0358 - Bestien der Nebelwelt

mehr in ihre besonderen Fähigkeiten.
    Eine Veränderung kündigte sich an.
    ***
    Sara Moon reagierte blitzschnell. Für einen zeitlosen Sprung war es zu spät. Die Zeit reichte zwar noch aus, sich auf die Stürzende zu konzentrieren und zu ihr zu gelangen, aber dann würden sie beide unten aufprallen. Denn für einen weiteren Sprung reichte es dann nicht mehr. Und einen Blindsprung mit der Amerikanerin wagte Sara Moon hier in Ash’Cant nicht. Es gab zu viele Gefahren, zu viele Fallen, in die man unversehens geraten konnte.
    Das war es ihr nicht wert.
    Statt dessen nahm sie den Dhyarra-Kristall. Er war in ihren Geist verschlüsselt und längst aktiviert. Solange sich ein Mann wie Zamorra in der Nähe aufhielt, ging die entartete Druidin kein Risiko ein. Zamorra war gefährlich, und Sara konnte sich mit dem Dhyarra unter Umständen gegen ihn schützen.
    In ihrer geistigen Vorstellung schuf sie, während sie den Dhyarra mit beiden Händen umklammerte und damit den direkten Kontakt herstellte, ein starkes, federndes Netz unter der stürzenden Susan Hayworth. Mit nicht einmal einer halben Sekunde Verzögerung entstand dieses Netz in der Wirklichkeit. Es fing Susan auf, schleuderte sie wieder hoch wie ein Trampolin, fing sie erneut.
    Der Dhyarra pulsierte in hellem Blau. Er sandte seine Energien aus.
    Sara Moon steuerte ihn mit ihrer Gedankenkraft. Das Netz zog sich zusammen, hüllte Susan ein und schwebte langsam mit ihr nach oben. Es kostete Sara keine besonders große Anstrengung, die Schwerkraft zu überwinden. Der Dhyarra war stark genug.
    Sara setzte Netz und Gefangene wieder auf der Felsplattform ab. Das Netz löste sich wieder auf und gab Susan frei. Sara benutzte abermals den Dhyarra und streifte mit einer unsichtbaren Faust die hochgekletterten Bestien von der Wand. Sie stürzten, fingen sich erst gut vierzig Meter tiefer wieder ab und krallten sich in der Felswand fest. Wären sie unten aufgeschlagen, hätte das die Entartete auch nicht weiter gestört. Bestien aller Art gab es in Ash’Cant zur Genüge, Jetzt gab es wieder einen zeitlichen Spielraum. Die hungrigen Ungeheuer würden einige Zeit brauchen, wieder nach oben zu klettern. So konnte Sara sich in Ruhe wieder Manolito und Zamorra widmen.
    Mit dem zeitlosen Sprung versetzte sie sich zurück in die Stadt.
    ***
    Susan glaubte zu träumen. Sie konnte es einfach nicht fassen, daß sie gerettet war. Sie hatte schon mit ihrem Leben abgeschlossen gehabt, als das Netz unter ihr entstand.
    Aber sie träumte nicht. Sie war auch nicht tot. Die Druckstellen, die die Maschen des Netzes hinterlassen hatten, redeten eine deutliche Sprache. Sie war auf geheimnisvolle Weise gerettet worden.
    Oben an der Felskante, unerreichbar hoch und weit entfernt, sah sie die Frau im silbernen Overall stehen und nach unten sehen. Die Unheimliche hielt etwas in der Hand, das blau funkelte, aber schnell blasser wurde. Dann machte sie einen Schritt vorwärts auf den Abgrund zu - und verschwand von einem Moment zum anderen.
    Susan sah sich nach den Bestien um. Sie hingen jetzt viel tiefer an der Felswand als vorher. Sie würden einige Zeit brauchen, um wieder heraufzukommen. Zwanzig Minuten vielleicht, oder auch mehr, je nachdem, wie kräftig sie noch waren.
    Der Flugsaurier verschwand in den gelbroten Nebelwolken am Himmel. Er hatte es wohl aufgegeben, nachdem sein Opfer ihm zweimal entgangen war. Aber das hieß nicht, daß die Gefahr vorüber war. Jederzeit konnten weitere Flugungeheuer auftauchen. Und nach wie vor befand sich Susan auf dieser Felsplatte wie auf dem Präsentierteller.
    Immerhin - die Unheimliche schien sie lebend zu brauchen. Zumindest jetzt noch. Sie hatte sie im letzten Moment gerettet, bevor sie unten aufschlug. Vielleicht würde sie auch weiterhin für Susans Überleben sorgen.
    Aber wie lange noch?
    Wann fand das Grauen endlich ein Ende?
    So oder so - Susan hoffte, daß es bald vorbei war…
    ***
    Überrascht stellte Sara Moon fest, daß Nicole sich befreit und sogar Zamorra gefunden hatte. Das war absolut nicht in ihrem Sinn gewesen.
    Manolito erwachte soeben aus seiner Bewußtlosigkeit. Sara war gespannt, wie er jetzt reagieren würde, da Zamorra nicht mehr allein war. Wenn er sich friedlich verhielt, würde Sara ihm einen Denkzettel verpassen. Sie würde ihn nachhaltig daran erinnern, daß da noch jemand einem grauenhaften Tod entgegensah, wenn er nicht mordete.
    Sara bereitete sich darauf vor, ihn notfalls mittels Dhyarra-Kristall zu sich zu