0364 - Shimadas Höllenschloß
entgegengesetzte Richtungen, um so den Griff lösen zu können.
Es war furchtbar.
Wie Leim klebte das Zeug an mir. Ich selbst ging in die Knie, drehte mich und versuchte verzweifelt, die Griffe zu sprengen. Hätte ich einen Dolch bei mir getragen, okay, alles wäre in Ordnung gewesen, aber ich hatte ja leider auf das Schwert verzichtet.
Vor mir sah ich den lebenden Baum. Ein scheußliches Bild. In der dicken Stammrinde entdeckte ich ein Gesicht mit zwei ungewöhnlich kalten, blauen Augen.
Shimada!
Auch in diesem Killerbaum steckte sein Geist, und seine Kraft wollte mich töten.
Half mir auch diesmal eine Silberkugel?
Der Druck verstärkte sich. Ich kämpfte gegen ihn an, stemmte die Füße gegen den weichen Boden und konnte nicht verhindern, daß auch mein rechtes Handgelenk umklammert und herumgedreht wurde, so daß der ziehende Schmerz durch meinen Arm toste und es mir nicht mehr möglich war, die Beretta zu halten.
Ich mußte die Faust einfach öffnen.
Die Beretta rutschte hervor. Als sie den Boden berührte, kam mir das Geräusch verdammt endgültig vor, und mir fiel plötzlich eine Waffe ein, die mir Yakup mitgegeben hatte.
Es war der Kendo-Stab.
Ich achtete jetzt nicht mehr darauf, wie viele Zweige gegen meinen Körper drückten, sich regelrecht an ihm festbissen, mir kam es darauf an, das Kampfholz zwischen die Finger zu bekommen.
Das schaffte ich trotz der Widrigkeiten. Und auch die folgende knappe Handbewegung gelang mir, so daß der Kendo-Stab verlängert wurde und seine Spitze direkt gegen den Baumstamm wies, wo sich Shimadas Gesicht zeigte.
Gleichzeitig schoben mich andere Kräfte nach vorn, und ich selbst stemmte mich nicht dagegen an.
Das erreichte ich durch den Kendo-Stab, der genau in der nächsten Sekunde das sich im Stamm abzeichnende Gesicht traf.
Mit allem hätte ich gerechnet, nur nicht mit dem Erfolg. Plötzlich sprühten Blitze auf. Von der Trefferstelle aus zweigten sie nach allen Seiten ab, stiegen auch in die Höhe und bildeten in der blanken Baumkrone ein fahles Muster.
Die Kraft dieser Magie war so stark, daß sie die des Baumes vernichtete. Auch ich wurde von den kalten Flammen an den Stellen umtanzt, wo mich die Zweige berührten.
In Sekundenschnelle verbrannten nicht nur sie, auch der gesamte Baum zerbrach und stürzte ein. Noch auf dem Weg zum Erdboden wurde er zu einem Aschehaufen, der wie ein vulkanischer Regen nach unten rieselte.
Ich war einfach baff!
Diese Kraft hätte ich dem Kendo-Stab nicht zugetraut. Ich hatte ihn für einen normalen Kampfstock gehalten, er bewies mir das Gegenteil, aber wieso?
Ich drehte ihn herum und schaute auf die winzige Halbkugel an der Spitze. Dort schimmerte ein Gesicht. Winzig klein und auch nur bei genauerem Hinsehen zu erkennen.
Ich hielt den Stab vor meine Augen. Das Gesicht hatte ich schon einmal gesehen. Irgendwann im letzten Jahr war es mir begegnet, aber nur für einen Moment, und ich ahnte, daß es die Züge eines Menschen waren, der nicht mehr unter den Lebenden weilte.
Dann fiel es mir ein.
Es war das Gesicht des alten und weisen Zu. Zu war der ehemalige Leiter des Klosters, der sich selbst totgesprochen hatte, um eine Schmach von sich und seinen Mönchen zu nehmen.
Deshalb also hatte mir Yakup diesen Stab anvertraut. Für eineflüchtige Sekunde huschte das Lächeln über meine Lippen, ich spürte in mir ein gutes Gefühl, denn so besaß ich eine Waffe, die auch gegen die Magie Shimadas ankämpfen konnte.
Hinter mir vernahm ich das Fauchen.
Ich fuhr herum. Verdammt, ich hatte den Drachen vergessen, dieses mythische Monstertier, das durch die Märchen und Legenden der Völker geisterte.
Hier war seine Gestalt existent geworden, und er würde seinem Herrn und Meister Shimada gehorchen.
Der Drache starrte mich an.
Auch ich wich seinem Blick nicht aus, schaute in die großen Augen und das weit aufgerissene Maul, in dessen Rachen es rötlich schimmerte, so daß ich das Gefühl hatte, in brodelnde Lava oder kochendes Höllenfeuer zu blicken.
Fast lächerlich wirkte das Kendo-Kampfholz in meiner Hand.
Auch wenn es eine Magie beinhaltete, ich glaubte nicht daran, daß ich damit den Drachen stoppen konnte.
Das tiefe, kochende Brodeln im Rachen des Monstertieres beschleunigte meine Entscheidung.
Den Stab ließ ich verschwinden. Statt dessen holte ich meinen magischen Bumerang hervor…
***
Yakup hatte sich hingesetzt und starrte weiterhin auf das Meer aus Lanzen. Noch besaß er eine Galgenfrist, diese aber schmolz
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