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0363 - Der Werwolf von Alaska

0363 - Der Werwolf von Alaska

Titel: 0363 - Der Werwolf von Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Decken lagen daneben.
    Zamorra ging langsam auf die Bahre zu.
    Sie war der Beweis dafür, daß der Tote hierher gebracht worden war. Denn warum sollte das Ding sonst hier stehen? Einen Sarg hatte man garantiert nicht griffbereit stehen gehabt, um den Toten darin unterzubringen.
    Aber die Bahre, von der die Decke auf den Boden gerutscht waren, war leer!
    Der Tote, der in den Lagerschuppen gebracht worden war, war verschwunden…
    ***
    Zamorra fühlte, wie es ihm kalt über den Rücken lief.
    Was war mit dem Leichnam geschehen? Hatte er sich als Untoter wieder erhoben, lauerte er jetzt vielleicht in der Dunkelheit zwischen den Containern? Unwillkürlich berührte Zamorra sein Amulett mit der freien Hand.
    »Daß Tote verschwinden, hat uns entweder Van Clane verschwiegen oder er wußte nichts davon«, raunte Nicole betroffen. Auch sie sah sich jetzt mißtrauisch um. Sie sah auch nach oben - es mochte dort Balken und Träger geben, auf denen der Untote kauern mochte. Nirgendwo stand geschrieben, daß er sich zu ebener Erde verstecken mußte.
    Im nächsten Moment hörten sie beide das Geräusch an der Tür. Ein leises Klicken. Sie wirbelten herum. Gleichzeitig begannen die Neonlampen im Schuppen flackernd zu brennen.
    In der Tür stand der Indianer.
    »Sie sind ein neugieriger Mensch, Mister Zamorra«, sagte er. »Was tun Sie hier?«
    Zamorra sah Yonkin an. Auf welcher Seite stand der Athapaske?
    »Ich sehe mich ein wenig um«, sagte Zamorra.
    »Und Sie stehlen Leichen, wie?« brummte Yonkin. Er kam schrittweise näher, wie ein schleichendes Raubtier. Mit einem Blick hatte er erkannt, daß die Bahre leer war. »Wohin haben Sie ihn gebracht?«
    Er sah nur Zamorra an, ignorierte Nicole völlig.
    »Wir sind ebenso erstaunt wie Sie«, gestand Zamorra. »Es war die Leiche des Mannes, der heute überfallen wurde, nicht wahr? War er - auch einer der Ingenieure?«
    Cay Yonkins Augen wurden schmal. »Überfallen?«
    »Nun kommen Sie schon«, sagte Zamorra. »Daß es Unfälle sein sollen, glaubt doch kein Mensch! Hier treibt sich eine mordende Kreatur herum. Sie haben darauf geschossen. Aber Sie sind ebensowenig sicher wie ich, daß Taurak diese Kreatur ist, nicht wahr?«
    »Taurak ist ein Angakok«, sagte Yonkin. »Ein Schamane. Oder besser -er war es, ehe er hierher kam. Jetzt ist er ein Arbeiter wie die anderen auch. Die Geister müssen ihn verlassen haben.«
    Zamorra preßte die Lippen zusammen. Taurak ein Eskimo-Schamane… aber ein Schamane war und blieb es sein Leben lang. Schamane zu sein, war eine Berufung. Es war unvorstellbar, daß ein Schamane das tun würde, was er als »niedere Arbeiten verrichten« bezeichnen mochte - nämlich körperliche Arbeit. Hier im Erdöl-Camp. Das paßte nicht zusammen. Das mußte aber eigentlich auch Cay Yonkin wissen!
    »Lenken Sie nicht ab, Mister Yonkin«, verlangte Zamorra. »Wieso sind Sie überhaupt hier? Kommen Sie mit so wenig Schlaf aus?«
    Yonkin machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Ich bin da, wo ich gebraucht werde, zu der Zeit, in der ich gebraucht werde«, sagte er. »Wo ist der Tote?«
    »Na, wenn Sie das nicht wissen…«
    Yonkin betrachtete Zamorra womöglich noch eingehender und schenkte diesmal auch Nicole mehr Beachtung. Schließlich hob er die Schultern.
    »Sie scheinen nichts damit zu tun zu haben. Aber warum sind Sie hier? Wußten Sie, daß der Tote hier lag?«
    »Ja«, sagte Nicole. »MacNell und Angaunok unterhielten sich darüber.«
    »Bestimmt nicht öffentlich«, sagte Yonkin. »Warum interessieren Sie sich dafür?«
    »Raten Sie mal, weshalb Van Clane uns hierher geschickt hat«, gab Zamorra zurück.
    »Wegen der Todesfälle?« Yonkin hob die Brauen. »Nun gut. Ich vermute, daß es ein Tiermensch ist.«
    Das war immerhin ein recht offenes Wort, fand Zamorra. Überhaupt war der Indianer im Moment wesentlich gesprächiger als in den Stunden zuvor, wo er sich kaum ein Wort abrang.
    »Sie lachen nicht, weißer Mann?« fragte Yonkin irritiert, weil weder Zamorra noch Nicole so reagierten, wie er es eigentlich von Menschen des 20. Jahrhunderts erwartet hatte.
    »Sollten wir denn lachen?« gab Zamorra zurück. »Ich selbst tippe auf eine Art Werwolf. Es ist bedauerlich, daß die Leiche fort ist. Ist das auch in den anderen Fällen geschehen?«
    »Nein«, sagte Yonkin.
    »Das heißt also, daß wir es nicht mit einem Wiedergänger zu tun haben, sondern daß jemand die Leiche fortschaffte. Wahrscheinlich, damit wir sie nicht auf Spuren untersuchen können.« Zamorra

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