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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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er sich im Vorzimmer zum Speisesaal auf, und wenn ein neues Mädchen seine Stelle angetreten hat, bewacht er es, als ob es eine Maus wäre. Ich weiß nicht, warum die Gräfin so einem häßlichen, übelgelaunten Mann die Verwaltung ihres Haushalts anvertraut.«
    »Ist er übelgelaunt?« fragte Lois.
    »Nun ja«, gab das Mädchen zögernd zu, »ich kann es nicht genau sagen. Aber es sieht immer so aus«, sagte sie dann eifrig. »Und man kann einen Menschen immer nach seinem Blick beurteilen. Die Gräfin hat sich aber viel Mühe mit Ihnen gegeben.«
    »Mit mir?« fragte Lois erstaunt.
    »Sie hat diese Stühle für Sie hereinstellen lassen und hat selbst Ihr Bett ausgewählt und - hallo, was ist das? Gehört das Ihnen?«
    Sie hatte eine leere Schublade einer Kommode aufgezogen und hielt jetzt eine große Fotografie in der Hand. Lois nahm sie - es war das Bild eines jungen Mannes, der am Anfang der Zwanzig stehen mochte. Er sah gut aus, und irgend etwas in dem Gesicht kam ihr sonderbar bekannt vor.
    »Ich weiß nicht, wie das hierherkommt. Ich habe gestern selbst die Schubladen ausgeräumt. Die Gräfin muß es hierhergelegt haben.«
    Obwohl es nur ein Brustbild war, sah Lois, daß der junge Mann die Uniform eines Hochlandregiments trug, und versuchte die Nummer zu erkennen; als Kind hatte sie sich sehr für militärische Abzeichen interessiert.
    »Er sieht fesch aus, nicht wahr, Fräulein?«
    »Sehr vorteilhaft«, sagte Lois. »Ich bin neugierig, wer das ist.«
    »Es gibt eine Menge Fotografien im Haus, und niemand weiß, wen sie darstellen. Die Gräfin sammelt sie«, sagte das Mädchen.
    »Ich will sie Lady Moron bringen«, meinte Lois und ging mit dem Bild hinunter. Sie fand die Gräfin vor einem halbvollendeten Legespiel, den Kopf in die Hände gestützt.
    »Wo war das? In Ihrem Zimmer?«
    Lady Moron nahm die Fotografie aus ihrer Hand, betrachtete sie gleichgültig und ließ sie in die Tischschublade gleiten.
    »Es ist ein junger Mann, den ich vor vielen Jahren kannte«, sagte sie und nahm sich nicht die Mühe, Aufklärung darüber zu verlangen, wie die Fotografie in die Kommode gekommen war.
    Lois ging in ihr Zimmer zurück. Es war ein sonniger Nachmittag, und die Luft war sehr warm. Die großen Fenster waren geöffnet, eines führte zu einem der vielen Steinbalkone, die die Front des Hauses schmückten. Unterhalb der Fensteröffnung war jedoch ein leichtes Holzgitter, das den Zugang zu dem einladenden Platz versperrte.
    »Es ist uns nicht erlaubt, tagsüber auf die Balkone zu gehen«, sagte das Mädchen. »Die Gräfin ist besonders streng in diesem Punkt.«
    »Betrifft das auch mich?«
    »O ja, Fräulein. Die Gräfin selbst geht auch nur abends hinaus. Niemand darf sie tagsüber betreten.«
    Lois war neugierig, welchen Grund die Gräfin haben mochte, diesen angenehmen Erholungsplatz während des Tages zu verbieten.
    Die Nachmittagspost brachte eine Anzahl Briefe, die nach der Gewohnheit Lady Morons am selben Tag beantwortet wurden. Lois war bis eine Stunde vor dem Abendessen beschäftigt. Dann machte ihr die Gräfin einen Vorschlag, für den sie sehr dankbar war.
    »Wenn Sie eine Freundin haben, die Sie gern zum Tee einladen, können Sie das jeden Nachmittag tun, den ich fort bin. Morgen haben Sie einen freien Abend. Ich werde auswärts speisen.«
    An diesem Abend schrieb Lois noch einen langen Brief an Lizzy Smith und brachte ihn selbst zur Post, bevor sie sich in ihr herrliches Bett legte. Die Antwort kam prompt. Das war charakteristisch für die energische Lizzy, die alles gleich erledigte. Als Lois am nächsten Morgen allein frühstückte, meldete ihr ein Bedienter, daß sie am Telefon verlangt werde. Lizzy rief an.
    »Bist du es, Liebling? Ich werde natürlich heute abend zu dir kommen. Schickst du den Wagen, oder nehme ich die alte Nr. 14? Zieh dich nicht extra für mich um, ich bin ein einfaches Mädchen.«
    »Sei nicht albern, Lizzy. Ich bin allein und erwarte dich.«
    »Was ist es denn für eine Krippe?« fragte Lizzy.
    »Es ist wirklich sehr schön«, sagte Lois, jedoch ohne Begeisterung. »Ich habe nur nicht genügend zu tun.«
    »›Nur‹ darfst du nicht sagen, sondern ›und‹«, gab Lizzy zurück. - »Was hast du, Lois? Finde eine Stelle für mich ohne Arbeit - hier ist der alte Rattlebones!« Das letzte sagte sie ganz leise, und Lois wußte, daß Lizzy vom Büro aus telefonierte und der erste Clerk angekommen war. Dann hörte sie, wie drüben eingehängt wurde.
    Lady Moron und ihr Sohn speisten am

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