0345 - Villa Frankenstein
Schritt die starren Arme gegen den Körper, wobei die ausgestreckten Finger schon seine Knie berührten.
»Du nimmst ihn mit?« wurde er angesprochen.
»Was willst du mit ihm?«
»Laß ihn uns. Er war auch unser Feind. Der Pfarrer hat mitgeholfen, dich in den Sumpf zu werfen…«
Das Monstrum kümmerte sich nicht um die Bitten der Puppen. Es ging seinen Weg und ließ die kleinen, lebenden Puppen zurück, ebenso wie den Kerzenschein.
Die hohe Gestalt zeichnete sich noch für einen Moment schattenrißartig vor dem zuckenden Feuerschein ab. Die Schritte klangen schwer und warfen wieder Echos.
Das Monster hatte ein neues Ziel.
Es erreichte die Vordertür und zog diese mit einem heftigen Ruck nach innen.
Wind fuhr gegen sein Gesicht, schleuderte die dunklen Haare in die Höhe und fand auch seinen Weg in das Haus, wobei er sogar die Kerzenflammen berührte und diese anfingen, heftiger zu flackern.
Die Puppen wurden dadurch in ein gespenstisches Licht eingehüllt, so daß sie wirkten wie völlig fremde Wesen.
Im Gegensatz zu ihren Körpern hatte die Kleidung im Laufe der Zeit stark gelitten. Die meisten Jacken, Hosen und Hemden waren verblichen und verschlissen. Manchmal bedeckten nur Fetzen die Körper.
Aber diese Körper existierten, sie lebten, und sie würden weiterleben, solange die Magie bestand.
Er trat über die Schwelle, torkelte die Stufen hinab, konnte sich gerade noch fangen und schritt tiefer in die Finsternis hinein. Der Sumpf hatte sich in den letzten 70 Jahren tatsächlich weiter ausgebreitet. Das Gelände war noch schlammiger geworden. Bei jedem Schritt drückte das Gewicht der Bestie Abdrücke in den Untergrund, in denen sich das Wasser sammelte.
Der Wind blies über den Sumpf. Der Geruch nach Fäulnis und Moder trieb gegen das Dorf, das auch das Ziel des Monstrums war.
Der Unheimliche wollte den Menschen ein Geschenk machen.
Eine Leiche…
***
Neben Helen Wayne wälzte sich ihr Mann Rod im Bett herum. Beide konnten in dieser Nacht nicht schlafen.
Helen tastete zur Seite. Ihre Finger fuhren über den schweißnassen Rücken ihres Mannes. »Kannst du auch nicht schlafen?«
»Nein.«
»Aber du mußt…«
»Hör auf, Helen, hör auf! Ich weiß selbst, daß ich schlafen muß. Jeder weiß es, aber ich kann einfach nicht. Es ist zu schlimm. Ich werde damit nicht fertig.« Ruckartig setzte er sich auf. Sein Körper, für Helen nur mehr als kompakter Schatten zu erkennen, streckte sich, als seine Hand den Knopf der kleinen Nachttischleuchte suchte. Er drückte ihn nach unten, und wenig später wurde es hell im Schlafzimmer. Beide Betten standen dem Fenster gegenüber.
Auch Helen blieb nicht liegen. Sie setzte sich hin und schaute auf das Fenster. Es war einen Spalt geöffnet worden. Draußen lag die Dunkelheit. Stockfinster war es nicht, so daß sich das Fenster als Quadrat innerhalb des Mauerwerks abhob. Die Gardinen rahmten es an beiden Seiten ein. Durch den Spalt fuhr der Wind in heftigen Stößen, packte auch die Gardinen und blähte sie auf.
Es stürmte draußen, und es war viel zu warm geworden, das spürten besonders die älteren Menschen, zu denen sich auch das Ehepaar Wayne zählte.
»Weshalb schläfst du nicht?« fragte Helen noch einmal. Sie hatte den Kopf gedreht und schaute auf den Rücken ihres Gatten.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Es geht einfach nicht. Das verfluchte Wetter.«
»Wieso?«
»Merkst du es denn nicht?« Er drehte sich heftig um. »Es ist viel zum warm für Oktober. Ein Wetter wie im Sommer. Furchtbar.«
»Das geht vorbei…«
»Ja, aber nicht in dieser Nacht. Sie wird schlimm, kann ich dir sagen. Widerlich.« Er schüttelte sich, als hätte er Essigwasser getrunken. »Immer diese Witterungsumschläge. Weshalb kann es nicht gleichbleiben? Im Winter kalt und im Sommer warm. Frühling und Herbst liegen eben dazwischen. Das hier ist doch nicht normal.«
»Der Sumpf riecht so.«
Rod nickte zu den Worten seiner Frau.
»Da hast du etwas Wahres gesagt. Der Sumpf riecht nicht nur, er stinkt sogar. Ein ekliger Geruch, kann ich dir sagen. Da dreht sich bei mir schon der Magen um.«
»Nimm es nicht so schwer…«
»Nein, Helen. Ich werde jetzt aufstehen und eine Flasche Bier trinken. Vielleicht hilft das.«
»Wenn du meinst.«
»Bleibst du denn liegen?«
Helen drehte sich um. »Ich stehe ebenfalls auf.«
Beide griffen zu ihren Bademänteln und streiften sie über.
»Unsere beiden Kinder haben es richtig gemacht«, sagte Rod. »Weg aus diesem verfluchten
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