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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Last abgeworfen. Sie hörte, wie die Frau darüber schimpfte. Sie hatte wohl alle möglichen Dinge mitgebracht, die für diesen Umzug notwendig waren. Es schien ziemlich viel Vorrat zu sein. Tappatt hatte sie darauf vorbereitet, daß ihr Aufenthalt hier länger dauern sollte.
    »Es hätte mir beinahe das Kreuz eingedrückt«, knurrte Mrs. Rooks. »Warum konnte sie es denn nicht tragen, Doktor?«
    Lois schlich sich näher an die Tür und horchte. Sie hoffte zu hören, daß sie nur hier versteckt wurde, weil Tappatt die Rückkehr Dorns erwartete.
    »Holen Sie einen Stuhl aus dem anderen Zimmer«, hörte sie ihn brummen. »Warum machen Sie denn all diesen Lärm? Es ist für Sie doch nicht schlimmer als für mich. Es ist doch nicht das erstemal, daß Sie eine Nacht wachen müssen!«
    »Ich sehe bloß nicht ein, warum Sie soviel Umstände machen«, brummte die Frau. »Er wird nicht wiederkommen, und wenn er wirklich kommt - wie wollen Sie ihn denn daran hindern, auch hierher zu gehen?«
    »Er wird bestimmt zurückkommen - darüber gibt es gar keinen Zweifel. Ich kenne diesen Mann. Aber Sie brauchen sich keine Sorge zu machen, daß er sie finden wird.
    Er kann doch nicht jedes Gehölz in der Umgegend absuchen.«
    Ein paar Minuten später schlug er die Haustür zu, als er fortging, und Lois hörte die Frau noch mit sich selbst reden. Sie saß dicht neben der Tür und konnte jedes Geräusch und jede Bewegung in dem leeren Raum verfolgen. Vielleicht hätte man auch das Fenster öffnen können, aber es war unmöglich, das zu tun, ohne daß es die Frau gehört hätte.
    Kurz nach Tagesanbruch nahm Mrs. Rooks das Mädchen mit in die Küche. Sie kamen an dem Raum vorbei, in dem die zweite Gefangene untergebracht sein mußte. Lois sah, daß ein Schlüssel in der Tür steckte, und wenn die Lage in dem Zimmer ebenso war, so konnte die unbekannte Frau unmöglich entfliehen. Wer mochte sie sein? Irgendeine arme Person, die von ihren Freunden oder ihrer Familie der Pflege Dr. Tappatts übergeben worden war? Sie empfand schmerzliches Mitleid mit ihr.
    Während des langen, unangenehmen Tages, der nun folgte, sah sie außer der Haushälterin kein einziges menschliches Wesen. Der Wald gehörte zu einem Privatgrundstück, und der zugewachsene Weg sagte ihr, daß nicht einmal die Leute, die dort wohnten, ihn häufig gingen. Vom Fenster aus konnte sie nur die Stämme von Buchen und das grüne Laubdach der Bäume sehen. Die fürchterliche Einsamkeit bedrückte selbst Mrs. Rooks, die sonst so unzugänglich war. Sie war wahrscheinlich nicht an ein einsames Leben gewöhnt. Am Nachmittag kam sie in das Zimmer, und Lois benützte die Gelegenheit, sie näher zu betrachten. Sie mochte ungefähr fünfzig Jahre zählen, schaute rauh und böse drein und schien mit der Welt und den Menschen zerfallen zu sein.
    »Es ist so verteufelt ruhig hier, daß man den Verstand verlieren könnte«, klagte sie.
    Lois war neugierig, ob sie die Frau zum Sprechen bringen und in eine Unterhaltung verwickeln könnte.
    »Sind Sie schon lange in England?« fragte Lois.
    Mrs. Rooks mußte erst ihren natürlichen Widerwillen überwinden, bevor sie antwortete.
    »Erst zwei Jahre - vorher waren wir in Indien. Aber ich weiß gar nicht, was das mit Ihnen zu tun hat.«
    »Ich hörte, wie Sie die Hunde mit indischen Namen riefen. Mali heißt doch Geld, nicht wahr?«
    »Stellen Sie keine Fragen«, sagte die Frau. »Verhalten Sie sich nur ruhig, Sie werden nicht schlecht behandelt. Aber wenn Sie sich närrisch aufführen, dann wird man Ihnen -« Sie nickte bedeutungsvoll. »Natürlich heißt Mali Geld.« Dann sagte sie noch einige hindostanische Worte.
    Lois schüttelte lächelnd den Kopf. Sie vermutete, daß die Frau sie fragte, ob sie Hindostani spräche oder verstände.
    »Warum werde ich hier gefangengehalten? Können Sie das nicht sagen?«
    »Weil Sie nicht richtig im Kopf sind.«
    Diese Antwort hätte Lois wütend gemacht, wenn ihr die Vermutung nicht schon selbst gekommen wäre, daß man dies als Vorwand benützte, um sie gefangenzuhalten.
    »Sie haben Dinge gehört und gesehen, die nicht existieren, und solche Leute sind immer verrückt.«
    Lois lachte. »Sie wissen ganz genau, daß ich nicht verrückt bin.«
    »Keiner von diesen Menschen weiß, daß er verrückt ist«, sagte Mrs. Rooks zur größten Beruhigung von Lois. »Das ist doch eines der Symptome. Sobald jemand glaubt, daß er vernünftig ist, ist er verrückt! Der Doktor weiß das, er ist der klügste Mann in der

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