0340 - In der Häuserschlucht des Grauens
kommen, denn uns zuliebe wird Chet Fenner das wohl kaum tun. Maggio werden wir ja bis zum Morgengrauen wieder entlassen müssen, wenn er nicht gerade einen ganz großen Regiefehler macht, und das halte ich für recht unwahrscheinlich.«
»Ich auch«, meinte Phil. »Fahren wir also lieber zu unserer holländischen Blume. Vielleicht kann sie uns etwas verraten, das ein wenig Licht in diese ganze Sache wirft. Irgendwie paßt Sonja Kronen nicht in diese Angelegenheit. Entweder ist sie wirklich ahnungslos, oder es steckt mehr hinter ihr, als wir anfänglich geglaubt hatten.«
Ich ließ den Motor anspringen, und wir fuhren ab. Phil hatte ganz recht. Kaum hatte Sonja Kronen Raoul Boulanger kennengelernt, war er auch schon ermordet worden. Und sie hatte erst einen Tag in Sheila Masters’ Wohnung verbracht, als auch schon die Zollagentin umgebracht wurde. Man mußte darüber auf gewisse Gedanken kommen, und die beschäftigten mich, als wir zur 21. Straße fuhren.
Zehn Minuten später blickten wir einander verdutzt an. Sonja Kronen mußte einen unerhört festen Schlaf haben, wenn sie der Lärm nicht weckte, den wir an der Tür vollführten. Aber hinter der Wohnungstür blieb alles still. Wir rüttelten an der Klinke und hätten beinahe laut aufgelacht, denn die Tür war offen. Wir wollten einen Blick in Sonjas Apartment werfen, um festzustellen, ob alles in Ordnung war, und der Hausmeister, den wir weckten und nach oben schleiften, sollte uns dabei begleiten.
»Ich hätte Ihnen eigentlich schon an der Nasenspitze ansehen sollen, daß Sie mir nur Schwierigkeiten ins Haus bringen würden«, brummte er, als wir im Lift nach oben fuhren.
»Das sagt mir jeder Hausmeister, bei dem ich auftauche. Aber Sie können sich beruhigen. Mein Freund zieht aus, und wir lassen Sie danach in Ruhe.«
Die Wohnung war nicht mehr ganz in dem Zustand, den ich bei meinem ersten Besuch angetroffen hatte. Nachdem New York in der Nacht nicht von einem Hurrikan heimgesucht worden war, mußte es einen anderen Grund für die Verheerung geben, die hier herrschte.
Phil Warf mir einen besorgten Blick zu, und dann turnten wir über den Krempel, der sogar schon im Korridor lag, zum Schlafzimmer hin. Den verdutzten Hausmeister beachteten wir nicht weiter.
Nicht einmal die beiden Betten waren der Verheerung entgangen. Die Matratzen lagen aufgeschlitzt am Boden, und die Füllung war im ganzen Zimmer verstreut. Von Sonja Kronen war allerdings keine Spur zu sehen, auch nicht in den anderen Zimmern, in denen das Durcheinander nicht weniger groß war.
»Unsere holländische Tulpe ist weg«, meinte Phil und blickte nicht gerade begeistert auf den Inhalt der Schubladen, der recht wahllos auf dem Boden verstreut war. »Hoffentlich ist ihr nichts passiert.«
Ich antwortete nicht. Jemand mußte sich beeilt haben, diese Wohnung auf den Kopf zu stellen, und es war mir klar, was die Einbrecher gesucht hatten. Es ging um die Diamanten, die wir in Raoul Boulangers Zimmer gefunden hatten. Wer aber hinter ihnen her war, kannte die wahren Zusammenhänge noch immer nicht.
Mir gab dieser Umstand zu denken. Wir hatten von Anfang an angenommen, daß Joe Maggio hinter diesen Verbrechen steckte. Jetzt war ich mir dessen nicht mehr so sicher, denn Joe Maggio saß schon eine ganze Weile in unserem Büro, und Chet Fenner hatte sicher keine Gelegenheit gehabt, diese Verwüstung zu verursachen und rechtzeitig zu seiner Wohnung zurückzukehren.
»Du meinst, man hat sie entführt?« wandte ich mich schließlich an Phil.
Der zuckte die Schultern.
»Bei Joe Maggio wäre alles möglich«, knurrte er. »Der läßt sich durch solche Kleinigkeiten nicht stören.«
»Laß dich durch unsere Abneigung gegen Joe Maggio nicht zu Gedankenfehlern verleiten, Phil«, meinte ich.
»Um das hier anzurichten, mußte Maggio zuerst einmal in die Wohnung kommen und dann Sonja Kronen aus dem Weg schaffen. Aber die Holländerin ist noch immer eine Unbekannte in unserer Rechnung. Vielleicht war es nicht nur ein Zufall, daß sie higr bei Sheila' Masters blieb. Vielleicht bezweckte sie damit etwas, vielleicht wollte sie erfahren, ob Sheila Masters die Diamanten gefunden hatte.«
»Aber die beiden Frauen waren doch alte Freundinnen?« warf Phil ein.
»Das hat nur Sonja Kronen behauptet, und Sheila Masters kann nichts mehr bestätigen. Gerade das könnte der Grund sein, warum die Zollagentin sterben mußte. Und es könnte auch der Grund sein, warum Sonja Kronen jetzt verschwunden ist.«
Phil blickte
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