0346 - Der Kobra-Dämon
Serpentinenstraße, die zum Château hinauf führte, war vor allem bei Dunkelheit nicht sonderlich schnell zu befahren. Die Schlange würde zumindest das Tempo halten können, wie Pascal jetzt entsetzt erkannte, wenn nicht sogar aufholen…
Er hatte das Ende des Dorfes erreicht und bog auf die Privatstraße ab, die zum Schloß hinaufführte. Er sah, wie die Schlange abkürzte und schräg über das Gelände glitt…
Da begann er zu zweifeln, daß sie es schaffen konnten. Er mußte der gewundenen, kurvenreichen Straße folgen und an jeder Kurve erheblich abbremsen, wenn er nicht von der Straße herunter und sich auf den Feldern festfahren wollte. Die Schlange aber konnte den geradesten, kürzesten Weg den Hang hinauf nehmen…
Und das tat sie auch…
***
Teri Rheken stellte fest, daß es sich bei dem Dhyarra um einen Kristall zweiter Ordnung handelte. Er war also relativ schwach. Ähnlich dem, den Zamorra besaß… oder war dies etwas Zamorras Kristall? War er ihm entwendet worden, oder hatte er ihn verloren?
Dieser Verdacht wurde in Teri immer größer. Dhyarras waren selten, und sie lagen nicht gerade irgendwo im Gelände herum. Es mußte Zamorras Kristall sein!
Aber den konnte sie einsetzen. Dazu brauchte sie nicht einmal ihre immer noch von den Schlangen-Menschen blockierten Druiden-Kräfte einzusetzen. Es reichte, daß sie diese Para-Kräfte besaß, und daß sie stark genug war, den Dhyarra-Kristall kontrollieren zu können. Damit hatte sie schon so gut wie gewonnen. Sie war froh, daß der Kristall nicht stärker war. Sie war nicht sicher, wo ihre Grenzen lagen. Vierter oder fünfter Ordnung mochte schon zu stark sein und ihr beim Benutzen das Gehirn verbrennen die Dhyarras waren magische Superwaffen, mit denen man Welten aus den Angeln heben konnte, aber sie waren auch recht zweischneidige Waffen.
Die Druidin lächelte. Jetzt würden die Schlangenmonster ihr blaues Wunder erleben - im wahrsten Sinne des Wortes!
Teris Hand umschloß den unscheinbaren, blauen Kristall völlig. Sie huschte durch die Korridore des Tempelgebäudes und bemühte sich, die Richtung zu halten. Sie mußte nach vorn, zur Plattform.
Zugleich wunderte sie sich, daß niemand ihr begegnete. Türen zu kleinen Kammern oder großen Sälen gab es hier zur Genüge, aber alle waren leer. Kein Mensch und keine Schlange traten Teri in den Weg. Sie schienen ausnahmslos alle vorn an der Plattform beschäftigt zu sein.
Teri hoffte, daß sie nicht zu spät kam. Ihr Eindringen an der Rückseite des Tempels und das Ausloten des Kristalls hatten Zeit gekostet. Inzwischen konnte sich vorne an der Opferplattform das Blatt vollkommen gewendet haben.
Endlich erreichte Teri die Tür, durch welche Wang Lee Chan hervorgestürzt war und die noch immer offenstand. Die Druidin überflog die Szenerie mit einem Blick.
Wang Lee Chan war nirgends mehr zu sehen. Von Nicole gab es auch keine Spur, aber Zamorra, Gryf, der Wolf und Tendyke befanden sich immer noch in ihren Nischen. Und die Kuttenträger, die Schlangen-Menschen, waren dabei, ihre erschlagenen Artgenossen fortzubringen. Hier und da glänzte schwarzes Blut, an manchen Stellen lagen Staubanhäufungen.
»Also gut«, flüsterte Teri. Niemand achtete auf sie, niemand von den Schlangen-Menschen sah sie in der Tür stehen. Sie waren mit ihren Aufräumarbeiten zu sehr beschäftigt. »Dann wollen wir mal…«
Sie aktivierte mit einem Geistesbefehl den Dhyarra-Kristall. Für Bruchteile von Sekunden durchzuckten sie zwei Befürchtungen. War sie überhaupt in der Lage, den Kristall zu steuern - oder wurden nicht nur ihre Druiden-Kräfte, sondern alle Gedankenimpulse so blockiert, daß sie ihr Gehirn nicht verlassen konnten? Und -stimmte ihre Vermutung überhaupt, daß ihre Kräfte auch im blockierten Zustand ausreichten, den Dhyarra zu kontrollieren? Oder würde sie gleich doch den Verstand verlieren und ihr Leben als lallende Idiotin beenden?
Aber jetzt gab es kein Zurück mehr.
Es blieb ihr nichts mehr übrig, als dieses Risiko einzugehen.
Zwischen ihren Fingern begann der Dhyarra zu leuchten…
***
Nadine hielt sich verzweifelt fest. Sie fürchtete, daß Pascal jeden Moment die Kontrolle über den Wagen verlieren konnte. Er schleuderte durch die Kurven. Die Reifen kreischten protestierend, und der Motor heulte im kleinen Gang. Immer wieder tasteten die Scheinwerfer über den Straßenrand hinweg ins Gelände. Wenn sie von der Straße abkamen, hatten sie keine Chance mehr. Die Riesen-Kobra würde sie
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