvolles lag in der Luft, ein unsichtbares Wesen, ein Geist schien
allgegenwärtig zu sein und jede
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