0340 - In der Häuserschlucht des Grauens
nicht. Deshalb mußten wir ihn wieder laufenlassen. Wie steht es mit Raoul Boulanger? Hat Ihnen Sheila — ich meine Miß Keefe — über ihn etwas mitgeteilt?«
Mitch Wrengler schüttelte den Kopf. »Leider nicht.«
»Und wie steht es mit einer Hölländerin namens Sonja Kronen?« forschte ich weiter.
Mitch Wrengler blickte uns ziemlich unbehaglich an.
»Über Sonja Kronen brauchte uns Dorothy nicht mehr zu informieren. Ihr Name war uns schon bekannt. Allerdings nur durch unseren holländischen Mittelsmann, der uns auf das kommende Geschäft aufmerksam gemacht hatte. Miß Kronen arbeitete als Sekretärin für den Diamantenhändler in Amsterdam, durch den Maggio zu den Steinen kam.«
Ich blickte Phil vielsagend an. Kein Wunder, daß sie so rasch verschwunden war. Das erklärte uns eine ganze Menge und ließ auch die Vermutung aufkommen, daß Sonja Kronen für die Verheerung des Apartments verantwortlich war. Jetzt fragte sich nur noch, wo die Holländerin stecken konnte. Durch sie konnten wir vielleicht die Erklärung erhalten, die wir so notwendig brauchten.
»Glauben Sie, daß Sonja Kronen über das Geschäft Bescheid wußte?« forschte Phil weiter.
Mitch Wrengler hob hilflos die Hände.
»Darüber habe ich keine Gewißheit. Aber ich kann mir vorstellen, daß sie nicht grundlos nach Amerika kam. Vielleicht sollte sie hier weitere Verbindungen anknüpfen, oder Maggio hatte nur einen Teil des Geldes bezahlt, und sie war beauftragt, die Restzahlung in Empfang zu nehmen. Es gibt eine ganze Anzahl von Möglichkeiten. Am besten fragen Sie sie selbst, Cotton.«
»Das wird etwas schwierig sein«, gab ich kleinlaut zu. »Miß Kronen ist nämlich verschwunden. Eins kann ich Ihnen allerdings verraten, Wrengler. Wir haben die Diamanten gefunden, um die es geht, aber wir können sie leider noch nicht an Sie weiterleiten, bis dieser Fall abgeschlossen ist.«
Mitch Wrengler zeigte unverhohlene Freude über diese Nachricht.
»Na, das ist wenigstens ein Lichtblick in der ganzen schmutzigen Sache. Joe Maggio hat sich also doch eine Blöße gegeben. Wie haben Sie die Steine denn nur gefunden?«
Ich stand auf und griff nach dem Hut.
»Nicht bei Joe Maggio, sondern bei Raoul Boulanger«, sagte ich. »Und da Sie gegen einen Toten schwerlich ein Verfahren wegen eines Zollvergehens einleiten können, wird Ihnen das nur wenig helfen.«
***
Außer Joe Maggio hatte uns Mr. High noch zwei andere Namen von möglichen Diamanteninteressenten aus der Unterwelt genannt. Sam Cohen und Dutch Winkel.
Sam Cohen weilte schon seit zehn Tagen in Florida, wo er sich wahrscheinlich beim Pferderennen bereichern wollte, um dann mit sonnenverbranntem Gesicht wieder nach New York zurückzukehren. Es war ziemlich unglaubwürdig, daß er größere Geschäfte seinem Stellvertreter überließ. Wir konnten ihn also mit einiger Gewißheit aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen.
Dutch Winkel dagegen war zu Hause. Er hatte kein Interesse, sich seine Glatze von der Sonne verbrennen zu lassen, solange die Konkurrenz das Schlachtfeld verlassen hatte. Dem Aussehen nach war Dutch Winkel wahrhaftig keine Schönheit. Der lange bleiche Schädel sah aus, als sei er vollkommen kahl. Aber es gab da ein paar spärliche Haarbüschel, die allerdings so blond und farblos waren, daß map sie leicht übersah.
Dutch Winkels Augen waren grau und unscheinbar. Sie sprühten weder Feuer, noch blickten sie aufmerksam aus dem maskenhaften Gesicht. Man wurde sich lediglich dieser unscheinbaren Augen bewußt, wenn man versuchte, sie zu ergründen.
Dutch Winkel kannte zwar seinen Konkurrenten Joe Maggio recht gut, hatte aber keinerlei Sympathie für ihn. Das stammte wahrscheinlich daher, daß sich die beiden Gangster in der Vergangenheit gelegentlich betrogen hatten und keinen Grund sahen, sich als Blutsbrüder zu betrachten.
Laut Dutch Winkel, dessen Vorname wohl im polizeilichen Archiv bekannt war, sonst aber nie verwendet wurde, gab es in New York keine schmutzigen Geschäfte. Es war deshalb auch völlig unmöglich, daß er in etwas anderes als reelle Geschäfte verwickelt war.
Wir wußten das zwar besser, aber darüber stritten wir uns nicht lange mit Dutch Winkel, der übrigens behauptete, nichts von den Geschehnissen der letzten Stunden zu wissen. Er hatte auch entsprechende Alibis, die seine Beteiligung an diesen Ereignissen unmöglich machten.
In Anbetracht dieser Beweise mußten wir unverrichteterdinge wieder abziehen, wobei ich allerdings nicht so sehr von
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