0353 - Flucht vor dem Grauen
weitermachen und nicht mehr stoppen!«
»Auf mich kannst du dich verlassen«, erklärte Myxin.
»Auf mich auch!« sagte Kara. Wobei sie noch etwas hinzufügte.
»Besitzen wir denn die Waffen, um den Zerstörer töten zu können?«
»Ich hoffe es.«
Die Antwort paßte Kara nicht. »Hoffnung ist kein Wissen.«
»Du solltest nicht so zweifeln«, erklärte der Eiserne mit leichtem Vorwurf in der Stimme. »Wenn wir jetzt auch keine Waffen haben, werden wir jemand bitten, uns welche zu geben.«
»Und wer soll dieser Jemand sein?« wollte Kara wissen.
»Die stummen Götter!«
***
Für einen Augenblick waren Kara und Myxin sprachlos. Der Eiserne wollte seine Väter mit ins Spiel bringen. Besagte nicht die Legende, daß die stummen Götter aus ihrer Starre erwachten, wenn die Großen Alten vernichtet waren?
Danach fragte Myxin, der ungefähr den gleichen Gedankengang gehabt hatte wie Kara.
»Es stimmt«, bestätigte der Eiserne Engel. »Zwei sind noch übrig. Hemator und der Namenlose. Die stummen Götter werden mit Freude von der Vernichtung der übrigen vier erfahren haben, und ich rechne fest damit, daß sie uns helfen werden.«
»Aber womit?« rief Kara laut.
Der Eiserne Engel begann zu lächeln. »Das werdet ihr noch sehen.« Er deutete auf seinen kopflosen Zwillingsbruder. »Zunächst einmal sind meine Väter eine Sorge losgeworden. Es gibt ihn nicht mehr. Er kann nicht mehr eingreifen. Das Rätsel der Großen Alten ist gelüftet…«
»Bis auf den Namenlosen«, sagte Myxin. »Krol hat berichtet, daß er existiert, daß ich ihn vielleicht kenne und er in gewisser Hinsicht doch einen Namen besitzt.«
»Wir werden sehen.« Der Engel drehte den Kopf. Aus der Wunde am Bein floß graurotes Blut. Es hatte einen langen Streifen bis zum Fußknöchel hin hinterlassen. Wenn er ging, zog er das Bein stets nach. Auch jetzt, als er sich zur Seite bewegte, den Kopf seines Bruders aufhob und ihn mit den Händen zerdrückte, so daß nur mehr Staub und kleinere Scherben zu Boden fielen.
Im gleichen Augenblick erklang ein wummerndes, explosionsartiges Geräusch, und dann wurde es plötzlich finster.
Verursacht durch die gewaltige Schleimfontäne, die aus den Tiefen des Krakenkörpers in die Höhe geschossen war und ihren obersten Punkt noch nicht erreicht hatte.
Krols Welt explodierte.
»Wir müssen weg!« Jetzt sorgte sich auch der Eiserne Engel.
»Und wie?«
Karas Frage war überflüssig, denn der Eiserne war schon dabei, mit Myxin einen Kreis zu bilden, den Kara, die Schöne aus dem Totenreich, schloß. Die beiden Schwerter, die gegen die Großen Alten und die Hölle gekämpft hatten, bildeten dabei das Kernstück der Magie, und sie waren es, die durch ihre Kraft die drei einsamen Kämpfer in eine andere, ferne und doch so nahe Dimension schickten.
Sie verschwanden von einem Augenblick zum anderen. Genau in dem Moment, als sich die nicht mehr meß- oder faßbare Schleimmasse nach unten senkte und aus der Tiefe neuen Nachschub bekam, so daß die Welt des Krakengötzen Krol mit einem letzten alles vernichtenden Donnerschlag zusammenbrach.
Damit war der vierte Große Alte vernichtet!
***
Davon wußte ich nichts. Wir hatten auch andere Probleme, die persönlicher Art waren.
Ich ruhte mich ebenfalls nicht von der Stelle, denn auch mich hatte der Schreck erfaßt.
Mein Blick fraß sich an der Gestalt der Leona fest wie Eisenspäne an einem Magnet.
Sie stand da und bewegte sich. Eine Täuschung, denn es waren die haarigen, handgroßen Spinnen, die ihren Körper bedeckten und in alle Richtungen krabbelten.
Dabei gaben sie für einen Moment das Gesicht der Frau frei, und auch der feine Lampenstrahl richtete sich genau auf dieses Ziel.
Vielleicht hätte ich es nicht machen sollen, aber ich wollte sehen, was mit Leona geschehen war.
Lebte sie noch?
Sie war nicht tot, aber sie würde es nicht überstehen, das stand für mich fest, denn ihr Gesicht war von den Spinnen zerbissen worden, so daß die Haut an den Stellen aufgequollen war, Blasen und Beulen zeigte und kleine Blutrinnsale hervorsickerten.
Leona hatte sogar den Mund geöffnet. Eine Spinne schaffte es, sich zwischen ihre Lippen zu schieben und in der Mundhöhle zu verschwinden.
Ich senkte die kleine Lampe. Es hatte keinen Sinn, ich wollte auch nicht hinschauen, denn dieser Frau konnte niemand mehr helfen. Sie war dem Tod geweiht.
Ein schlimmes Ächzen drang aus ihrem Mund, bevor das Schütteln durch ihren Körper lief und sie einen Schritt zur Seite
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