0369 - Das Grauen aus dem Bleisarg
verteilt hatte. Suko musste liegen bleiben.
Aber die Wellen meinten es gnädig. Sie verschwanden immer weiter und trieben auch die Finsternis zurück, sodasssich allmählich eine gewisse Helligkeit herauskristallisierte, die eine unnatürliche rote Farbe angenommen hatte.
Suko wollte scharf nachdenken und merkte, wie schwer es ihm fiel.
Langsam nur kam sein Gedankenapparat auf Touren. Suko dachte auch zurück.
Der Weg auf den Friedhof, der Gang zum Totenhaus, die Rutsche, die Knochen, all das kam wieder in ihm hoch, und er sah wieder die zahlreichen Körper vor sich, die sich auf ihn gestürzt hatten.
Dann war der Blackout gekommen.
Und jetzt?
Verdammt, es muss doch eine Lösung geben! dachte der Chinese und wollte hoch.
Abermals blieb es beim Versuch. Etwas hing an seinem Rücken, das einfach zu schwer für ihn war. Suko wusste nicht, was man mit ihm gemacht hatte, da er im Kreuz keine Augen besaß, aber er stellte fest, dass er auch seine Arme und Beine nicht bewegen konnte. Sie waren mit dem Gegenstand verbunden, der ihn festhielt.
Sosehr er auch nachdachte, ihm fiel keine Lösung ein, dafür konnte er nach vorn schauen.
Das Licht war keine Einbildung. Es stammte von Fackeln, die diese unterirdische, modrig riechende Gruft erhellten. Zudem war er nicht allein. Das Licht traf auch einen offenen Sarg. Wer darin lag, konnte Suko aus seiner Perspektive nicht erkennen, aber er entdeckte den schmalen Gegenstand, der aus der Öffnung etwa in Kopfhöhe hervorstach.
Erst einmal glaubte Suko an eine Täuschung, bis er sicher war, sich nichts eingebildet zu haben.
Aus dem offenen Sarg schaute eine Rose hervor. Und diese Blüte war von den zwölf Personen eingekreist worden, auf deren Fährte sich der Inspektor gesetzt hatte.
Sie umstanden die Blume, schauten sie an und schienen auf etwas zu warten.
Suko wusste nicht, was dies war, aber er hatte Zeit, sich die Gesichter der Menschen anzusehen.
Im flackernden Licht der Fackeln wirkten sie sowieso nicht normal, viel zu unnatürlich, trotzdem fiel dem Inspektor etwas an diesen Menschen auf. Es war der Ausdruck in den Augen. Diese seltsam verdrehten Pupillen waren einfach vorhanden, und daran trug auch kein Licht die Schuld. Der Ausdruck musste einen anderen Grund haben.
Er war flach und dennoch nicht ohne Leben. Ein gefährliches Leben nistete darin. Das Leben von Besessenen.
Ja, das genau war es. Die auf ihn niederstarrenden Augen gehörten besessenen Menschen.
Sie alle standen also unter dem Bann dieser unheimlichen Frau.
Obwohl sie Suko nicht sehen konnte, wusste er, dass ihr Platz nur in dem offenen Sarg sein konnte.
Aus der Gruppe löste sich eine Person. Es war eine Frau mit blonden Haaren. So hell, dass die Strähnen schon künstlich gebleicht zu sein schienen. Die Frau trug eine Winterjacke und eine lange Hose.
Das untere Drittel ihrer Beine steckte in wadenhohen Schaftstiefeln.
Sie ging sehr langsam auf den Sarg zu, aus dem in diesem Moment eine dumpfe Stimme erklang.
»Kate, du bist die letzte Lockhead, die noch nicht auf mich hört. Das soll sich in den nächsten Sekunden ändern. Deshalb komm her und nimm mit mir die Verbindung auf, die uns gemeinsam in den Kreislauf des Schreckens hineinbringt.«
Da die Frau für einen Moment zögerte, fühlte sich Thelma Lockhead genötigt, einzugreifen.
»Geh schon zu ihr, Kate, geh schon! Mach es wie wir. Komm in die wahre Familie…«
Und Kate ging. Sie schaute in den Sarg, wo ihre alte Ahnherrin lag und auf sie wartete.
Niemand sagte etwas. Auch Suko war gespannt, und er wunderte sich, als Kate Lockhead die Richtung änderte und auf ihn zukam. Sie brauchte nur zwei Schritte zu gehen, um ihn zu erreichen. »Auch dich wird es erwischen«, sagte sie, »auch dich.«
Suko schaute in ihr vom rötlichen Widerschein umspieltes Gesicht. »Was habt ihr mit mir gemacht?« fragte er.
Sie lachte. »Wir haben dich festgebunden, und zwar an einem Sargdeckel aus Blei. Davon kommst du allein nicht los, das kann ich dir versprechen!«
»Hör auf zu reden!« meldete sich Thelma. »Geh endlich zu ihr und schaffe den Kontakt.«
»Ja, ja, sofort!« Kate drehte sich vor Suko in die andere Richtung und näherte sich dem offenen Sarg, in dem ihre längst verstorbene Ahnherrin lag.
Suko war gespannt, was passierte. Sicherlich würde er die magische Lösung des Rätsels in den nächsten Sekunden präsentiert bekommen. Er dachte auch an seine Lage.
An einen Sargdeckel aus Blei hatten sie ihn festgebunden. Den bekam selbst
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