0370 - Gestrandet im Jenseits
eine steinerne Säule und zurrten die Schnüre so fest, daß Zamorra sich nicht befreien konnte.
Immer wieder versuchte er, das Amulett zu sich zu rufen. Aber es gehorchte seinem Befehl nicht. Es schien tatsächlich abgeschaltet zu sein.
Aber wer außer Leonardo deMontagne war dazu in der Lage?
Leonardo hatte jedenfalls seine Hände hier nicht im Spiel. Er hätte sich den Triumph nicht nehmen lassen, seinem Gegner als Sieger gegenüberzutreten und ihn zu verspotten. Leonardo war eitel…
Es mußte also noch etwas anderes geben, das so intensiv auf das Amulett einwirkte. War es dieselbe Kraft, die Gryf so schwer zugesetzt hatte?
Auch er mußte beeinflußt worden sein, denn sonst wäre er doch nicht beim Versuch des zeitlosen Sprunges einfach entkräftet zusammengebrochen!
Den Worten des behelmten Anführers nach gab es kaum noch Leben in Gryf, und er würde bald sterben – was war es, das ihn umbrachte?
Gryf benötigte dringend Hilfe! Er mußte hier weggebracht werden, bevor er starb. Aber wie sollte das vonstatten gehen? Selbst wenn Zamorra frei wäre, gab es doch immer noch kein Weltentor, durch das sie zurück konnten. Denn das, durch welches sie gekommen waren, existierte nicht mehr. Es war künstlich erzeugt worden und anschließend wieder erloschen.
Sie waren in dieser grünbraunen Felsenwelt gestrandet, die Zamorra irgendwie an Ash’Naduur erinnerte und die doch so ganz anders war.
Zamorra fand Gelegenheit, sich umzuschauen. Die Steinsäule, an die man ihn gefesselt hatte, stand auf einer runden Plattform, rund einen Meter über dem Boden. Die Plattform war über und über mit Linien bedeckt, die verwirrende Muster bildeten. Zamorra glaubte, magische Zeichen in ihnen zu erkennen. Sie existierten in einer ungeheuren Vielzahl.
Die Ausgemergelten, oder zumindest ein großer Teil von ihnen, umrundeten die Plattform wie bei einem in Zeitlupe aufgeführten Indianertanz.
Sie intonierten einen unmelodischen, heiseren Gesang. Ihr Anführer hatte sich wieder auf seinem Steinthron niedergelassen, das Schwert griffbereit vor sich, und beobachtete das Geschehen. Mit heiseren, knappen Worten dirigierte er die Tanzbewegungen und die Laute des entnervenden Gesanges.
Einige der in den Stein geritzten Linien auf der Plattform begannen zu leuchten. Das Leuchten wurde stärker, heller und strahlte bald in blendendem Grün. Und je länger die Prozedur dauerte, desto mehr Linien begannen zu leuchten. Nach gut einer halben Stunde, in der die Ausgemergelten keine Ermüdungserscheinungen zeigten, strahlte die gesamte Plattform in grellem Grünlicht. Und wenn Zamorra den Kopf senkte und nach unten blickte, sah er, wie das grüne Licht auch an der Säule emporzukriechen begann.
Das Licht war bestimmt nicht nur als Festbeleuchtung aktiviert worden.
Es mußte etwas mit dem Umwandlungsprozeß zu tun haben. War es dafür verantwortlich, daß Zamorra bald schon so aussehen sollte, wie die dürren Gestalten mit ihren riesigen Gebissen?
Und er konnte sich nicht von dieser Säule befreien! Er hatte keine Chance, zu entfliehen!
Noch sah er an seinem Körper keine Veränderung. Aber wie lange würde es noch dauern? Wann setzte die unheimliche Ausdörrung ein? Wann saugte ihm etwas die Lebenskraft aus, um ihm dafür etwas anderes zu geben – die Unsterblichkeit des Todes?
Zamorra konnte nur hilflos abwarten, was geschah. Er konnte nicht einmal mehr hoffen, daß Gryf ihm half. Der lag irgendwo dort oben auf der Hochebene. Entkräftet und sterbend.
Bald würde alles vorbei sein.
***
Ted Ewigk wog den Dhyarra-Kristall in der Hand. Er sah Nicole an.
»Willst du es dir nicht noch einmal überlegen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Also gut.« Er faßte nach ihrer Hand. »Dann wollen wir mal. Ich brauche jetzt ein möglichst konkretes Bild dieser fremden Welt. Anica…«
Die Hexe nickte. »Ich versuche es«, sagte sie.
»Sei vorsichtig«, warnte Nicole. »Geht keine zu intensive Verbindung miteinander ein. Sonst passiert dasselbe wie bei Zamorra. Er war zu eng mit Gryf verbunden und wurde einfach mitgerissen.«
»Ich werde aufpassen«, versprach die Hexe.
Ted aktivierte vorsichtig den Kristall. Er begann mit schwächstem Energieeinsatz. Er mußte vorsichtig taktieren. Er durfte nicht zu lange anmeßbar bleiben, aber er wollte auch nicht zu viel Dhyarra-Energie freisetzen. Gerade so viel, daß es reichte, das Tor zu erschaffen. Er mußte den nötigen Energiewert, bei Null beginnend, dennoch so schnell wie möglich anstreben.
Er
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