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0359 - Meine Henkersmahlzeit

0359 - Meine Henkersmahlzeit

Titel: 0359 - Meine Henkersmahlzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wollte, denn so gut kannte ich mich mittlerweile mit den Menschen aus.
    »Ja, es ist ruhiger geworden, seit meine beiden Männer nicht mehr anwesend sind«, sagte sie leise.
    »Und es war wirklich ein Unfall?« fragte ich.
    »Natürlich.«
    »Hat man Nachforschungen angestellt? Sie sagten, daß der Wagen plötzlich losgefahren wäre…«
    »Das ist er auch. Es ging alles wie mit dem Teufel zu. Da muß sich die Bremse gelöst haben, hieß es.«
    Ich nickte und hörte die Frage, die mein Vater der Witwe stellte.
    »Wann ist es denn passiert, Mrs. Andersen?«
    »Vor gut zwei Wochen.«
    Das war eine Antwort, die zwar normal klang, mich aber stutzig werden ließ, denn zwei Wochen waren eine ziemlich knappe Zeitspanne. In diesem Fall hier sah ich jede Bemerkung mit etwas anderen Augen an.
    »Und beide zusammen«, flüsterte sie noch. »Es war ein besonders schlimmer Schlag für mich.«
    Das konnten wir ihr ohne weiteres nachfühlen. Auch mein Vater fühlte sich unwohl. Er saß irgendwie steif auf seinem Sitz, schaute zu Boden und hatte die Finger seiner Hände ineinander verschlungen. Ihn mußte die Nachricht ebenfalls hart getroffen haben.
    »Haben Sie eigentlich noch mit den Clarkes Verbindung?« erkundigte sich mein alter Herr.
    »Simon Clarke?«
    »Ja, den meine ich.«
    »Überhaupt nicht, Mr. Sinclair. Wir haben keinen Kontakt. Das waren alles Dinge, die mein Mann getan hat, bevor er mich kennenlernte. Ich kannte Sie ja auch kaum.«
    »Wohnen die Clarkes denn noch in London?«
    Diese Frage hatte ich gestellt, und Mrs. Anderson schaute mich aus großen Augen an. »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Wir bekamen mal einen Brief aus Frankreich. Darin stand, daß die Clarkes ihren Wohnort gewechselt hatten. Sie leben jetzt in Paris.«
    »Ohne daß etwas passiert wäre.«
    »Soviel ich weiß.« Mrs. Anderson lächelte fahrig. »Was sollte denn geschehen sein?«
    »Nur so. Ich dachte da an einen Brief, den man mir geschickt hatte.« Anscheinend wollte mein Vater nicht, daß ich darüber sprach, ich aber überhörte sein Räuspern geflissentlich und fuhr fort: »Man hat mir einen Drohbrief geschickt, in dem mir mein Tod angekündigt wird. Das ist nicht zufällig bei Ihnen auch geschehen, Mrs. Anderson?«
    »Nein.«
    Eine sehr schnelle Antwort gab sie mir, und ich dachte darüber nach, ob sie gelogen hatte. Die Situation erschien mir irgendwie festgefahren zu sein. Wir saßen da, niemand sprach, der eine belauerte den anderen, aber so recht sagen wollte keiner etwas.
    Mein Vater machte den Anfang. Er nickte und erhob sich aus seinem Sessel. »Ich glaube, daß wir hier nichts mehr verloren haben«, meinte er. »Es tut mir leid für Sie, Mrs. Anderson. Auch ich hätte mir gern ein Wiedersehen gewünscht, aber was nicht ist, kann man nicht ändern.«
    »Ja, da haben Sie recht.«
    »Ach, Mrs. Anderson, ich hätte noch eine kleine Bitte.« Während des Aufstehens meldete ich mich.
    Die Frau blickte mich überrascht an. »Was gibt es denn da noch, Mr. Sinclair?«
    »Haben Sie zufällig ein Bild von Ihrem Sohn zur Hand?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Ein Bild?« fragte sie. »Was wollen Sie damit?«
    »Ich wollte mir Ihren Sohn einmal ansehen. Wenn es geht, hätte ich gern ein Foto, das ihn als Jungen zeigt. Ist das möglich?«
    »Im Prinzip ja. Nur verstehe ich nicht…«
    »Bitte.« Ich nickte ihr zu. »Seien Sie doch so freundlich und tun mir den Gefallen.«
    »Nun ja, wenn soviel für Sie davon abhängt, bitte sehr. Warten Sie, ich hole das Foto.« Mrs. Anderson stand kopfschüttelnd auf und schritt zu einer Anrichte, die einige Schubladen besaß.
    Da sie uns den Rücken zudrehte, konnte sie nicht sehen, daß mich mein Vater fragend anschaute. Ich sagte ihm nichts und schaute zu, wie die Frau eine der Schubladen aufzog und eine Mappe hervorzog, die unschwer als älteres Fotoalbum identifiziert werden konnte.
    Während sich die Frau umdrehte, schlug sie das Album auf und begann zu blättern. Bald hatte sie ein Bild gefunden, auf dem ihr Sohn abgelichtet war. »Das ist Jake, als er elf Jahre alt war«, erklärte sie und deutete auf einen dunkelhaarigen Jungen, der vor einer Hauswand stand, lächelte und dabei auf ein neues Fahrrad deutete.
    Ich schaute sehr genau hin.
    Wahrscheinlich sah Mrs. Anderson es nicht, aber mein Vater bemerkte, wie ich bleich wurde. »Ist er das, John?«
    Ich nickte.
    »Was… was meinen Sie damit?« fragte Mrs. Anderson mich.
    Es war nicht leicht für mich, ihr eine Antwort zu geben, aber es

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