0370 - Verrat auf OLD MAN
sagte er sich voller Selbstironie, war wahrscheinlich noch der geringste Schaden, den er anrichten würde.
„Kommen Sie zu mir!" rief Raskani vom Schreibtisch aus. „Ich habe hier eine Liste, in der alle auf dem Mond und auf der Erde lebenden hohen Offiziere aufgeführt sind. Sie müssen uns sagen, welche Personen über Ihre wahre Identität informiert sind."
„Wozu?" fragte Anrath.
Raskani starrte ihn über den Tisch hinweg an.
„Wir müssen diese Männer verhaften."
Anrath schüttelte ungläubig den Kopf.
„Wie wollen Sie das verwirklichen?"
„Ganz einfach. Sie werden die Haftbefehle ausgeben. Wir dürfen auch nicht die Wissenschaftler und Privatpersonen vergessen, die informiert sind. Sie müssen alle hinter Schloß und Riegel, bevor sie Unheil anrichten können."
„Und wenn sie auspacken?"
Raskani lächelte verächtlich.
„Das werden sie nicht wagen. Wenn tatsächlich der eine oder andere die Wahrheit sagt, wird man ihn auslachen."
Anrath ergriff einen Papierstapel der vor Raskani auf dem Tisch lag.
„Ist das die Liste?"
Der Plophoser nickte.
„Sie ist sehr umfangreich", sagte Anrath. „Ich werde Stunden brauchen, um sie durchzusehen."
„Ich weiß", sagte Raskani. „Jedesmal, wenn Sie mit einem Blatt fertig sind, gebe ich die Haftbefehle durch." Wir brauchen doch irgendeine Erklärung für die Öffentlichkeit", sagte Anrath unschlüssig.
„Das habe ich schon erledigt. Ich habe in Ihrem Namen eine Verlautbarung herausgegeben, in der das Komplott gegen die Menschheit angeprangert wird."
Es bestanden für Anrath keine Zweifel mehr daran, daß Raskani schon lange auf diesen Augenblick hingearbeitet hatte. Die Organisation, der Raskani angehörte, mußte überall Verbindungsmänner haben, die nun in Erscheinung traten.
„Sie können keine fünfzig Millionen Raumfahrer verhaften lassen", sagte Anrath zu dem Plophoser.
„So hoch ist die Zahl der Informierten aus der ehemaligen Magellanschen Flotte."
Raskani blieb unbeeindruckt.
„Von dieser Seite sind keinerlei Schwierigkeiten zu erwarten", sagte er. „Einige Administratoren, die unserer Organisation nahestehen, warten nur darauf, daß die Öffentlichkeit von Ihrer Rolle als Doppelgänger Rhodans erfährt. Diese Männer würden aus dem Bekanntwerden der Wahrheit sofort einen politischen Gewinn erzielen. Es gibt genügend Administratoren, die ihre kritische Haltung gegenüber Perry Rhodan in den letzten Monaten belegen können. Die gleichen Männer kämen als Kandidaten für die Position des Großadministrators in Betracht."
Anrath griff über den Tisch und packte Raskani am Arm.
„Das widerspricht sich doch", stieß er hervor. „Sie haben jetzt Gelegenheit, die Menschheit aufzuklären und einen Administrator an die Spitze zu bringen, der Ihrer Organisation nahesteht. Warum tun Sie es nicht?"
Mit einem Ruck machte sich Raskani los.
„Sie sind uns als Perry Rhodan wichtiger", sagte er. „Im Augenblick können wir mehr erreichen, wenn wir Sie Perry Rhodan spielen lassen. Später..."
„Später werde ich nicht mehr gebraucht", vollendete Anrath.
„Warum denken Sie daran?" fragte Raskani. „Wir verhelfen Ihnen dazu, daß Sie wie Perry Rhodan auftreten können. Es liegt an Ihnen, wie lange dieser Zustand anhält."
Die fast unmenschliche Gelassenheit Raskanis brachte Anrath wieder zur Besinnung. Er begriff, daß der Plophoser sich nicht über ihn lustig machte, sondern völlig nüchtern alle Möglichkeiten anführte. Im jetzigen Stadium war Anrath nur ein Werkzeug, das man gern benutzte, solange es seinen Zweck erfüllte.
Anrath blickte auf die nackte Wand hinter dem Schreibtisch. Er war schlimmer daran als jemals zuvor.
Warum hatte er sich überhaupt mit Orlin Raskani eingelassen? Der Mord an Laury Marten hätte ihm deutlich zeigen müssen, wie skrupellos der Plophoser war.
Etwas stimmt nicht mit mir, dachte Anrath. War es möglich, daß sich die moralischen Wertbegriffe eines Menschen so schnell verschoben? Oder hatte Raskani nachgeholfen? Anrath überlegte, wann er Raskani Gelegenheit gegeben haben könnte, ihn mit irgendwelchen Präparaten zu beeinflussen. Eine zweite Möglichkeit kam in Betracht: Raskani konnte über Psi-Kräfte verfügen.
„Machen Sie sich an die Arbeit", sagte Raskani. „Beeilen Sie sich."
Er machte hinter dem Schreibtisch Platz für Anrath, damit dieser die Liste durchsehen konnte.
Anrath ließ sich in den Sessel sinken und blickte teilnahmslos auf das bedruckte Papier. Mit einem kleinen
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