0369 - Das Grauen aus dem Bleisarg
Bewegung geriet.
Instinktiv sprang ich zur Seite.
Da raste auch schon der brennende Stab auf mich zu!
***
Der Blutsauger hatte die erste an der rechten Wandseite befestigte Fackel aus der Halterung gerissen und hielt sie mit beiden Händen umklammert, um mehr Wucht hinter seine Schläge legen zu können.
Der Hieb erwischte mich. Zum Glück nicht im Gesicht, nur an der Schulter, aber ich wurde in die Defensive gezwungen und sprang auch noch einige Schritte weiter, wobei mich ein Regen von aufwirbelnden Funken begleitete.
Mit einem Schuss hätte ich alles bereinigen können, aber ich wollte andere Feinde, die sich vielleicht irgendwo in der Nähe aufhielten, nicht warnen. Aus diesem Grund steckte ich die Waffe weg und stellte mich meinem Gegner mit den bloßen Fäusten.
Auch das Kreuz ließ ich vorerst stecken. Zudem tat der Blutsauger nichts, um seine Freunde oder die Lady Dorothy zu warnen.
Er war voll und ganz auf mich fixiert.
Und ich ließ ihn kommen.
Eine Fackel riss ich nicht aus der Halterung, ich konzentrierte mich auf seine Schläge.
Sie kamen von zwei Seiten. Einmal schlug er links zu, dann wieder rechts. Wäre er im tatsächlichen Vollbesitz seiner Kräfte gewesen, hätte er mich hier und da erwischt, so aber war er zu langsam, und der heiße Feuerschein wischte stets dicht an meinem Gesicht vorbei, wobei er wie ein warmer Atem über die Haut tanzte.
Bis an die rechte Wand ließ ich mich zurückdrängen. Rechts von mir brannte eine Fackel. Die andere hielt er fest und rammte sie plötzlich vor, als hätte er einen Speer oder eine Lanze in der Hand.
Gleichzeitig kam er selbst, voll und ganz davon überzeugt, dass er mich auch erwischte.
Ich war wieder schneller.
Der Sidestep brachte mich aus der Gefahrenzone, sodass die Fackeln gegen die Wand knallten. Und zwar an der Stelle, wo ich soeben noch gestanden hatte.
Ein Wirbel aus Funken sprühte in die Höhe, ich hörte den Vampir ächzen und sah auch, wie er in die Knie brach. Er hielt die Fackel noch fest. Es sah so aus, als hätte er sich das Ende des Stiels selbst in den Bauch gestoßen.
Ich war es leid.
Mein wuchtiger Tritt fegte ihm das brennende Holz aus den Händen. Ich hatte so fest zugetreten, dass sich die Fackel in der Luft noch überschlug und irgendwo im Hintergrund des Totenhauses liegen blieb.
Der Vampir wollte verschwinden.
Am Bein hielt ich ihn fest. Er schrie wütend auf, trampelte, drehte sich, ich ließ ihn los, um gleichzeitig wieder auf die Beine zu kommen.
Da hatte ich schon mein Kreuz vorgeholt. Für einen Moment schaute er es noch an. Es musste ihm vorkommen wie der Gruß aus einer anderen Welt und gleichzeitig das Ende, denn ich machte kurzen Prozess.
Meine rechte Faust katapultierte ich nach vorn. Das Kreuz wurde in sein Gesicht gepresst, ich hörte es zischen, sah auch den Rauch und vernahm den dünnen, jaulenden Schmerzensschrei, der mir durch Mark und Bein fuhr.
Dann taumelte er zurück. Die Hände hatte der Blutsauger sinken lassen. Im Fackellicht konnte ich deutlich die Abdrücke in seiner Visage sehen. Das waren vier Balken, die sich dort eingebrannt hatten, Rauch entließen und die Haut allmählich zerstörten, während der Blutsauger noch weiter nach hinten ging und schließlich meinen Blicken entschwand.
Auf einmal war er weg.
Ich stand da, schüttelte den Kopf, hörte wenig später ein seltsames Geräusch aus der Tiefe und entdeckte schließlich, dass sein Verschwinden nichts mit Zauberei zu tun gehabt hatte, denn der Vampir war einfach durch ein Loch im Boden gerutscht.
Es gab ihn nicht mehr.
Ich blieb so dicht neben der Öffnung stehen, dass meine Fußspitzen mit dem Rand abschlossen.
Mein Blick fiel in die Tiefe.
Einen Schacht oder eine Leiter hätte ich vielleicht erwartet, aber nicht diese geschwungene Rutschbahn, die irgendwo in der unheimlich wirkenden Finsternis der Gruft verschwand und sicherlich bis zu dem geheimnisvollen Sterbeplatz der Lady Dorothy führte.
Wählen konnte ich nicht. Wenn ich den Platz ebenfalls erreichen wollte, musste ich mich auf die Rutschbahn verlassen.
Und das tat ich auch…
***
Die Wellen waren gekommen, hatten Suko gepackt, und sie waren auch dabei, langsam wieder zu verschwinden.
So jedenfalls hatte Suko das Gefühl. Er glaubte, auf einem Boot zu liegen, und war es leid, über die Wellen zu fahren, deshalb wollte er aussteigen.
Das klappte nicht.
Da gab es eine Kraft, die ihn festhielt, die von unten her an ihm zog und sich auf seinem gesamten Körper
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