0340 - Sinfonie des Schreckens

hören. Die Patrouille war noch auf der anderen Seite des Gebäudes, das zum Civic Center gehörte.
    Aber jeden Moment konnte von drinnen wieder ein Wachmann auftauchen, und der mußte Zamorra dann deutlich sehen können. Zamorra hatte sich zwar ungefähr den Rhythmus ausgerechnet, in dem die Wächter erschienen und wieder verschwanden, aber er wollte sich trotzdem nicht überraschen lassen.
    Er begann mit den Zauberformeln.
    Als er sie zum zweitenmal aufsagte, glaubte er in den Schatten zweier großer Bäume eine Bewegung zu sehen. Er wurde unruhig. Sollte da noch ein Wachmann stecken, der sich jetzt vorsichtig anpirschte? Zamorra war bereit, die Aktivierung der Bannzeichen abzubrechen. Das Risiko, festgenommen zu werden, war ihm die ganze Sache nicht wert. Leider befand er sich in den USA und nicht in England, wo er immer noch mit einem Sonderausweis des Innenministers auftrumpfen konnte, der ihm für extreme Notfälle polizeiähnlichen Status verlieh - der Ausweis, den er einmal bekommen hatte, weil er dem Minister aus einer magischen Klemme helfen mußte, besaß noch immer seine Gültigkeit. Zamorra hütete sich allerdings auch, ihn zu mißbrauchen.
    Zamorra dachte zweigleisig. Während er sich zum einen darauf konzentrierte, den Text der Zauberformeln fehlerfrei aufzusagen, beobachtet er die Bäume und Sträucher. Der Schatten bewegte sich jetzt.
    Plötzlich trat er ins Halblicht. Das war kein Wachmann. Das mußte jemand sein, der sich ebenfalls unbefugt hier aufhielt.
    Zamorra atmete tief durch. Er sprach leise weiter. Er spürte, wie sich ein Kraftfeld aufbaute und ihm selbst physische und psychische Energie entzog; die typischen Begleiterscheinungen angewandter Weißer Magie. Kraft basiert auf Kraft, und wo etwas entsteht, muß etwas anderes weichen.
    Zamorra hätte es sich einfacher machen und das Amulett dazu einsetzen können. Aber das wollte er nicht. Er wollte nicht Energien vergeuden, die er vielleicht später dringend brauchte. Und Merlins Stern war zwar von eminenter Wirkung - aber unzuverlässig.
    Noch einen Halbsatz…
    Da begann der Fremde zu laufen. Aber lief er wirklich? schwebte er nicht halb über Rasen und Kies? Das Geräuschlose seiner Bewegungen ließ ihn unheimlich wirken.
    Fertig!
    Am Fuß der Treppe blieb der Unheimliche stehen und sah Zamorra an, der unwillkürlich die Hand unter die Jacke gleiten ließ, als wolle er nach einer Pistole im Schulterholster greifen. Er trug zwar keine Waffe bei sich, weil er von den modernen Tötungswerkzeugen nicht viel hielt, aber die Bewegung war eindeutig. Vielleicht fiel der andere darauf herein… ?
    Im gleichen Moment geschah das, was Zamorra befürchtet hatte. Drinnen war ein Wachmann aufgetaucht. Zamorra erkannte es an der Reaktion des Fremden unten an der Treppe. Der Parapsychologe schnellte sich zur Seite, um beide Männer im Blickfeld zu haben.
    Richtig - da war ein Wachmann, von dem der Fremde nur den Kopf hatte sehen können. Der Uniformierte mußte aus einer Seitentür in die große Vorhalle getreten sein und stutzte jetzt, als er die beiden Unbefugten draußen vor dem Eingang in hellem Kunstlicht sah.
    Mit einer Hand griff er zur Dienstwaffe, mit der anderen zum Walkie-Talkie, das in einer Lederschlaufe an seinem Gürtel hing. Gleichzeitig trat er auf ein Wandstück zu, an dem Zamorra eine Art Schaltleiste sah. Wahrscheinlich konnte von hier aus elektrisch die Eingangstür entriegelt werden.
    Der Wachmann sah von Zamorra zu dem anderen. Der öffnete die Augen. Zamorra deutete es zunächst falsch, weil er sie dunkler werden sah.
    Die Blicke des Unheimlichen und des Wachmanns kreuzten sich.
    Im nächsten Moment brach der Uniformierte drinnen vor der Glastür zusammen! Das Funkgerät zerschellte auf dem Boden.
    Warum spricht das Amulett nicht an? fragte sich Zamorra überrascht. Ihm war klar, daß der Fremde Magie eingesetzt haben mußte. Jetzt drehte er sich Zamorra zu, und seine Augen waren schwärzer denn je.
    Eine kalte Hand griff nach Zamorras Herz.
    Wurde er jetzt auch ein Opfer des Unheimlichen?
    ***
    Nicole war in der Tat mit ihrem Teil der Arbeit fertig und hatte die Dämonenbanner aktiviert. Auch sie spürte eine leichte Schwäche. Die Anstrengung, die Magie zu erwecken, forderte ihren Tribut.
    Normalerweise hätte sie jetzt zum vereinbarten Treffpunkt gehen müssen, um dort auf Zamorra zu warten. Großzügig hatten sie eine halbe Stunde pro Person einkalkuliert, innerhalb derer sie ihr Vorhaben schaffen konnten.
    Nicole beschloß