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0353 - Die Vampirkutsche

0353 - Die Vampirkutsche

Titel: 0353 - Die Vampirkutsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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seine Gedanken ab. Wenn der Vampir nicht gerade überwachsam war, konnte es sein, daß er Gryf nicht bemerkte - und ihn zu seinem Schloß brachte, ohne etwas davon zu ahnen!
    Gryf grinste still vor sich hin und wartete auf die Rückkehr des Vampirs.
    ***
    Ilka hatte die ungeheuerliche Kreatur zufällig entdeckt. Lautlos war sie durch die Nachtluft herangesegelt, bis zu dem Holzstapel am Waldrand, an dem Ilka und Wenzel lehnten. Im Moment, als Ilka die fliegende Kreatur entdeckte, verwandelte diese sich in einen altertümlich dunkel gekleideten Mann mit glühenden Augen.
    Ilka wollte aufschreien. Aber etwas aus diesen Augen traf sie und lähmt sie förmlich.
    Wenzel bemerkte die Veränderung in ihr, fuhr herum, aber noch ehe er etwas tun konnte, traf ihn ein Fausthieb des Unheimlichen und streckte ihn zu Boden.
    In Ilka kämpften widerstrebende Impulse gegeneinander.
    Aufschreien, davonlaufen. Den Unheimlichen angreifen, ihn treten, schlagen, kratzen und beißen. Neben Wenzel niedersinken, ihn untersuchen, feststellen, was mit ihm geschehen war. War er verletzt, war er bewußtlos oder tot?
    Keiner dieser Impulse kam zum tragen. Der Bann des Unheimlichen hielt Ilka gefangen und hinderte sie an jeder Bewegung.
    Entsetzt starrte sie den Unheimlichen an. Er war groß und massig, und über seine Unterlippen schoben sich die spitzen Eckzähne. Ilka erschauerte innerlich. Das war ein Vampir!
    Gerade noch hatte Wenzel von dem alten Vampirbaron gesprochen, der vor langer Zeit erschlagen worden war! Gerade noch hatte er das als Unsinn abgetan, was Vereschy behauptet haben sollte: daß der Vampir sich wieder aus seiner Gruft erhoben haben sollte!
    Und hier stand die Bestie jetzt!
    Es gab für Ilka keinen Zweifel, daß sie es mit dem Baron Roatec zu tun hatte. Nur er konnte es sein, niemand sonst. Ilka fragte sich nicht, wie es geschehen konnte, daß er nach rund 170 Jahren wieder da war. Sie mußte es einfach akzeptieren.
    Sie war auch gar nicht mehr in der Lage, Fragen zu stellen. Ihr fehlte einfach die Kraft dazu. Sie sah nur diesen Vampir, sah sein Gesicht und seine glühenden Augen. Er öffnete langsam den Mund, legte die scharfen Augenzähne vollends frei. Er trat auf Ilka zu.
    Sie konnte ihn nicht abwehren, nicht zurückstoßen. Sie wollte es auch gar nicht mehr. Wenzel, der vor ihr auf dem Boden lag und sich nicht rührte, war vergessen. Er interessierte das Mädchen nicht mehr. Da war nur noch diese große, faszinierende Gestalt vor ihr, der geöffnete Mund mit den Zähnen, und Ilka erschauerte abermals. Sie fieberte nach der Berührung durch diesen Mann. Und da war er auch schon. Da berührten die Zähne ihren Hals.
    Ilka fühlte es wie einen angenehmen Elektroschock, so paradox das klingen mochte. Ihr Denken setzte aus. Und dann war da nichts mehr.
    Später erinnerte sie sich nicht mehr daran, wie der Vampir von ihr abließ, ihr einen Befehl gab und sie vor sich her gehen ließ, bis zu einer Kutsche.
    Sie erinnerte sich auch nicht daran, daß er für gut eine Minute zurückblieb, sich über Wenzel beugte… und dann rasch zu ihr aufschloß. Irgendwo wirkte er kräftiger als vorher, elastischer, dynamischer, ja jünger.
    Er öffnete ihr die Kutsche, ließ sie einsteigen, schwang sich auf den Kutschbock und trieb die Pferde wieder an.
    Er hatte in der sechsten Nacht sein sechstes Opfer geholt und war damit zum ersten Mal seinem ursprünglichen Grundsatz treu geblieben, keine zwei Mal dasselbe Dorf der Umgebung zu behelligen, bevor die Zeremonie stattgefunden hatte, die ihm die endgültige Macht gab.
    ***
    Unwillkürlich hielt Gryf, der Unsichtbare und gedanklich Abgeschirmte, den Atem an, als die Kutschentür von außen geöffnet wurde. Er wußte, daß er nur seine Gedanken blockieren konnte, damit der Vampir sie nicht las. Aber der Vampir konnte bei einiger Aufmerksamkeit Gryfs Bewußtseinsaura spüren und dadurch feststellen, daß sich bereits jemand in der Kutsche befand.
    Der Vampir sah nicht in das Innere der Kutsche. Er blieb draußen stehen. Statt dessen ließ er ein hübsches, junges Mädchen einsteigen. Wortlos und mit mechanischen Bewegegungen nahm es neben Gryf auf der Bank Platz. Die Tür flog lautlos zu, Augenblicke später setzte die Kutsche sich in Bewegung.
    Gryf sah das Mädchen an. Es stand unter einem hypnotischen Einfluß und nahm nichts von seiner Umgebung wahr. Der Druide fühlte die Bewußtseinsaura. Sie war schwach abgedämpft, aber dennoch deutlich zu spüren. Gryf hütete sich, von sich aus

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