0344 - Blutgeld ohne Zinsen
und raste aus dem Laden. In der Hand hielt er noch die Waffe. Die Straße war im Augenblick menschenleer.
Jonny Malloy hatte die Schüsse gehört und im gleichen Moment den Motor des Wagens angelassen. Als Pat Brian aus dem Laden kam, öffnete Malloy die Wagentür und legte schon den ersten Gang ein.
Bevor Pat Brian ganz auf dem Sitz hockte, startete Malloy. Er trieb den Motor auf Hochtouren und raste los. Erst als er ein ganzes Stück hinter sich gebracht hatte, setzte er die Geschwindigkeit herunter und bellte: »Du'bist wohl verrückt geworden? Wie kommst du denn auf die Idee, den Kerl einfach zu erschießen?«
»Du bist doch sonst nicht so zimperlich. Ich glaub’, wir haben Glück gehabt. Ich glaub’ nicht, dass uns einer gesehen hat.«
»Was du schon glaubst«, brummte Malloy wütend. »Auf jeden Fall müssen wir den Chevrolet schon wieder umspritzen lassen und uns auch ’ne neue Nummer besorgen. Mir blieb ja nichts anderes übrig, als wie ‘n Wilder abzuhauen. Mensch, warum hast du denn nur geschossen?«
»Sollte ich mich vielleicht von Norman mit ‘nem Messer in Stücke schneiden lassen?«, meinte Brian höhnisch. »Ich hab zuerst geglaubt, er wollte nur den Preis in die Höhe treiben, als er 'die Mätzchen machte. Ich habe nicht geglaubt, dass er Ernst machen würde. Und dann kam er auf einmal mit dem Messer auf mich los.«
»Und wo kriegen wir jetzt ‘ne Puppe her?«, fragte Malloy wütend. »Ist verdammt schwer, ‘n passendes Stück aufzutreiben. Mensch, der Boss wird schäumen! Diesmal hat es ihm schon viel zu lange gedauert.«
»Wir müssen ihn eben vertrösten«, brummte Brian gleichgültig. »Muss er eben noch etwas warten.«
»Das kannst du ihm aber erzählen«, drohte Malloy, den die Gleichgültigkeit des anderen in Rage brachte. »Ich tu’s nicht, darauf kannst du dich verlassen.«
»Wo willst du eigentlich hin?«, erkundigte sich Brian.
»Zu Bradley. Ich habe dir doch gesagt, dass wir den Wagen umspritzen müssen.«
»Okay«, sagte Pat Brian. »Dann werde ich den Boss eben von dort aus anrufen.«
Er setzte sich bequem auf dem Beifahrersitz zurecht und beschäftigte sieh mit seiner Luger.
***
»Was war denn das?«, fragte Jonathan Bunter und setzte sich die verrutschte Brille auf der Nase zurecht. »Hast du das nicht gehört, James?«
»Nein, ich habe nichts gehört, Jonathan«, antwortete James Rake und sah von dem dicken Buch auf, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag.
In diesem Augenblick peitschten die beiden anderen Schüsse auf.
»Jetzt habe ich es auch gehört, Jonathan. Was mag das gewesen sein?«
»Ich weiß es nicht, James«, erwiderte der weißhaarige Alte. »Möchtest du nicht einmal nachschauen?«
»Bitte, mach du das doch, Jonathan«, bat James Rake. Er runzelte die Stirn und verzog sein hochrotes Gesicht zu einem schmerzverzerrten Lächeln. »Die Gicht macht mir heute wieder so zu schaffen. Ich kann doch so schlecht gehen.«
»Immer ich, immer ich«, brabbelte Jonathan Bunter leise. »Dabei ist er doch der Jüngere.« Er schob die Brille auf die Stirn und wuchtete sich von seinem Sessel hoch. Mit schleppenden Schritten ging er zur Tür.
Der Alte mit hochrotem Gesicht, das eine Vorliebe für einen guten Tropfen und außerdem hohen Blutdruck verriet, senkte den Kopf wieder über die dicke Schwarte. Ein leichtes Lächeln glitt über seine Züge, und dann machte er sich weiter an die Ausarbeitung der Trauerrede für Elisabeth Stenton.
Plötzlich riss ihn ein heiserer Schrei hoch.
»James, James, du musst mal sofort herunterkommen!«, rief die zittrige Altmännerstimme seines Partners, der beim Verlassen des antiquierten Raumes die Tür offen gelassen hatte.
»Was hat er denn schon wieder?«, murmelte James Rake leise und erhob sich ächzend. So schnell er konnte, folgte er der Aufforderung.
»Es ist etwas Schreckliches passiert«, berichtete Jonathan Bunter, der seinem Partner bis an die Treppe entgegengegangen war. »Man ist in den Laden eingedrungen und Norman…«
Er war kreidebleich und schnappte nach Luft. Er konnte nicht weitersprechen. Mit einem entsetzten Blick ging er neben seinem Partner her Und betrat mit ihm den Laden durch die Tür.
Hank Norman lag lang ausgestreckt neben den Särgen auf dem Fliesenboden. Die beiden alten Männer hatten in ihrer Praxis schon so viele Tote gesehen, dass sie auf den ersten Blick wussten, was mit Hank Norman, ihrem Gehilfen, los war.
Trotzdem bückte sich Jonathan Bunter und tastete nach dem Puls des Toten.
Weitere Kostenlose Bücher