0363 - Der Gnom mit den sieben Leben
ich vorerst nicht zurück.
Suko, Bill und der Würfel mußten gefunden werden.
Mit Jane Collins fuhr ich wieder nach Frisco hinein. Sie war sehr schweigsam. Dunkelheit lag über der Stadt. Hunderttausende von Lichtern glänzten in der Kälte und gaben so etwas wie das Gefühl der Geborgenheit. Eigentlich hätte ich froh darüber sein können, mit Jane endlich wieder allein zu sein, ich war es nicht.
Das lag an ihrer Schweigsamkeit. Jane sagte kein Wort, sie starrte durch die Scheibe, und als wir über die Golden Gate rollten, enthielt sie sich ebenfalls eines Kommentars.
Nach der Brücke sagte sie plötzlich: »Laß uns irgendwohin gehen, bitte!«
»Gut. Und wohin?«
»In eine Bar oder Kneipe.«
Ich fand ein Lokal. Scheinwerfer strahlten die Fassade an, die weiß wie Schnee glänzte. Im Innern empfing uns eine anheimelnde Atmosphäre. Wenige Gäste saßen an den Tischen unter einer Rundbogendecke.
Man verkaufte hier mexikanische Gerichte, aber ich konnte auch ein Bier bestellen.
Nahe einem Fenster nahmen wir Platz. Jane wollte Kaffee. Der Kellner zündete eine Kerze an und verschwand.
Ich faßte über den Tisch und nach Janes Hand. »Wie fühlst du dich?« fragte ich und lächelte.
»Ganz gut.«
»Klingt nicht optimistisch.«
Sie hob nur die Schultern. Unsere Getränke kamen. Jane starrte in die Kaffeetasse, während sie die braune, mit Zucker versetzte Brühe langsam umrührte.
Ich hatte den ersten Schluck genommen. Das Bier schmeckte fremd. »Hattest du mir nicht etwas sagen wollen, Jane?« fragte ich, als ich das Glas zur Seite stellte.
»Deshalb sitze ich hier.«
»Dann bitte.« Wieder lächelte ich, doch dieses Lächeln zerbrach, als ich Janes Antwort hörte.
»John«, sagte sie, »ich werde dich jetzt verlassen.«
Das war ein Tiefschlag. »Was?«
»Ja, John. Ich… ich kann nicht bei dir bleiben. Ich brauche Zeit, und es wird nicht mehr so sein wie früher. Zuviel ist geschehen. Ich danke dirvon ganzem Herzen, obwohl die Worte komisch klingen, aber es hat sich zuviel verändert. Du bist anders geworden, ich ebenfalls, und deshalb brauche ich Zeit.«
Ich sagte nichts, saß da, schwieg und starrte auf das bunte Tischtuch.
»Verstehst du das, John?«
»Ich weiß nicht. Wohl kaum.« Meine Schultern hoben sich. »Klar, wir haben uns verändert, aber…«
»Kein aber, John, ich habe mich entschlossen, und es ist mir wirklich nicht leichtgefallen, das kannst du mir glauben.«
»Wie willst du denn leben?«
»Ich schlage mich schon durch. Sicher werde ich dich mal anrufen, aber erst muß ich allein sein. Ich will auch nichts von Dämonen hören oder sehen, nur allein sein, um über mich nachzudenken. Bitte, akzeptiere es!«
»Was bleibt mir anderes übrig?«
Sie schaute in mein blasses Gesicht und stand auf. Den Kaffee hatte sie kaum angerührt. Dann beugte sie sich über den Tisch, und ich spürte ihre Lippen auf den meinen. Als sie sich zurückbeugte, flüsterte sie: »Ich liebe dich…«
Danach drehte sie sich hastig um. Beinahe fluchtartig verließ sie das kleine Lokal.
Ich aber blieb sitzen, starrte wie ein Verwandelter auf die Fensterscheibe, sah dort mein Gesicht und auch die Augen, die mit einem so seltsamen »Wasser« gefüllt waren.
Die Zeit verrann. Ich blieb sitzen, starrte ins Leere und wurde erst aufmerksam, als der Kellner kassieren wollte, weil das Lokal schloß.
Ich zahlte. Danach ging ich schweigend hinaus. Vor mir lag der Lichterglanz dieser Stadt am Golden Gate. Und irgendwo in dem unübersichtlichen Häusermeer befand sich eine Frau, die mich verlassen hatte, mir aber immer noch viel bedeutete: Jane Collins…
ENDE des Dreiteilers
[1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 045 »Der Druiden-Schatz«
[2] Siehe John Sinclair Nr. 331 »Ninja, Zombies und Shimada«
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