036 - Der Wolfsmensch im Blutrausch
Bewußtsein, nachdem alle gegangen
waren, außer einem Gast und der Wirtin, die sich um ihn kümmerten.
Die Wirtin rief das Krankenhaus und die Polizei an.
Es dauerte knapp eine halbe Stunde, bis beide Wagen fast zur
gleichen Zeit aus Falun ein trafen.
In der Zwischenzeit waren die Männer aus dem Wirtshaus noch nicht
wieder zurückgekommen. Zwei Polizisten machten sich auf den Weg zu der Hütte,
die der aus der Ohnmacht erwachte Rydaal angab. Sie fanden dort genau wie
angegeben die Leiche Siw Malströms. Doch weder die Polizisten noch die Männer
unter der Führung des Wirts fanden eine Spur von dem angeblichen Wolf.
Eine Stunde später hatte die inzwischen ebenfalls benachrichtigte
Kripo die vorhandenen Spuren gesichert und die Routineuntersuchung
abgeschlossen. Kommissar Lund hatte den Fall übernommen.
Der aufgewühlte Boden vor dem Mordhaus gab ihm zu denken.
»Das ist das einzige, was mit dem übereinstimmt, was uns Rydaal erzählt
hat«, murmelte er zu den begleitenden Beamten, als sie am nächtlichen See
vorübergingen. »Und das kann unter Umständen passiert sein, als er versuchte,
das Pferd zu besteigen. Möglich, daß sich der Fuchs sträubte.«
»Sie meinen, weil Rydaal verletzt war?« fragte einer der beiden
Beamten.
»Ja.« Lund nickte. Er war ein schmaler, drahtiger Typ, jung für
die Stellung, die er innehatte. Man konnte in ihm eher einen geschäftstüchtigen
Kaufmann vermuten als einen Kriminalbeamten »Pferde haben eine feine Witterung.
Der Blutgeruch muß den Fuchs in die Flucht getrieben haben. Jetzt müssen wir
das Pferd noch wiederfinden; vielleicht finden wir dann auch Antworten auf
unsere restlichen Fragen. In dem Sommerhaus hat sich ein furchtbares Drama
abgespielt. Scheint so zu sein, daß Rydaal mehr davon weiß, als er zugibt. Wir
werden den ärztlichen Befund spätestens heute Morgen in der Hand haben. Das
sagt uns mehr. Außerdem werden wir dann auch wissen, ob sich an Rydaals Körper
nur körpereigenes Blut befand oder auch das Blut seiner Freundin.«
Der links neben Lund gehende Mann verhielt in der Bewegung. Wie
ein Heiligenschein leuchtete der volle Mond hinter dem fast haarlosen Schädel
des Begleiters. »Sie haben den ernsthaften Verdacht...?« Mehr sagte er nicht.
Lund nickte und unterbrach den Sprecher. »Im Moment noch, ja.
Rydaals Krankenzimmer wird Tag und Nacht von einem Polizeibeamten bewacht.«
Der zweite Mann, der rechts neben Lund ging, stieß hörbar die Luft
durch die Nase. Umständlich kramte er eine Zigarette aus einem zerknüllten
Päckchen. Das Stäbchen sah aus, als wäre es in eine Mangel geraten. Doch
genauso platt und zerdrückt, wie es war, zündete der Beamte es sich an. »Rydaal
ist also Ihrer Meinung nach in den Fall verwickelt, hat möglicherweise sogar
direkt etwas damit zu tun. Ist er selbst der Mörder? Das wäre recht
unwahrscheinlich. Aber möglich wäre, daß nicht alles so glatt ging, wie er sich
das vorstellte.«
»Daß er der Mörder ist, scheint in der Tat unwahrscheinlich.« Lund
nickte. »Aber ebenso unwahrscheinlich klingt doch auch die Geschichte von dem
Wolf, die er zweimal erzählt hat, nicht wahr? Einmal den Männern in der
Wirtschaft, zum anderen uns. Und zudem haben wir die erste Parallele zu dem
Fall der unbekannten Toten, die wir vor genau einem Monat gar nicht allzuweit
von hier aufgefunden haben. Sie sah der Leiche der ermordeten Siw Malström
ziemlich ähnlich. Vielleicht kann uns Erik Rydaal auch darüber etwas erzählen!
Auch damals hatten wir Vollmond, meine Herren. Ob Rydaal das noch weiß?«
●
Der Himmel war klar. Soweit das Auge reichte - ein einziges Blau.
Einem alten Haus in Falun näherte sich ein junger Mann. Er warf
einen Blick an der Hausfassade hoch. Im Parterre waren die Fenster geöffnet. Eine
Frauenstimme erscholl vom Flur herüber und rief einem Kind etwas zu. Dessen
Antwort lautete »ja«. Geschirr klapperte, und dann erscholl ein lautes Klirren.
Das Kind plärrte, und die Frau zeterte.
Der junge Mann grinste still vor sich hin.
Außer der lautstarken Familie im Parterre schien das Haus
ausgestorben zu sein. Die Fenster waren geschlossen. Morgens um neun Uhr
befanden sich die meisten Menschen schon bei der Arbeit. Auch die Frauen, die
berufstätig waren, hatten die Wohnungen bereits verlassen.
Der Besucher betrat ungesehen den Hausflur und stieg die Treppen
zum dritten Stockwerk hinauf. Dort wohnte Dirk Dalquist. Sein Name stand auf
einem einfachen Karton, den er mit ungelenker Schrift
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