0343 - Der Satan schickt seine Rechnung
hatte.
Die Köchin kam aus der Stadt und machte ein Frühstück, das dem Ruf der Hamishs als einer »Grand Family« alle Ehre antat. Ich habe schon immer heißen Kaffee, gerösteten Speck und Eier als besonders erfreuliche Erfindungen angesehen.
Draußen zog ein grauer, kalter Morgen herauf. Feiner Sprühregen hatte eingesetzt. Der Blick auf den Fluß war wie in Watte gepackt.
Allmählich tauchten auch die Hausbewohner auf. Wie in einem englischen Landhaus frühstückte jeder, wann er kam. Die Stimmung war gedrückt.
Gegen 9 Uhr kam ein Anruf von Mr. High.
»Etwas Neues, Jerry?«
Ich klärte den Chef kurz über die letzten Ereignisse auf und erkundigte mich, ob die Fahndung nach Orville irgend etwas ergeben habe.
»Nichts«, sagte Mr. High. »Wir haben alles getan, aber das alte Sprichwort, daß der beste Kriminalist ohne eine Portion Glück nicht viel erreicht, scheint sich wieder mal zu bewahrheiten. Übrigens habe ich schon von Phil erfahren, daß Swam Shark in den Fall verwickelt zu sein scheint.«
»Ja, Howard Wade meinte, es sei erwiesen, daß Orville und Swam sich früher kannten.«
»Stimmt. Orville gefiel sich damals in der Rolle eines Mannes, der Freunde in der Unterwelt hat. Nun, das Phänomen kennen wir. Kommt gar nicht so selten vor. Ich kann mir aber trotzdem schwer vorstellen, daß Swam jetzt noch zu Orville hält. Dafür halte ich den Gangster für viel zu intelligent. Was hat er davon? Orville ist völlig mittellos, es sei denn…«
»Was.?«
»Er hat damals, bevor er nach Gayness kam, Geld auf die Seite gebracht, von dem seine Familie nichts weiß.«
»Läßt sich das heute noch feststellen?«
»Ich bin gerade dabei, das festzustellen. — Nebenbei bemerkt scheint mir Lawrence viel interessanter zu sein.«
»Er soll in finanziellen Schwierigkeiten sein!«
»Mehr noch. Um einen Konkurs abzuwenden, hat er sich bereits vor mehreren Wochen damit einverstanden erklärt, sein gesamtes Vermögen unter Aufsicht eines Bankenkonsortiums zu stellen. Die Wall-Street-Leute sind dabei, seinen Laden wieder flottzumachen, aber ohne ihn. Sie sind in Gefahr, erhebliche Gelder zu verlieren und wollen deshalb Lawrence & Lawrence auf jeden Fall wieder in Schwung bringen. Natürlich können Sie Dean Lawrence nicht dabei gebrauchen. Er ist ausgebootet, Jerry. Um noch deutlicher zu sein, ihm gehört kein Stein mehr.«
»Mich wundert, daß man praktisch nichts in den Zeitungen darüber erfahren hat. Nur die paar Andeutungen, auf die Phil stieß…«
»Ja, sie haben’s geheimgehalten. Normalerweise hätte Lawrence Konkurs anmelden müssen. Aber dann wären die Banken einen Großteil ihrer Kredite losgeworden. Das wollten sie nicht. Sie wollten vor allem nicht, daß die Firma in einen schlechten Ruf kommt. Nichts fördert eine Abwärtsbewegung einer Firma so sehr wie ein schlechter Ruf. Deshalb haben sie sich von Lawrence alles übertragen lassen und ihn als Gegenleistung persönlich aus der Haftung entlassen. Ich hab das gestern alles herausgekriegt, aber es bleibt unter uns. Wir wollen nicht in die Wirtschaft hineinfunken.«
»Okay, ich hab’s schon vergessen!«
»Da ist nämlich noch etwas!«
»Ja?«
»Ich hatte gerade den Aufsichtsratspräsidenten der Eastern National Bank bei mir. Sie erwägen, ob sie nicht gegen Lawrence Anzeige erstatten.«
»Weshalb?«
»Er hat sich nicht an die Abmachungen gehalten. Er hat Geld entnommen, das ihm nicht mehr gehörte. Er konnte es tun, weil nur wenige die Wahrheit wußten. Unterschlagung nennt man so etwas!«
»Handelt es sich um eine große Summe?«
»Etwa hunderttausend Dollar!«
»Ganz schön. Ich verdiene in fünf Jahren nicht so viel!«
»Die Banken haben Lawrence die Pistole auf die Brust gesetzt. Entweder er schafft das Geld binnen drei Tagen wieder herbei, oder sie zeigen ihn an.«
»Und? Kann er es?«
»Ich glaube nicht. Ich bin noch dabei, herauszufinden, ob er irgendwo etwas auf die Seite geschafft hat. Aber es sieht nicht so aus. Er scheint restlos pleite zu sein. Das Apartment, der Chrysler, selbst seine Anzüge — alles bereits von Cynthia bezahlt.«
»Kann Cynthia ihm nicht die hunderttausend Dollar geben?«
»Ich glaube nicht. Sie darf wohl nicht erfahren, wie es in Wirklichkeit um ihn steht. Sie kennen doch den Grundsatz der High Society. Zu einer Millionärin paßt am besten ein Millionär.«
»Mit anderen Worten — Lawrence braucht verzweifelt Geld!«
»Ja, aber das ist gar nicht unser Problem. Ich frage mich, wo er die
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