0340 - Sinfonie des Schreckens
Nicole. »Samara kann dich eigentlich nicht kennen.«
»Er kann meinen Namen von Hawkens gehört haben. Der war ja lange genug im Brennpunkt der Gespräche und hat vielleicht etwas mitbekommen. Und sie dürften sich wohl zwischendurch mal unterhalten… Nici, wetten wir, daß der scheintote und wiederaufgestandene Wachmann von heute nacht jetzt eine Sonnenbrille trägt?«
»Die Wette dürftest du gewinnen, cherie…«
»Trotzdem«, sagte Zamorra, »bin ich auch der Ansicht, daß es sich um eine Falle handelt. Deshalb schlage ich vor, daß du zur Sicherheit draußen auf dem Gang bleibst.«
»Du solltest vielleicht das Amulett aktivieren«, schlug Nicole vor.
»Ein guter Gedanke.« Zamorra öffnete sein Hemd und manipulierte an den Hieroglyphen auf dem äußeren Silberband der handtellergroßen Scheibe. Er spürte die verhaltene Kraft, als das Amulett erwachte.
Sie gingen weiter, bis sie die Garderobe erreichten, die ihnen der Wachmann bschrieben hatte. Zamorra nickte Nicole zu und klopfte an.
»Herein«, kam es von drinnen verhalten.
Zamorra trat ein.
***
Auf der Bühne klopfte Franco Samara leicht mit dem Taktstock auf sein Dirigentenpult. Die dynamische, mitreißende Musik erstarb jäh.
»Pause«, sagte Samara. »Hawkens rutscht da so unruhig auf seinem Schemel hin und her, ich glaube, er muß mal ’raus… du solltest dich besser unter Kontrolle haben, Jim. Wenn das beim Auftritt passiert…«
»Wird schon nicht passieren«, brummte Hawkens mißvergnügt, erhob sich und verließ die Bühne.
Über die geistige Verbindung hatte Samara sich informiert, daß der kurze Disput nur ein Ablenkungsmanöver gegenüber jenen war, die noch nicht eingeweiht waren. Denn Samara hatte jetzt einseitigen Kontakt mit dem »Oberen«. Der hatte ihm mitgeteilt, daß ein gewisser Zamorra die Music Hall betreten habe und daß er, der »Obere«, sich selbst um ihn kümmern wolle. Dann war die Botschaft gekommen, daß Zamorra und seine Begleiterin sich getrennt hätten und sich jemand sehr schnell auch um diese Begleiterin kümmern müsse.
So erteilte Samara über die Bewußtseinsbrücke Hawkens den Auftrag, das zu übernehmen. Der konnte dabei eine Schuld begleichen und die Scharte vom vergangenen Abend wieder auswetzen.
Hawkens beeilte sich.
***
Nicole hörte die Schritte, ehe sie den Mann sah. Sie wandte sich um und sah einen Mann im dunklen Anzug und mit Sonnenbrille über den Gang eilen, direkt auf sie zu. Das Mißtrauen in ihr erwachte. War das nicht Hawkens?
Das ist die Falle! schrie es in ihr. Sie wollte die Garderobentür öffnen, um Zamorra zu informieren, und drückte auf die Klinke.
Die Tür war verschlossen!
Erschrocken versuchte Nicole es noch einmal. Immerhin hatte sie doch nicht gehört, daß von innen der Schlüssel herumgedreht worden wäre! Aber trotzdem war die Garderobe nicht mehr zu öffnen!
Plötzlich spürte Nicole die Aura von etwas unsagbar Großem, Bösartigen. Gleichzeitig war Hawkens, der Sonnenbrillenträger, heran. Nicole wartete nicht, bis er sie angriff. Sie hatte noch in Erinnerung, daß Hawkens am Vorabend dreißig Meter tief gestürzt war und das relativ unbeschadet überstanden hatte!
Sie empfing ihn mit einem wuchtigen Taekwon-Do-Tritt. Hawkens nahm ihn voll, war aber davon nicht zu erschüttern. Er stürzte zwar, schnellte sich aber wie ein Stehaufmännchen wieder empor. Nicole schrie auf, als sie seine Faust heranrasen sah. Sie blockte zwar reaktionsschnell ab, aber der Schlag kam durch und raubte ihr die Besinnung.
Hawkens fing sie auf, ehe sie den Boden berührte, warf sie sich mit einer spielerischen Bewegung über die Schulter und trug sie zu seiner eigenen Garderobe. Der Befehl sagte ihm nicht, daß er sie hätte töten sollen.
Noch nicht!
Er sollte sich nur um sie kümmern und erst einmal aus dem Verkehr ziehen. Genau das hatte Jim Hawkens getan - so blitzschnei, daß niemand die Chance bekommen hatte, durch zufälliges Vorbeikommen unwillkommener Zeuge zu werden.
Die Garderobentür schloß sich hinter Jim Hawkens. Er warf Nicole auf die kleine Couch, fand im Schubfach eines Schrankes Verbandsmaterial und fesselte sie damit und mit Heftpflastersteifen so kunstgerecht, daß sie keine Chance hatte, aus eigener Kraft zu entkommen. Dann wurde es für ihn Zeit, wieder zur Bühne zurückzukehren. Eine Toilettenpause hatte eben nur eine bestimmte Zeitspanne zu beanspruchen.
Der Vorgang hatte kaum länger als vier Minuten gedauert.
***
Zamorra erkannte den Mann sofort
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