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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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die ich dort unterbringen würde.« Wieder fühlte sie das Streicheln seiner verhaßten Hand. »Gehen Sie nur ruhig vorwärts - Ihr schönes Zimmer wartet auf Sie.« Er nahm die Lampe, die im Gang auf einem Stuhl stand, und leuchtete ihr die Treppe hinauf. Sie schaute auf den Raum gegenüber und sah, daß ein neues Schloß an der Tür angebracht worden war. Wahrscheinlich würde die andere Frau jetzt ihre Nachbarin werden. Tappatt folgte der Richtung ihres Blicks.
    »Sie bekamen Gesellschaft«, sagte er. »Diese alte Anstalt füllt sich schnell. Alles, was man zur Gründung eines Heims für Geisteskranke braucht, ist vorhanden, und zufriedene Patienten sind die beste Reklame!«
    »Wo ist Mr. Dorn?« fragte sie, als er den Raum verließ.
    »Er ist nach London zurück. Ich habe ihm einen Floh ins Ohr gesetzt - der Kerl wird mich nicht so bald wieder belästigen.«
    »Sprechen Sie wohl jemals die Wahrheit?«
    Aus irgendeinem Grund wurde er wütend über diese Frage und änderte plötzlich sein Verhalten ihr gegenüber.
    »Ich werde Ihnen an einem dieser Tage die Wahrheit sagen, mein junges Fräulein, und es wird Ihnen sehr unangenehm sein, sie zu hören!« fuhr er sie böse an.
    Dann schlug er die Tür hinter sich zu und schloß ab.

32
    An demselben Tag wollte auch Mr. Chesney Praye die Wahrheit ergründen. Für gewöhnlich konnte er sie nicht brauchen, aber wie er der Gräfin während des Essens erklärte, wollte er jetzt genau erfahren, woran er sei. Er wußte viel mehr, als sie vermutete, denn er war ein schlauer Mann, der einen ausgesprochenen Instinkt dafür hatte, verborgene Dinge herauszubringen. Er handelte jederzeit nur nach Zweckmäßigkeitsgründen und holte aus jeder Lage stets das Beste für sich heraus.
    »Du willst mich heiraten, Leonora, sobald diese Angelegenheit geklärt ist. Aber bevor wir weitergehen, mußt du mir deine Karten aufdecken. Zunächst will ich wissen, was ich getan habe. Blinder Gehorsam ziemt einem Soldaten, aber ich bin kein Soldat. Ich habe mir die Hände mit dieser Sache schon böse beschmutzt, und ich kann fünf Jahre im Gefängnis sitzen, wenn Dorn mir jemals auf die Spur kommt. Es gibt so viele Dinge, die du mir noch nicht erzählt hast - und ich möchte jetzt vor allen Dingen Klarheit haben.«
    Die Gräfin nahm die Zigarette aus dem Mund, blies eine Rauchwolke von sich und verfolgte sie mit den Augen, bis sie sich auflöste. Dann drückte sie die Zigarette langsam in dem Aschenbecher aus und erzählte ihm alles. Chesney Praye hörte ihr eine halbe Stunde lang zu, ohne sie zu unterbrechen. Und er beschloß, alles was er erfuhr, zu seinem eigenen Vorteil auszunützen.
    Nur einmal machte sie eine Pause, als sie ihren Sohn mit Lizzy in dem Palmenhof sah.
    »Sie ist hübscher, als ich dachte. Wenn sie auch nur das nette Aussehen einer Choristin hat - immerhin -«
    »Das ist aber jetzt ganz gleichgültig«, sagte Chesney ungeduldig. »Was passierte dann?«
    Die Gräfin sprach weiter und verheimlichte ihm nichts. Als sie geendet hatte, saß er mit heißem Kopf auf seinem Stuhl.
    »Bei Gott«, sagte er atemlos, »du bist einfach eine wundervolle Frau - jetzt verstehe ich auch das ganze Geheimnis von Gallows Farm. Ich muß wirklich sagen, ich bin starr vor Staunen.«
    »Ja - das ist das ganze Geheimnis von Gallows Farm«, sagte Lady Moron.
    Chesney Praye verließ das Hotel allein. Die Gräfin wollte auf ihr Landgut gehen und lud ihn ein, sie zu begleiten. Aber er schützte rasch eine Verabredung vor, die er im Moment ersonnen hatte. Er war ein schneller Denker und verdankte es dieser Eigenschaft, daß er damals in Indien einer Verurteilung entgangen war.
    Er schaute nach einer Uhr in der Straße. Es war höchste Zeit, daß er einen Teil seiner Absicht ausführte. Wenn sein Plan auch noch nicht in allen Einzelheiten festlag, als er in ein Auto stieg, so war er doch schon in allen Details durchdacht, als er den St. Pauls-Kirchhof erreichte.
    Lord Moron und seine Begleiterin saßen in einem gewöhnlichen Autobus, als sein Wagen an ihnen vorbeifuhr.
    »Mein Stiefvater«, brummte der Graf. »Sie können sich doch auch nicht denken, daß ein so schrecklicher Verbrecher eine Frau wie die Gräfin anziehen kann, Elizabeth?«
    Aber Lizzy preßte die Lippen zusammen und sagte nur die nichtssagenden Worte: »Gleich und gleich gesellt sich gern«, die man auf die verschiedenste Weise deuten konnte. Als sie nach der Charlotte Street kamen, fanden Sie kein Telegramm vor.
    »Es wird auch keins kommen«,

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