037 - Das Geheimnis der Knochengruft
ein, ging dabei sehr
vorsichtig zu Werke. Claudia Pascal war offensichtlich daran interessiert,
etwas für die Sicherheit des Vicomte zu tun. Sie erzählte von ihrer Zeit im
Schloss, aber sie war in der Wahl ihrer Worte sehr vorsichtig. Einem anderen
Gesprächspartner wäre das kaum aufgefallen, doch Larry war in dieser Hinsicht
nicht zu täuschen.
»Ist Ihnen während Ihrer Arbeit für den Vicomte niemals aufgefallen, dass
dort irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugehen könnte?«, fragte Larry. »War
er bedrückt, hatte er Sorgen? Sahen Sie oft Fremde auf dem Besitz?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts von alledem. Es mag stimmen, dass der
Vicomte an seinen Forschungen arbeitete, und dass es Stellen gab, die sich
dafür interessierten – aber mir ist niemals aufgefallen, dass der Vicomte
erpresst wurde, oder dass sich Besucher in seinem Haus aufhielten. Er liebt
Menschen nicht sonderlich und hasst jegliche Zusammenkunft. Er hat sich völlig
in sein Schloss und in seine Arbeiten zurückgezogen. Nur wenige Menschen teilen
die Einsamkeit mit ihm: sein Diener, eine alte Hausdame, der Gärtner und sein
Sohn.«
Es war offensichtlich, dass sie ursprünglich noch etwas hatte hinzufügen
wollen, aber im letzten Augenblick entschied sie sich anders.
»Wie erträgt die Vicomtesse die Einsamkeit?«, hakte Larry nach.
»Sie war damals sehr krank, als ich noch im Schloss angestellt war«, wich
Claudia Pascal jeder weiteren Frage aus. »Ich glaube aber, dass die Einsamkeit
und die Ruhe ihr gut taten.«
Aus den vielen Einzelbildern, die ihm von der Lebensweise und dem Schloss
geschildert wurden, versuchte sich Larry eine Vorstellung zu machen, doch es
fiel ihm schwer.
»Was veranlasste Sie eigentlich anzunehmen, der Vicomte würde erpresst
werden?«, fragte Claudia Pascal.
»Es gibt einige Hinweise, die darauf schließen lassen, dass sich eine
ausländische Geheimdienstgruppe schon lange Zeit für die Arbeit interessiert,
mit der sich der Vicomte beschäftigt.« Larry Brent lehnte sich in den alten
bequemen Sessel zurück. »Meine persönliche Vermutung geht darauf hinaus, dass
zumindest die beiden nachfolgenden Hausmädchen, die Ihre Stelle einnahmen,
unmittelbar in etwas verwickelt wurden, das sie in unabwendbare Gefahr brachte.
Sie wissen, dass Mademoiselle France Olandy Ihre Nachfolgerin im Schloss war,
nicht wahr?«
»Nein, das wusste ich nicht.«
»France Olandy ist wie vom Erdboden verschluckt. Daraufhin wurde ein
Mädchen namens Irene Duval eingestellt. Auch von ihr gibt es keine Spur.«
Claudia Pascal biss sich auf die Lippen. »Merkwürdig«, erklang es dumpf aus
ihrer Kehle.
»Ja, sehr merkwürdig. Warum haben Sie eigentlich Ihre Stellung gekündigt?«
»Ich hatte von Anfang an nicht vor, längere Zeit zu bleiben. Bitte,
verstehen Sie das nicht falsch! Ich hatte nicht zu klagen. Mir ging es gut, die
Bezahlung war bestens. Doch der Vicomte hatte etwas sonderbare Vorstellungen,
um es einmal so auszudrücken. Das hing mit seiner Menschenscheu zusammen. Er
liebte keine Besucher im Schloss. Vielleicht fürchtete er auch – um es in Ihrem
Jargon auszudrücken – dass sich jemand einschmuggeln könnte, um hinter das
Geheimnis seiner Forschungen zu kommen. Er misstraute jedem, das muss ich
bestätigen. Hinzu kam, dass ich zu diesem Zeitpunkt eine Erbschaft machte, die
mir die Möglichkeit einräumte, verhältnismäßig unabhängig zu leben. Ein reicher
Onkel hinterließ mir den größten Teil seines Vermögens. Ich übernahm kurz
darauf diese Wohnung hier von einer gut situierten Rechtsanwaltswitwe, die sich
ein Häuschen in der Provinz gekauft hatte.«
Larry blickte sich suchend um. »Und Ihnen gefällt es hier? Ein bisschen
düster für eine junge Frau ...«
Sie lachte. Es klang nicht fröhlich. »Sie mögen recht haben. Vielleicht bin
ich etwas verschroben und altmodisch, vielleicht fehlt mir auch die Kraft,
etwas Eigenes zu beginnen.« Sie zuckte die Achseln und schwieg.
X-RAY-3 erkannte, dass sich das Gespräch nicht vertiefen ließ. Er fühlte
instinktiv, dass in diesem seltsamen Wesen etwas schlummerte, was geweckt
werden musste. Claudia Pascal wusste mehr über die Geschehnisse im Schloss.
»Das wäre dann wohl alles.« Larry erhob sich. »Ich will Sie nichtlänger
aufhalten.« Er wies auf Claudia Pascals säuberlich verbundenen Unterarm. »Sie
hatten einen Unfall?«
»Man kann es so ausdrücken«, erwiderte sie leise. »Eine kleine
Unachtsamkeit in der Küche. Ich habe mich gebückt. Auf dem
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