0345 - Villa Frankenstein
Hand hielt ich sie fest. Die Arme waren zwischen meinen Fingern eingeklemmt. Trotz dieser Klammer versuchte die Puppe verzweifelt und auch kraftvoll, diesen Ring zu lösen, um wieder in die Freiheit zu gelangen. Ich mußte schon sehr stark sein, um sie zu halten.
»Welcher Geist steckt in dir?«
»Der böse.«
»Und wer hat ihn dir eingegeben? War es der Teufel persönlich oder jemand anderer.«
»Ein jetzt Toter.«
»Phil Butcher – oder?«
»Ja, er war es.«
»Und woher hatte er die Kraft?«
»Die Dunkle Macht gab sie ihm. Sie wird gewinnen. Sie hat den Tod besiegt. Aus totem Fleisch wurde wieder Leben. Das Monster ist geboren worden. Der Teufel und seine Magie haben dem Meister die Hand geführt. Dann kam der Pfarrer, aber auch er hat Tribut zollen müssen, und wir haben den Meister getötet.«
»Weshalb?«
»Weil er das tote Leben umbringen wollte. Er bekam plötzlich Angst, daß sein Monster mächtiger wurde als er.«
Die Puppe begann schrill zu kichern. »Wir überlebten, das Monster ebenfalls, aber der Mensch verging…«
Über den letzten Satz dachte ich besonders nach. Ja, der Mensch war vergangen. Leider vergangen, mußte man sagen. Eine schreckliche Vorstellung! Das Böse würde siegen, der Mensch verging. So etwas konnte ich nicht fassen.
Eine Hand hatte ich frei. Und ihre Finger umfaßten die Silberkette an meinem Hals. An der Kette hing meine gefährlichste Waffe, die ich hervorholte.
Ich habe mal erlebt, wie ein von einer Katze erwischter Vogel in Todesangst schrie. Einen ähnlichen Schrei vernahm ich jetzt von der Puppe, als sie das Kreuz sah.
Es war grauenhaft!
Sie brüllte mir ins Gesicht, als sie meinen wertvollen Talisman sah, und ich preßte das Kreuz gegen ihren Kopf.
Noch hielt ich die Hand klammerartig um die Puppe. Das konnte ich mir Sekunden später sparen, denn vor meinen Augen zerfiel sie zu Staub, und aus der unteren Faustöffnung rieselte schwarzgraue Asche zu Boden, die dort verstreut liegenblieb.
Es war das Ende eines kleinen Monsters, in dem eine so teuflische Magie gesteckt hatte.
Ich bückte mich und rieb die Hände gegeneinander, damit ich auch die letzten Staubkrümel fortbekam.
Darauf schien eine andere Puppe nur gewartet zu haben. Gesehen hatte ich sie zuvor nicht, ich spürte sie nur, wie sie plötzlich auf meinen gekrümmten Rücken sprang und mit irgend etwas zustach, das hart, tief und schmerzpeinigend meinen ungeschützten Nacken traf…
***
Suko glaubte fest daran, daß er den Unheimlichen stoppen konnte.
Er dachte an die Erzählungen des alten Hickory, und der hatte davon berichtet, wie langsam sich derjenige bewegte, der die Leiche geschleudert hatte. Da war der Inspektor immer schneller.
Nur eines gefiel ihm nicht. Er wußte, daß hinter dem Haus der Sumpf begann. Und in dieses lebensgefährliche Gelände wollte er sich nicht gerade führen lassen.
Deshalb beeilte er sich so und starrte in die Nebelwand hinein. Er hatte das Haus längst passiert, der Boden verlor an Härte. Er wurde nicht nur weicher, auch rutschiger, so daß Suko in Gefahr geriet, irgendwann zu stolpern und hinzufallen.
Die Schwaden bewegten sich. Sie tanzten und drehten Kreise.
Gespenstisch umflorten sie die krumm wachsenden Bäume und Sträucher, so daß Suko mit immer neuen Figuren konfrontiert wurde.
Wo steckte das Monstrum?
Er sah es noch immer nicht, aber er hörte seine dumpfen und unregelmäßig gesetzten Schritte. Suko wußte nicht, aus welcher Richtung sie an seine Ohren drangen, da der Nebel auch die Geräusche verzerrte und einen Lauscher täuschen ließ.
Es fiel Suko nicht schwer, seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen, so konnte er sich voll und ganz auf die anderen Laute konzentrieren. Schritte vernahm er nicht mehr, dafür einen anderen Laut.
Es war ein Klatschen, als hätte jemand einen Stein ins Wasser geworfen.
Nur wollte Suko an einen Stein nicht glauben. Er rechnete mit dem Monstrum, das in einen der zahlreichen Tümpel gefallen war.
Ob freiwillig oder nicht, das wollte er dahingestellt sein lassen.
Es war für den Inspektor sehr schwer, sich zu orientieren. Die grauen Schwaden hatten an Dichte zugenommen. Wenn der Chinese einen Gegenstand sah, dann meist nur den Umriß davon.
Mal ein schattenhaftes Etwas, das in einer gespenstischen Lautlosigkeit vor ihm auftauchte und nach ihm greifen wollte.
Es waren stets nur die Zweige der niedrig wachsenden Krüppelbäume. Er achtete auch sehr auf den Untergrund. Zum Haus hin hatte sich Suko auf einem
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