0340 - Alvas Feuerkuß
diesem Mann überhaupt war.
Der kannte kein Pardon.
McDonald wußte, daß sein Gegenüber nachdachte. Nur das Thema kannte er nicht, so interpretierte er es selbst und sagte leise:
»Jetzt haben wir dich wohl erwischt, wie?«
Der Schäfer schüttelte den Kopf. »Nein, ihr habt mich nicht erwischt. Es war überhaupt nicht so.«
»Wie dann?«
»Ich habe es euch doch erzählt, verdammt!«
McDonald schaute dem anderen kalt ins Gesicht, bevor er sich schwerfällig umdrehte und die anderen anschaute, die dem Dialog aufmerksam gelauscht hatten.
Sie standen dort wie eine Mauer. Männer und Frauen, sogar einige Kinder befanden sich darunter. Ein kleiner Junge hielt auch eine Fackel. Es war ein gespenstisches Licht, das über den kleinen Platz vor der Hütte huschte, gegen den düsteren Himmel stieg und ihm einen roten Schein gab, als würde irgendwo etwas brennen.
Genau die richtige Untermalung. Die Menschen wurden aufgehetzt. Sie brauchten die Düsternis und das Feuer, und auch die ätzenden und aufhetzenden Worte eines Jock McDonald. »Nun, meine Freunde? Wem glaubt ihr mehr? Ihm oder mir?«
»Dir natürlich!« rief jemand.
»Alle?«
Ein vielstimmiges »Ja« brandete den beiden Männern entgegen, und der Schäfer empfand es wie ein Todesurteil.
Er bekam noch größere Angst. Seine Knie begannen zu zittern. Im Hals war es ihm schon trocken geworden. Allmählich verspürte er das gleiche Angstgefühl wie am vorigen Tag, als er den Teufel gesehen hatte.
Da hatte er fliehen können, hier war es ihm kaum möglich. Die Menschen waren zu zahlreich.
McDonald drehte sich wieder um. »Du hast es gehört, wie hier die Leute über dich denken.«
»Es ist falsch.«
»Willst du uns als Lügner bezeichnen?« fragte Jock lauernd.
»Wenn ihr es so wollt, ja. Ich weiß, was ich gesehen habe, und dabei bleibe ich auch.«
»Er hat uns Lügner genannt!« rief Jock den anderen entgegen.
»Habt ihr das alle verstanden? Lügner!«
Drohendes Gemurmel wurde laut. Der Schein begann heftiger zu tanzen. Ein Zeichen, daß die Fackelträger ihre Arme bewegten.
Gilmoore hatte das schreckliche Gefühl, daß diese Leute nicht mehr Herr ihrer Sinne waren. Und wenn jemand Menschen aufputschte, dann verloren sie die Kontrolle.
Das roch nach Lynchjustiz!
Als sich dieser Begriff im Hirn des Mannes festsetzte, erschrak er bis ins Mark.
Lynchen!
Gab es etwas Schlimmeres, als in die Hände einer aufgeputschten Masse zu geraten und verbrannt, totgeschlagen oder totgefoltert zu werden? Nein, er konnte sich nichts Schaurigeres vorstellen. Obwohl er die Menschen hier alle kannte und sogar mit den meisten großgeworden war, glaubte er nicht daran, daß sie sich auf seine Seite stellen würden. Für sie war er jetzt schon ein Ausgestoßener, ein Mensch, der mit dem Teufel in Verbindung stand.
So etwas konnte man nicht hinnehmen. Zwar sprachen viele vom Satan, sie haßten und fürchteten ihn auch, doch niemand hatte bisher so direkt über ihn gesprochen wie er.
Und das putschte sie auf.
Zudem hatte der Teufel ihn noch laufenlassen und nicht zu seinem Opfer gemacht. Für die Menschen etwas Unbegreifliches. Normalerweise tötete der Satan…
Ein böses Lachen schwang dem Schäfer aus McDonalds Mund entgegen. »Du hast gehört, wie sie denken. Und ich denke auch so, Gilmoore. Schon immer bist du ein Einzelgänger gewesen. Wir haben dir nie richtig getraut. Sehr oft bist du unterwegs gewesen, hast dich abseits gestellt, und wer weiß, was du in den einsamen Nächten getrieben hast. Da kommt man schon auf dumme Gedanken. Auch dein Besuch bei der Zauberfrau ist mehr als komisch, wenn du verstehst.«
»Was meinst du damit?«
»Hast du es immer noch nicht begriffen? Dann will ich es dir sagen. Die anderen, und ich meine, daß du nicht nur mit dem Teufel im Bunde stehst, sondern sogar ein Diener von ihm bist. Du tust das, was er von dir verlangt. Vielleicht hast du sogar heimlich getötet. Zuerst Tiere, dann Menschen. Ich kenne Geschichten, in denen zu lesen steht, daß die Diener der Hölle ihre Opfer essen…«
Es waren harte Worte, und Gilmoore wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Mit diesen schrecklichen Anklagen hatte er nicht gerechnet, als er sich an die Menschen wandte, um von ihnen Hilfe zu erwarten.
Er hob die Schultern. Es war eine hilflose Geste, anders konnte er sich nicht wehren.
Das Gesicht des Jock McDonald kam näher. Es verzerrte sich voller Bösartigkeit. Der Schäfer spürte den Willen zur Gewalt, der ihm da
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