0340 - Sinfonie des Schreckens
Aber alle schienen über unterschiedliche Kräfte und Fähigkeiten zu verfügen. Da paßte eins nicht zum anderen.
Menschlich schien dieser Fremde auch nicht unbedingt zu sein. Zamorra glaubte verfließende Körperformen gesehen zu haben, und Nicole bestätigte ihm diese Beobachtung.
Nach dem Frühstück kleidete Zamorra sich an. »Kannst du feststellen, ob Samara noch fort ist? Vielleicht ist er ja inzwischen sehr krank und wütend zurückgekommen und hockt in seinem Zimmer.«
»Ich werde mal wieder meine Quelle anzapfen«, versprach Nicole. »Ich rufe dich an, ja?«
Sie verschwand nach unten, zur Rezeption. Eine Viertelstunde später klingelte Zamorras Zimmertelefon.
»Samara ist noch außer Haus. Ich bleibe hier unten und passe auf. Wenn er das Hotel betreten sollte, rufe ich dich in seinem Zimmer an, okay?«
»Gut.« Zamorra legte auf, fuhr mit dem Lift in den achten Stock hinauf und öffnete Samaras Zimmertür. Das war ihm ohne weiteres möglich. Seine Magie, mit der er am Tag zuvor das Schloß präpariert hatte, wirkte noch immer. Samara mochte noch so sorgfältig abgeschlossen haben - die Tür war und blieb unverriegelt. Zamorra vergewisserte sich auch, daß das dämonenbannende Symbol draußen noch vorhanden war; für das normale Auge war es absolut unsichtbar, mit Magie konnte man es aber spüren.
Samara hatte es also überwunden.
Zamorra betrat das Zimmer und sah sich um. Das Bett war zwar benutzt worden, aber Samara hatte allenfalls oben auf der Decke gelegen.
Er schlief also nicht… ?
Das war interessant.
Zamorra durchsuchte vorsichtig das Gepäck des Dirigenten. Aber er konnte nichts Ungewöhnliches finden. Keine magischen Utensilien, nichts. Nur ein paar Zeitungen lagen im Schubfach des kleinen Schreibtisches, in welchen über seinen »Bühnentod« während der Probe vor fast einer Woche eingehend berichtet wurde. Zamorra ersparte es sich, Zeit für das Lesen der Texte zu verschwenden.
Im Nachtschränkchen fand er ein anderes Buch.
Das war wesentlich interessanter. Eine wissenschaftliche Abhandlung, äußerst trocken geschrieben, nicht sonderlich umfangreich, aber eingehend und tiefschürfend. Zamorra schüttelte den Kopf.
Die Einwirkung der Musik auf die menschliche Psyche… wollte Samara sich darüber informieren, wie er mit seiner Musik Menschen beeinflussen konnte?
Plötzlich stutzte Zamorra. Sollte es das sein? Er entsann sich plötzlich wieder an Marcello d’Oro, des Teufels Dirigenten, der mit seinem Höllen-Orchester versucht hatte, Menschen in seinen magischen Bann zu reißen. Gab es hier Parallelen?
Aber Samara war kein Teufel! Samara war menschlich!
Der Verdacht erwachte in Zamorra, daß er einem Irrtum unterlag. Daß Samara vielleicht ausgetauscht worden war! Und mit ihm die anderen… Hawkens, der wie Samara eine Sonnenbrille trug und der über aufgequollene Augen verfügte…
Und vielleicht waren es noch mehr!
Kopien von Menschen? Dämonische Androiden, Menschenähnliche? Er mußte an den Fliehenden vom Civic Center denken und dessen verschwimmende, zerfließende Umrisse, die nichts Menschliches mehr an sich hatten.
War das die Spur, die er suchte?
Er verließ das Zimmer und nahm das Buch mit. Samara sollte ruhig wissen, daß er - wenigstens teilweise - durchschaut war. Zamorra deponierte das Buch in seinem Zimmer und ließ sich vom Lift nach unten tragen, wo Nicole auf ihn wartete. Mit wenigen Worten informierte er sie über seinen Fund und die daraus resultierenden Schlußfolgerungen.
»Und was nun?«
»Jetzt sollten wir zum Civic Center fahren. Ich möchte zu gern wissen, wie zwei ganz bestimmte Personen das Durchschreiten der Sperre verkraftet haben - und ob sie überhaupt in die Music Hall hineingekommen sind.«
»Gut. Ich habe die Zeit genutzt, uns einen Mietwagen beschaffen zu lassen«, verkündete Nicole und klimperte mit dem Wagenschlüssel. »Steht draußen vor dem Hotel. Leider war in der Eile nur ein Oldsmobile zu bekommen.«
»In dem hat man wenigstens Platz für lange Beine«, sagte Zamorra halbwegs zufrieden.
Die silbergraue Limousine erwies sich als großer, bequemer Wagen, der den Weg durch Houstons verstopfte breite Straßen fast von allein fand. Es gab sogar einen Parkplatz, auf den der Straßenkreuzer paßte.
Zamorra und Nicole stellten das Fahrzeug ab und suchten den Haupteingang auf. Auch hier war das Bannsiegel unsichtbar, aber nach wie vor vorhanden, und die Gemme hoch oben über der Tür hatte auch noch niemand bemerkt und
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