037 - Das Geheimnis der Knochengruft
Herd stand ein Topf
mit siedendem Fett. Er kam ins Rutschen, und das Fett ergoss sich mir genau
über den Unterarm.«
»Scheußlich!«
»Vor allen Dingen sehr schmerzhaft.« Sie erhob sich, wankte ein wenig und
musste sich abstützen. Larry reagierte sofort und wollte ihr helfen.
Doch wie eine Schlange entwand sie sich seinem Zugriff. »Nicht!«, stieß sie
zwischen den Zähnen hervor, und auf ihrer Stirn glänzte kalter Schweiß. Sie war
bleich wie ein Leinentuch.
Larry Brent erschrak.
»Fassen Sie mich nicht an!« Sie wich vor ihm zurück. Sekundenlang standen
sie sich gegenüber. Claudia presste beide Hände vor das Gesicht. Ein Schluchzen
schüttelte ihren Körper. »Bitte, gehen Sie jetzt«, murmelte sie und ließ die
verbundene Hand sinken. Der Verband war so dicht wie eine weiße elastische
Gummihülle, so dass kein Millimeter Haut sichtbar war.
»Ich hätte Sie gern noch einmal gesprochen, Mademoiselle. Ich fürchte, Sie
haben mir nicht alles gesagt, was ich gerne wissen möchte. Sie können mir
vertrauen. Ich will Ihnen helfen – und was sehr wichtig ist: Ich kann Ihnen helfen.«
»Gehen Sie!«, bat Claudia Pascal eindringlich.
»Ich komme wieder. Vielleicht heute Abend. Vergessen Sie das nicht!« Larry
ging zur Tür.
Die junge Französin ging an seiner Seite, mied aber ganz offensichtlich die
Nähe des Agenten. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie dies auch schon zu Beginn
seines Besuches getan hatte. Sie war niemals näher als einen Schritt an ihn
herangetreten.
»Ich komme bestimmt zurück«, sagte Larry und öffnete die Tür, während sie
hinter ihm in dem großen düsteren Korridor stand.
Er wandte sich um und blickte die lange, dunkelbraune Holztreppe hinab. Für
den Bruchteil eines Augenblicks war es ihm, als stünde außer Claudia Pascal
noch jemand neben ihm.
Er ahnte die drohende Gefahr, ohne sich darüber im Klaren zu sein, woher
diese kam.
Der Schatten war mit einem Mal schräg hinter ihm und tauchte auf, wie aus
dem Boden gewachsen. X-RAY-3 spürte einen Schlag auf dem Kopf, gleichzeitig
begann es um ihn zu kreisen, die Treppe bewegte sich wie gezoomt auf ihn zu,
die Decke schien sich zu senken und Larry zu begraben. Er begriff noch, dass er
sich offenbar vorhin doch nicht getäuscht hatte, als er ein leises Flüstern im
Nebenraum hörte.
Die junge Frau war nicht alleine in der Wohnung! Larry Brent wurde von zwei
langen schmalen Männerhänden unter den schlaffen Schultern gepackt und in die
Wohnung geschleift.
Leise klappte die Tür ins Schloss.
X-RAY-3 spürte nicht, wie man ihm den rechten Ärmel hochkrempelte. Eine
Injektionsnadel wurde in seine Vene geschoben, dann drückte jemand den Kolben
hinunter, der die Flüssigkeit aus der Spritze in Larrys Blutkreislauf
schleuste.
●
Morna Ulbrandson machte einen
ruhigen, ausgeglichenen Eindruck, obwohl sie sich auf keinen Fall so fühlte.
Nach dem seltsamen Erlebnis im Keller des alten Schlosses hatte der Vicomte ihr
erklärt, dass der Schrei von einem Tier herrühre, von denen es eine Anzahl in
den Terrarien gäbe, die seinem Labor angeschlossen waren.
Die junge Schwedin hatte sich damit zufriedengegeben, obwohl sie keinen
Augenblick daran zweifelte, dass der Schrei von einem Menschen herrührte!
Wer war außer dem Diener, dem Vicomte, dem Gärtner, eventuell dem Sohn, den
sie bisher noch nicht gesehen hatte, und außer ihr noch in dem düsteren Haus?
Unwillkürlich drängten sich ihr die Namen France Olandy, Irene Duval und Yvette
Revlon auf. Sie musste außerdem an den geheimnisvollen Fremden denken, der vor
zwei Nächten ein Opfer der Bluthunde geworden war, die den hermetisch
abgeschlossenen, von einer vier Meter hohen Steinmauer umgebenen Schlosspark
verlassen hatten.
Was ging hier vor?
Es war Mittagszeit.
Der Vicomte hatte ihr die Erlaubnis gegeben, sich erst einmal gründlich auf
dem großen Besitz umzusehen, damit sie ihre neue Umgebung näher kennenlernte.
Marie sorgte an diesem Tag noch für das bereits vorbereitete Mittagessen. Der
Diener war noch einmal in die Stadt gefahren, um das Gepäck der Schwedin in der
Rue Gabriel abzuholen. Bis zur Stunde war er noch nicht zurückgekehrt.
Morna hatte sich soweit vom Schloss entfernt, dass sie nicht einmal mehr
die Turmspitze sehen konnte, so weitläufig war der Park.
Hier und da raschelte eine Maus unter dem feuchten Laub, ein Vogel
zwitscherte, ein Ast knackte unter ihren Füßen.
Sie hatte das Gefühl, in einem nicht enden wollenden Wald zu sein.
Einmal
Weitere Kostenlose Bücher