037 - Das Geheimnis der Knochengruft
gleichzeitig eine gute Köchin mit einzustellen.
»Sie haben natürlich freie Hand. Der Etat, der Ihnen und Marie zur
Verfügung steht, ist nicht gering. Wir lieben gutes Essen. Ich nehme an, Sie
werden uns auch mit einigen Spezialitäten aus Ihrer schwedischen Heimat
verwöhnen?«
Morna Ulbrandson lachte. »Ich werde mein Bestes tun, Sir.«
Nun erklärte er ihr noch das unübersichtliche Labyrinth der Kellergänge, warnte
sie aber, sich zu weit vom Weinkeller und Vorratsraum zu entfernen. Man könne
hier unten sehr leicht die Orientierung verlieren. Es sei nicht einfach, in
diesem Labyrinth, das eine Fläche von fast viertausend Quadratmetern bedeckte,
jemand wiederzufinden.
Er kam dann noch einmal auf die Besorgung der Speisen zu sprechen, und
machte die Schwedin darauf aufmerksam, dass der Diener – falls der Wagen in
Ordnung wäre – immer einmal wöchentlich in Paris einkaufen würde.
»Wenn Sie Interesse daran haben, können Sie selbstverständlich mitfahren –
doch bitte nur an einem Ihrer freien Tage. Ansonsten wäre es mir lieb, wenn Sie
einen Zettel vorbereiten würden, auf dem Sie Ihre Einkaufswünsche
niederschreiben. Ja, und was ich noch sagen wollte: Haben Sie einen Freund,
einen Verlobten? Ich habe grundsätzlich nichts gegen Besuch einzuwenden, nur
müsste ich zuvor davon unterrichtet sein. Bei Einbruch der Dunkelheit, das habe
ich vorhin vergessen zu sagen, werden in meinem Park englische Jagdhunde
freigelassen. Sie bewachen das Grundstück und lassen keinen Fremden herein. In
dieser abgelegenen Gegend kann ich auf den Schutz der Hunde nicht verzichten.
Das hängt auch mit meiner Forschungsarbeit zusammen, für die man sich
anderenorts sehr interessiert. Dafür müssen Sie Verständnis haben. An besonders
trüben und düsteren Tagen werden die Hunde sogar tagsüber freigelassen. Das
muss so sein, weil man vom Schloss aus kaum eine Sicht auf die Mauer und die
Tore hat.«
»Ja, ich verstehe Sie.«
Sie schickten sich an, die schmale, ausgetretene Treppe hochzugehen, als
ein markerschütternder Schrei durch das Kellerlabyrinth hallte.
●
Larry Brent hatte sofort die beiden von Morna genannten Adressen in
Augenschein genommen.
In der Rue Mionis hatte er zwar eine Bewohnerin mit dem Namen Claudia
Pascal aufgestöbert, aber das war nicht die Richtige gewesen. Die Dame hatte
vor wenigen Tagen ihren 91. Geburtstag gefeiert. In der Wohnung hatte sich
Larry noch durch ein Blumenmeer kämpfen müssen. Die hochbetagte Jubilarin, die
während der letzten Tage mit Besuchen von Stadtprominenz und Journalisten
überhäuft worden war, hatte geglaubt, Larry Brent käme von einer amerikanischen
Zeitung, um sie darüber zu befragen, wie sie gelebt hatte, um so lange gesund
zu bleiben und so alt zu werden.
Die Begegnung hatte nur wenige Minuten in Anspruch genommen. Von einem
Vicomte de Moulliere hatte die alte Dame nie etwas gehört, und Larry konnte
sich auch schlecht vorstellen, dass sie bis vor zwei Jahren noch den Haushalt
des Vicomte geführt hatte.
Larry fuhr anschließend zur Rue de Vaugirard.
Das Haus Nummer 132 war ein großes Mietgebäude mit hohen altmodischen
Fenstern, einem Requisit aus der Jahrhundertwende. An den Briefkästen
orientierte er sich, ob es hier wirklich eine Claudia Pascal gab – und es gab sie! Sie wohnte im fünften
Stockwerk, direkt unter dem Dach.
X-RAY-3 stieg die Holztreppen hinauf, klingelte und hörte Geräusche in der
Wohnung. Eine junge hübsche Frau, keine dreißig Jahre alt, öffnete. Sie musste
sich erst kürzlich verletzt haben, da sie einen frischen Gipsverband am rechten
Unterarm trug. Erst später fiel Larry auf, dass der Verband elastisch war. Er
schimmerte, als wäre er mit einer Fettcreme eingeschmiert. Die Finger waren bis
zu den Kuppen straff eingewickelt. »Habe ich die Ehre mit Mademoiselle
Pascal?«, fragte der PSA-Agent höflich.
Sie nickte. »Ja, das bin ich. Kann ich etwas für Sie tun?« Sie besaß eine
angenehme Stimme. Selbstbewusstsein und Sicherheit gingen von ihr aus. Doch in
ihrem Blick lag eine endlose Trauer.
»Sie waren einmal in den Diensten des Vicomte de Moulliere, nicht wahr?«
Larry wollte sofort weitersprechen, doch er zögerte, als er sah, dass sie kaum
merklich zusammenzuckte, nachdem der Name des Vicomte fiel.
»Ja«, hauchte sie, und ihr schmales Gesicht verfinsterte sich.
»Ich hätte gern eine Auskunft von Ihnen, Mademoiselle. Sie betrifft Ihre
Arbeit im Schloss des Vicomte.«
»Wer sind Sie?«, fragte sie, und
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