Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0346 - Medusas Horrorblick

0346 - Medusas Horrorblick

Titel: 0346 - Medusas Horrorblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
gezogen. Der Stoff war regendicht und schützte die weißen Tische und Stühle, die vor dem Lokal standen, aber unbesetzt waren.
    Eine Pizza essen wollte keiner mehr. Nur gaffen.
    Zu sehen gab es für die Leute genug. Und zu wetten. Engländer wetten gern. Ich hörte, wie sie die ersten abschlossen. Wer würde schneller sein? Der Feuerwehrmann oder der Selbstmörder?
    Verdammt, mich widerte so etwas an. Man wettete nicht um das Leben eines Menschen.
    Die Leiter fuhr höher. Hinter blaugrauen Wolken erschien der Ball einer fahlen Sonne. Ihre Strahlen trafen die lange Aluleiter und ließen sie aufblitzen.
    Mir fiel die Haltung des Mannes auf, und ich wußte, daß ich zu spät gekommen war. Der angebliche Selbstmörder hatte noch soeben telefonieren können und meinen Chef, Sir James, angerufen. Er bat um Hilfe und hatte ausdrücklich mich verlangt.
    Ich kannte den Mann nur dem Namen nach. Er hieß Peter Roling und kandidierte für einen Londoner Stadtteil als Bürgermeister. Seine Chancen standen gut, es lag kein Grund für einen Selbstmord vor.
    Und jetzt stand er oben auf der Brüstung.
    Ich besaß gute Augen, konnte erkennen, daß er seine Arme vorstreckte, als wollte er irgend etwas abwehren, das nur er sah und nicht ich. Natürlich hätte ich versuchen können, mit dem Lift hinaufzufahren, ich wäre immer zu spät gekommen, denn als ich eintraf, hatte der Mann bereits auf der Brandmauer gestanden.
    Wie würde es enden?
    Ein Kloß saß in meiner Kehle. Dieser Mensch, dessen Jackett von einem heftigen Windstoß aufgebläht wurde, hatte mich zu sprechen verlangt. Über den Grund wußte ich nichts, ich konnte nicht einmal spekulieren, da ich keinerlei Andeutungen bekommen hatte.
    Die Entfernung täuschte. Für mich sah es so aus, als wäre der Feuerwehrmann auf der Leiterspitze schon zum Greifen nahe an den anderen herangekommen. Um besser sehen zu können, ging ich zwei Schritte nach rechts. Diese Perspektive war besser, sie zeigte mir auch gleichzeitig, daß nichts zu machen war.
    Die rettende Leiter befand sich noch mindestens vier Stockwerke darunter.
    Jeder Zuschauer sah das Zittern, das durch die Gestalt des Mannes ging. Einige Leute schrien, andere hoben ihre Arme, preßten die Hände gegen die Lippen, um Schreie zu unterdrücken.
    Es war soweit.
    Der Mann fiel.
    Er kippte zurück. Eine unkontrollierte wilde Armbewegung fiel mir auf, danach fiel er wie ein Stein in die Tiefe. Er schlug nicht mit den Armen, er pendelte nicht, er bewegte sich überhaupt nicht und glich tatsächlich einem Stein.
    Ich verfolgte den Flug. Ohne es zu merken, hatte ich die Hände zu Fäusten geballt. Je tiefer der Unglückliche in die Tiefe raste, um so lauter wurden die Schreie der Gaffer.
    Er raste dicht an den Fensterfronten vorbei, wurde nicht einmal abgetrieben, näherte sich immer mehr dem Boden, durchschlug die Markise der Pizzeria und hämmerte zwischen die Tische und Stühle darunter. Sie sprangen und spritzten zur Seite, als wäre eine Bombe zwischen sie geschlagen. Bis auf die Straße rollten die Stühle, Tische folgten, sie waren verbogen, als hätte jemand mit einer Eisenstange dagegengeschlagen. Ein Stuhl prallte noch gegen einen Feuerwehrwagen.
    Ich hatte den Körper aufschlagen sehen, den Laut gehört und das Krachen. Über meinen Rücken lief eine Gänsehaut. Eine seltsame Beklemmung überkam mich.
    Ich gehörte zu den ersten, die auf die Leiche zuliefen, sprang über die Gehsteigkante, räumte einen runden Tisch zur Seite und blieb wie angewurzelt stehen, als ich mit der linken Fußspitze gegen etwas Hartes prallte.
    Es war ein Arm.
    Ein abgebrochener, abgerissener oder gespaltener Arm, der nicht zur Seite rollte, als ich gegen ihn gestoßen war.
    Wieso nicht?
    Ich hörte das Durcheinander nicht, das mich umgab. Kaum das Schrillen der Polizeipfeifen und auch nicht das hastige Rufen der Männer von der Feuerwehr und dem Rettungsdienst.
    Mich interessierte der Tote.
    Ich habe in meiner Laufbahn leider Gottes schon Leichen sehen müssen, die aus einer solchen Höhe zu Boden geprallt waren, und keine dieser Leichen hatte so ausgesehen wie diese hier.
    Der Tote vor meinen Füßen war aufgeprallt – und zersplittert!
    Jawohl, zersplittert. Wie eine Figur, die man aus großer Höhe zu Boden fallen läßt. Der Körper besaß noch einen Arm, keine Beine mehr und auch der Kopf lag woanders. Er hatte neben einem umgekippten Stuhl seinen makabren Platz gefunden.
    Ich spürte in meinem Magen einen Kloß, und ich fuhr die

Weitere Kostenlose Bücher