0344 - Vampir-Schlangen
noch bekommen. Erst müssen wir hiermit Vorlieb nehmen.« Er schob sich an ihr vorbei, und seine ausgestreckte Hand glitt dabei über die Außenseite ihres rechten Oberschenkels. Allein diese Berührung machte ihr klar, was sie von Wintek zu erwarten hatte, der seinen Gelüsten nun, wo sie ungestört waren, freien Lauf lassen konnte.
Das Mädchen schauderte zusammen und schaute Wintek an. Er bückte sich und verschwand fast in einer Nische. Mit einem Paket kam er zurück. Noch immer gebückt hielt er es hoch.
»Hier findest du Proviant und auch etwas zu Trinken. Pflaumenschnaps, der durchwärmt, wenn du ihn trinkst. Willst du einen Schluck?«
Sie schüttelte den Kopf, weil sie sich ebenfalls davor ekelte. Alles, was der andere nur anfaßte, widerte sie an.
»Na ja, vielleicht später, wenn Hunger und Durst in deinen Eingeweiden wühlen«, flüsterte er und drückte ihr das Paket in die Hand.
»Setz dich aufs Lager. Ich hole Holz. Wir machen uns ein Feuer. Es wird richtig gemütlich werden…«
Was er damit meinte, konnte sie sich gut vorstellen, und ihre Angst steigerte sich weiter. Dennoch tat sie, wie ihr geheißen worden war. Es war sinnlos, schon jetzt Widerstand zu zeigen.
Vielleicht würde es ihr später gelingen, ihn zu überrumpeln. Er hatte Dragan mit einem harten Gegenstand niedergeschlagen. Und Steine lagen hier genügend herum. Sie würde sich schon im rechten Moment einen davon packen und damit zuschlagen.
Als sie auf den weichen Decken des Lagers Platz genommen hatte, merkte sie deren Gestank. Die rochen wie ein vollgehängter Kleiderschrank, in dem jahrelang nicht gelüftet worden war.
Aber ihr war kalt. Deshalb hängte sie sich eine der schmutzigen Decken über ihre Schultern.
Wintek hörte sie im Hintergrund der Höhle. Er war guter Laune und pfiff vor sich hin. Nein, mit ihm konnte sie kein Mitleid haben.
Mit ihren klammen Fingern versuchte sie, das Proviant-Paket zu öffnen. Es gelang ihr nur unter großen Mühen, dann endlich konnte sie das Papier zerfetzen.
Schinken, Brot und eine Flasche Schnaps breiteten sich vor ihren Augen aus.
Und jetzt spürte sie den Hunger, auch als sie den graugrünen Schimmel auf dem Brot sah.
Sie würde es essen.
Wintek kam zurück. Auf seinen ausgebreiteten Armen lagen die Holzscheite. Er schaute auf Bianca nieder und nickte. »Gut hast du das gemacht. Warte einen Moment.« Er legte das Holz zur Seite und nahm danach die Flasche an sich.
Er entkorkte sie. Ein feistes Grinsen glitt dabei über sein Gesicht.
Die Lampe hatte er so hingelegt, daß ihr Strahl schräg in die Höhe wies und an der Höhlendecke einen Kreis bildete.
Wintek entkorkte die Flasche, setzte sie an und nahm einen langen Zug. Als er sie wieder abgesetzt hatte, waren seine Lippen feucht, und auch die Augen leuchteten. »Das tut gut«, sagte er.
»Hier, nimm auch einen Schluck, er macht dich munter.«
Bianca zögerte. Wenn sie daran dachte, aus derselben Flasche trinken zu müssen wie ihr Entführer, konnte ihr jetzt schon schlecht werden.
Sie überwand sich, nahm die Flasche und hörte Winteks Lachen.
Die Öffnung reinigte sie, so gut es möglich war, und trank einen Schluck. Fast hätte sie das Zeug wieder ausgespien, so scharf brannte es in ihrem Hals. Sie schüttelte sich, stellte den Schnaps weg und sah, daß ihr Entführer bereits das Holz zurechtlegte, um ein Feuer zu machen. »Du wirst dich noch daran gewöhnen.«
Wenig später brannte das Holz. Es war leider nicht trocken genug und sonderte Qualm ab, während es gleichzeitig noch zischte. Der Rauch trieb dem Mädchen entgegen, erreichte auch das Gesicht und biß in ihren Augen. Zudem kratzte er auch im Hals.
Sie hustete und spürte die Tränen, die an ihren Wangen entlangrannen.
Auch Wintek keuchte. »Das geht vorbei«, sagte er. »Du wirst dich daran gewöhnen müssen.« Er legte noch ein paar Scheite hinzu nickte zufrieden und kam zu ihr.
Das war der Moment, vor dem sich Bianca gefürchtet hatte. Sie sah ihn als kompakten Schatten, der zusammenschmolz, als er sich neben sie setzte und das Brot nahm.
Er biß in die pappige Maße hinein und aß auch etwas von der Schimmelschicht mit. Das war ihm egal.
»Du auch?« fragte er kauend.
»Nein…« Sie wollte jetzt nicht mehr.
»Wie du willst.« Er griff nach dem Schinken, holte ein kleines Messer hervor, grinste das Mädchen an und säbelte eine Scheibe ab, die wenig später zusammengeknickt in seinem Mund verschwand.
Bianca Schwarz war ein wenig zur Seite gerückt
Weitere Kostenlose Bücher