0365 - Im Spiegel sah sie ihren Mörder
haßt, vor dem Frühstück ans Telefon zu gehen, nahm ich den Hörer ab. Als ich mich meldete, sagte eine Männerstimme: ,Sie brauchen nicht nach Peggy zu suchen. Ich habe sie mitgenommen. Wenn Sie die Puppe — er sagte wirklich Puppe —, also, wenn Sie die Puppe zurückhaben wollen, müssen Sie eine halbe Million blechen. Genaueres erfahren Sie noch. Hüten Sie sich, die Polizei zu verständigen Wenn Sie das tun, werde ich Peggy sofort umbringen. Ja, das waren die Worte des Mannes«
»Und Sie haben seine Stimme erkannt?«
»Ich glaube es jedenfalls. Die Stimme hatte Ähnlichkeit mit der unseres Chauffeurs Saul Melly.«
»Was taten Sie?« .
»Ich war so verzweifelt, daß mein Mann mich beruhigen mußte. Dann überlegten wir, was wir tun sollten. Wir entschlossen uns, das FBI zu benachrichtigen. Ich ging in die Halle und telefonierte. Mein Mann ging zu Saul Melly. Aber das Zimmer des Chauffeurs war leer, und seine Sachen waren verschwunden.«
»Das spricht dafür, daß Sie sich nicht getäuscht haben, — Aber während Sie telefonierten, müssen feie belauscht worden sein. Wahrscheinlich von diesem Saul Melly. Als der Kerl hörte, daß Sie uns benachrichtigten, entschloß er sich zu einer Gewalttat. Er ermordete jedoch nicht Ihre Tochter Peggy, weil er dann keine Möglichkeit mehr gehabt hätte, Geld zu erpressen; sondern er tötete Ihren Mann. Was sich der Mörder von dieser Tat verspricht, liegt auf der Hand. Er glaubt, daß Sie jetzt ohne Zögern zahlen werden, aus Angst um Ihre Tochter.«
Die Frau zerknüllte ein Taschentuch zwischen den schmalen Händen.
»Ich kann mir nicht erklären, Mister Cotton, wie mich der Verbrecher belauscht haben soll, als ich telefonierte. Das Telefon kann doch…«
»Er hat vor dem geöffneten Fenster gestanden, Missis Frazer. Wir haben zertrampeltes Gras gefunden. Er stand nur zwei Schritt von Ihnen entfernt und hat jedes Wort mitgehört. Anschließend ist er hinter das Haus geschlichen und hat sich vor eines der Hinterfenster gestellt. Dann kam Ihr Mann in die Halle. — Wo waren Sie zu diesem Zeitpunkt?«
»Nach dem Telefonat war ich mit meinem Mann in der Halle. Wir haben gemeinsam überlegt. Dann bin ich auf mein Zimmer gegangen und habe mich angekleidet. Ich war noch im Morgenmantel. Als ich eine halbe Stunde später wieder herunterkam, waren Sie schon da«
»Ihr Mann jedenfalls hat sich in der Halle aufgehalten?«
»Vermutlich. In den oberen Etagen war er nicht.«
»Ich stelle es mir so vor: Ihr Mann hat diesen Saul Melly — oder wer immer der Täter sein mag — durch das Fenster gesehen, ist hinter die Couch getreten — wahrscheinlich, um das Fenster zu öffnen. Im gleichen Augenblick hat der Mörder geschossen. — Sie haben keinen Knall gehört?«
»Nichts!«
»Hm. Dann hat er entweder einen Schalldämpfer benutzt, oder die Waffe hat ein so kleines‘Kaliber, daß es nur wenig knallt. — Wieviel Angestellte haben Sie?«
»Außer der Köchin Amely Joyce noch den Gärtner Chas Ronson und den Sekretär meines Mannes, Jack Metzky. Ronson hat zur Zeit Urlaub. Er ist zu seiner Schwester nach Pittsburgh gefahren. Und Jack hat zwei Tage frei und befindet sich meines Wissens in New York. Mein Mann hat ihn erst für morgen früh zurückerwartet.«
»Sie wissen nicht, wo er sich aufhält?«
»Nein.«
»Und nun zu Saul Melly! Seit wann ist er bei Ihnen beschäftigt?«
Die Frau rang nervös die Hände. »Seit zwei Tagen.«
»Wie bitte?« Ich glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
»Seit zwei Tagen ist Saul Melly bei uns beschäftigt. Mein Gott, wie kann man sich in einem Menschen täuschen. Wenn ich jetzt alles bedenke, dann scheint es mir wie ein Plan, um sich bei Uns einzuschleichen.«
»Ich verstehe nicht. Bitte, erzählen Sie von Anfang an!«
»Es war so: Am Freitagmorgen war Peggy zum Baden oben in der Smithtown Bay. Meine Tochter ist eine ausgezeichnete Schwimmerin, aber diesmal hatte sie sich zu weit auf die See hinausgewagt. Sie bekam einen Wadenkrampf und konnte nicht weiter. Sie schrie um Hilfe, denn sie wäre nicht allein ans Ufer zurückgekommen. Saul Melly hat Peggy gerettet — in letzter Minute. Ohne ihn wäre Peggy ertrunken. Denn dort, wo Peggy gebadet hat, befand sich sonst niemand.«
»Und aus Dankbarkeit haben Sie den Kerl als Chauffeur eingestellt?«
»Ja. Peggy brachte ihn mit.«
»Was machte er für einen Eindruck?«
»Nun, er sah nicht sonderlich gut aus. Aber das besagt ja nichts. Ronson und Metzky sind auch keine Schönheiten.
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