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037 - Klinik der Verlorenen

037 - Klinik der Verlorenen

Titel: 037 - Klinik der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jose Michel
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Sie lächelte wissend. »Dank Ihnen habe ich nichts bezahlt. Er sagte, ich wäre die erste Patientin, die er gratis behandelte.«
    »Hatte ich nicht recht, Lise? Sehen Sie, es kann nichts Ernstes sein, wenn er Ihnen nur Pillen gibt. Ich dachte, es wäre etwas Schlimmeres. Das müssen wir feiern. Ich hole etwas zu trinken.« Ich stand auf und ging zum Spiegel. Sah ich so krank aus? Sicher, ich war stark verändert. Ich war blaß, hatte gelbliche Ringe um die Augen und zwei tiefe Falten an den Mundwinkeln.
    Und doch hatten die Röntgenbilder, die mein Hausarzt von mir machen ließ, nichts ergeben. Aber seit einigen Monaten bemerkte ich selbst, daß ich mich änderte. Nichts interessierte mich mehr, ich las nicht einmal mehr, was früher meine einzige Zerstreuung gewesen war. Irgend etwas in meinem Inneren schien mich aufzufressen.
    Nur Dr. Flamants konnte mir helfen, davon war ich bereits überzeugt. Seine Sicherheit und sein guter Ruf als Mediziner ließen mich hoffen.
     

     

Bald darauf wurde die neue Klinik eröffnet. Am selben Nachmittag ging ich das neunte Mal in die Ordination Dr. Flamants.
    Meine Schmerzen hatten sich weitgehend gebessert, und wenn sie kamen, waren sie harmloser und leichter als früher.
    In der Zwischenzeit war Ariane Marnel fast meine Freundin geworden. Sie hatte mich einige Male besucht, und an einem Sonntag hatten wir einen kleinen Ausflug mit ihrem Wagen gemacht.
    Wir waren erst ein wenig spazieren gegangen und aßen dann in einem kleinen Landgasthaus zu Abend. Ariane bezahlte, ohne auf meine Einsprüche zu achten.
    »Lise«, sagte sie nachher, »ich verdiene weitaus mehr, als ich brauche. Meine Eltern sind ziemlich wohlhabend, ich muß mich in keiner Weise einschränken. Also nehmen Sie ruhig die Einladung an.«
    Ich erzählte ihr von meiner Beunruhigung wegen meiner Krankheit.
    »Haben Sie keine Angst«, sagte sie. »Wenn es etwas Ernstes ist, dann wird der Chef es herausfinden, selbst wenn er Sie in seine neue Klinik nehmen müßte. Wir haben schon zwei Vormerkungen, eine ältere Dame und ein junges Mädchen von sechzehn Jahren. Auch das Personal ist schon bereit.«
    Dr. Flamants und ich waren vertrauter miteinander geworden. Er sprach mit mir über seine Studien und Auslandsreisen. Ich erzählte ihm von mir, war aber sicher, daß er das meiste bereits durch Ariane wußte. Denn ich war überzeugt davon, daß sie für ihn mehr als nur eine Assistentin war …
    Dr. Flamants’ Frau, so schien es, war die meiste Zeit auf Erholung in den Bergen. Niemand hatte sie je zu Gesicht bekommen. Wenn Flamants - was selten genug geschah – eine Party gab, so fungierte Ariane als Gastgeberin. Das wußte ich von Maria, die diese Partys besuchte.
    An einem dieser Tage war ich eben dabei, ein Paket mit fertig gestellten Nähereien aus dem Haus zu meiner Auftraggeberin zu bringen, als mich ein eisiger Schmerz durchfuhr. Ich ließ das Paket fallen und rannte hinaus, um ein Glas Wasser zu trinken, aber vergeblich.
    Ich hatte entsetzliche Angst.
    »Maria!« flüsterte ich. »Maria!« Ich stöhnte auf.
    Maria kam aus ihrem Schlafzimmer.
    »Lise! Was ist passiert?«
    Mein Gesichtsausdruck und der Schweiß auf meiner Stirn verrieten ihr alles. Sanft legte sie mich auf mein Bett.
    »Ich rufe sofort Dr. Flamants an«, sagte sie.
    Sie lief aus dem Zimmer, und bald dal auf ‚hörte ich ihre schnellen Schritte, die sich entfernten. Ich werde sterben, dachte ich. In demselben Zimmer, in dem ich geboren wurde. Mutterseelenallein.
    Ein glühendes Messer fuhr mir durch die Eingeweide, bis hinauf an die Kehle. Der Schweiß lief mir über die Haut.
    Es war mir so gut gegangen, als Dr. Flamants mit der Behandlung begonnen hatte. Und nun? Das letzte Mal hatte ich ein Rezept für eine Medizin vom Doktor erhalten, die Maria aus der Apotheke für mich holte. Hatte sich der Apotheker geirrt?
    Mein Kopf weigerte sich, normal zu funktionieren. Die absurdesten Ideen und Einbildungen kamen mir. Ich schloß die Augen, und abgrundtiefe Finsternis umgab mich. Damit hörte meine Erinnerung auf.
    Maria hatte das Nötige veranlaßt, um mich in die Klinik einliefern zu lassen, wo sich Dr. Flamants sofort meiner annahm.
     

     
    Als ich in meinem Bett in diesem Saal aufwachte, sagte man mir, daß mir Dr. Flamants den Magen ausgespült hätte. Nichts sonst. Anscheinend hatte ich kein Recht auf mehr Details.
    Hatte ich also eine Vergiftung gehabt?
    Ich hörte Schritte, die sich auf dem Korridor näherten, und ging schnell in mein Bett

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