0342 - Schnee und schwarze Diamanten
und nahm den Fuß vom Gaspedal. Genau zwei Meter hinter der Polizeisperre kam das Fahrzeug zum Stehen. Lern kurbelte das Fenster herunter, ließ aber den Motor laufen. Ein Sergeant kam auf den Wagen zu.
»Es ist schon alles okay«, sagte Lemmond frech, »ich habe Auftrag, Mister Decker zu fahren. Es ist alles okay. Los, Mister Decker, zeigen Sie Ihren Ausweis. Der Vorsprung des Gangsters wird ohnehin immer größer.«
Blitzschnell überschaute Phil die Situation. Der zweite Polizeiposten existierte diesmal tatsächlich nicht. Wenn er den Cops ein Zeichen geben könnte, würde Lern sofort starten, ehe Phil herauszuspringen vermocht hätte. Auf der anderen Seite musste er durch Lemmond erfahren, wo sich das Hauptquartier der Gangster befand. Dazu hatte er jetzt die beste Gelegenheit. Also machte er gute Miene zum bösen Spiel und zückte seinen Ausweis. Der Cop starrte meinen Freund an. Das Grinsen war die ganze Zeit über nicht von Lems Gesicht gewichen.
Phil nickte. Der Sergeant gab den Ausweis zurück, grüßte und trat einen Schritt zurück. Lemmond erwiderte frech den Gruß und gab Gas.
»Na, ich habe doch gesagt, es klappt alles wie am Schnürchen!«, sagte Dick Lemmond, als sie bereits auf der Straße nach West Paterson dahinjagten.
»Willst du mir jetzt nicht sagen, wo du hinzufahren gedenkst?«, sagte Phil.
»Allerdings G-man, nach Chicago. Da habe ich zu tun. Vielleicht komme ich noch früh genug, um als Zeuge im Prozess auszutreten. Vorausgesetzt, man hat den Prozess vertagt und wartet, bis ich da bin«, sagte Lemmond gut gelaunt. Sein Plan versprach Erfolg, da man jetzt zweifellos die Jagd auf das gelbe Taxi abblasen würde, denn das wurde ja offenbar in einem besonderen Auftrag von einem G-man benutzt. Ein besseres Geleit konnte sich Lemmond gar nicht ausdenken, denn das Auto, in dem er saß, war tabu - solange Phil bei ihm hockte.
»Du hast doch nicht vor, mich zu verschleppen, Lern«, sagte Phil.
»Nein G-man, ich habe Sie keineswegs gezwungen, in dieses Auto zu steigen. Sie saßen bereits drin, als ich mich hinter das Steuer schwang. Also kann von Entführung keine Rede sein.«
»Okay. Dann setz mich an die frische Luft, Lem. Sonst mache ich dir doch noch Unannehmlichkeiten«, sagte Phil. Er rechnete aus, wie viel Stunden sogar ein Rennfahrer bis Chicago brauchte. Vor morgen Mittag konnten sie nicht dort sein.
»Well G-man, zweihundert Kilometer weiter. Da weiß ich eine verschwiegene Tankstelle. Da werde ich den Tank bis zum Rand füllen lassen, und Sie werden bezahlen.«
Phil lehnte sich in die Polster zurück. Er benutzte die Zeit, über Lemmonds Pläne in Chicago nachzudenken.
»Na, .schießen Sie doch schon, Cotton! Oder wollen Sie hier verhungern?«, meldete sich der andere wieder. Der schleppende Tonfall war ein weiterer Beweis, dass es sich wirklich um Beriy Lawset handelte, der an mir seine mittelalterlichen Foltermethoden ausprobieren wollte.
Ich griff zur Pistole, zog sie und zielte in die Richtung des Lautsprechers. Ein höhnisches Gelächter antwortete mir. Blitzschnell drehte ich mich um 180 Grad und schoss in Augenhöhe in die dem Lautsprecher gegenüberhegende Wand. Die Kugel prallte nicht zurück.
»Nicht so hitzig, junger Mann. Sie haben nur noch sieben Schuss, gehen Sie lieber sparsam damit um.«
Ich schoss noch einmal in die gleiche Richtung, in der Hoffnung, wenigstens die Infrarot-Lichtanlage zu treffen.
Unbeeindruckt fragte die Stimme: »Wissen Sie überhaupt, wie eine Gaskammer von innen aussieht, Cotton?«
»Du scheinst großen Wert darauf zu legen, bald mit dem elektrischen Stuhl Bekanntschaft zu machen«, entgegnete ich.
»Soll ich Ihnen nicht wenigstens für einige Minuten Licht anschalten, damit Sie sich vor Ihrem Tod ein Bild von Ihrem Sterbezimmer machen können?«
»Erspar dir deine Tricks, Berry. Deine Stunden sind gezählt, nicht meine.«
»Übrigens, unser Gas ist wohl giftig, aber nicht explosiv. Sie können daher ruhig Ihre Pistole gebrauchen. Überzeugen Sie sich selbst, dass Ihre Todeszelle keinen Ausweg bietet.«
Über mir knisterten Neonröhren. Ehe sie richtig aufflammten, hatte ich sie mit einer Kugel ausgeblasen. Ich brauchte kein Licht.
»Na, dann eben nicht. Also, G-man, hast du dein Testament gemacht? Wem soll ich Grüße bestellen?«
»Das werde ich selbst tun.«
»Dazu ist es zu spät«, erwiderte er eiskalt. Jetzt sollte ich seinen ganzen Zorn zu spüren bekommen. Ich war diesem Gangster ausgeliefert, aber auch eine Maus in der
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