0340 - Sinfonie des Schreckens
Zamorra zurückzuschleudern. Jetzt schnellte er sich selbst wieder empor und trat zu. Zamorra flog förmlich durch den Raum und verlor die Besinnung. Im gleichen Moment erlosch aber auch das Glühen des Amuletts.
Draußen heulte eine Sirene. Schritte hallten über den Gang. Jemand rüttelte an der verschlossenen Tür. »Aufbrechen«, vernahm der Unheimliche den Befehl.
Er lud sich Zamorra über die Schulter und hechtete durch das Fenster nach draußen. Die Glasscherben flogen mit ihm hinaus. Daß Zamorra sich Schnittwunden zuzog, interessierte den Schwarzäugigen nicht. Auch nicht, daß er im ersten Stock hinausgesprungen war. Durchfedernd kam er unten auf und hetzte sofort weiter. Gleichzeitig verschwammen seine Umrisse. Er wurde, unsichtbar, und mit ihm sein Gefangener. Als die Wachmänner, mit Feuerlöschern ausgerüstet, die Garderobentür aufbrachen, fanden sie nur noch eine zerstörte Einrichtung und den klebrigen Schaum, der langsam hart wurde, weil seine Aufnahmekapazität, was den Sauerstoff der Luft anging, bereits ausgeschöpft war. Denn jetzt kam ja von draußen Frischluft.
Die Männer, die sich dafür interessierten, warum hier ein Feuer ausbrechen konnte, das so verheerende Folgen zeitigte und noch dazu in so kurzer Zeit, standen vor einem Rätsel, das sie nicht lösen konnten.
***
Jim Hawkens hörte die Sirenen, noch während er zur Bühne zurückkehrte. Er ahnte, daß der Feueralarm in Samaras Garderobe ausgelöst worden war, konnte aber kein Bedauern empfinden. Er hatte seine Arbeit getan, das reichte. Er kümmerte sich nicht um den Alarm, der rasch wieder sein Ende fand. Als die brennende Garderobe aufgebrochen wurde, war Hawkens wieder an seinem Flügel.
Lautlos verständigte er sich mit Franco Samara darüber, daß sein Auftrag erfüllt war. Was sich in der Garderobe abgespielt hatte, konnte Samara ihm auch nicht mitteilen, weil der Kontakt zum Oberen abgerissen war.
»Die Pause ist beendet, meine Herrschaften«, stellte Samara trocken fest. »Es geht weiter. Ihren Einsatz…«
So gut wie an diesem Vormittag hatte Samaras Musik noch nie geklungen.
***
Der »Obere« kam wieder zur Ruhe. Immerhin hatte er es geschafft, seinen Feind, den Feind seiner Rasse aus absoluten Individualisten, die dennoch nur ein gemeinsames Ziel kannten, gefangenzunehmen. Das war schon ein wesentlicher Teilsieg.
Er wunderte sich, daß es ihm nicht gelungen war, diesen Zamorra zu seinem hörigen Sklaven zu machen. Er hatte ihm den Todesblick in die Augen senden wollen. Zamorra wäre als Mensch gestorben, um als manipuliertes Ungeheuerwesen wieder zu erwachen und sich langsam, aber sicher umzuformen.
Doch das grüne Schirmfeld hatte ihn geschützt und die tödliche Kraft des Blickes nicht durchdringen lassen!
Unsichtbar bewegte der »Obere« sich mit seinem Gefangenen durch Houston. Sein Ziel lag im Osten, im Galena Park. Dort hatte er seinen Unterschlupf, in dem er sich verborgen hielt, wenn er nicht gerade seine Sklaven aus der Nähe überwachte. Gerade in der Anfangsphase war das wichtig gewesen. Jetzt aber lief der Entwicklungsprozeß fast völlig selbständig und nahm dabei an Geschwindigkeit zu.
Nach kurzer Zeit erreichte der »Obere« sein Ziel. Es war ein einzeln stehendes Haus, das seit ein paar Jahren unbewohnt war. Entsprechend verstaubt und verfallen war es, aber das konnte dem »Oberen« nur recht sein. Hier suchte ihn niemand. Abgesehen davon, daß ihn - vielleicht außer Zamorra - ohnehin niemand suchte, vermutete auch niemand, daß dieses verfallene Haus zwischen niedrigen Bäumen und wucherndem Gras, verwilderten Sträuchern und einem verschlammten und holperigen Weg wieder bewohnt war.
Nicht einmal Sara Moon würde ihn hier vermuten, wenn sie auf den Gedanken käme, daß er sich nach Nordamerika abgesetzt hatte…
Der Schwarzäugige brachte Zamorra in einen der muffigen und feuchten Kellerräume, in denen sich nicht einmal Ratten und Spinnen wohl fühlten. Die Luft war verbraucht und alt, irgendwo tropfte Wasser, das im feuchten Boden wieder versickerte.
Der »Obere« hatte Zamorra hierher gebracht, um sich eingehend mit ihm zu beschäftigen. Ihm war jetzt klar, daß Zamorras Stärke nur aus der Silberscheibe resultierte, die er vor der Brust trug. Wahrscheinlich war der Meister des Übersinnlichen hilflos, wenn man sie ihm abnahm.
Im Civic Center hatte der »Obere« sich nicht die Zeit dafür genommen. Dort stand er selbst noch unter dem unmittelbaren Eindruck des Kampfes, und er wollte
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