0372 - Monster in Marrakesch
daß Sie nicht lügen?« konterte Kereb. »Los, kommen Sie mit.«
»Am Empfang wird man Ihnen bestätigen können, daß ich vor zwei Stunden mit meiner Sekretärin das Hotel betreten und es seitdem nicht wieder verlassen habe«, sagte Zamorra.
»Das Hotel hat mehrere Ausgänge, wie wir alle wissen«, sagte Kereb.
»Meine Sekretärin wird Ihnen weiterhin bestätigen, daß ich mich vor etwa einer halben Stunde hier niedergelegt habe - also zur Tatzeit, die Sie mir genannt haben.«
»Und wo ist Ihre Sekretärin?«
»Draußen am Pool«, sagte Zamorra.
»Nun gut. Dann werden wir sie bitten, zur Zeugenvernehmung direkt mitzukommen. Bey, Sie bringen Zamorra schon mal nach draußen in den Wagen, während ich nachsehe, ob ich die Frau finde.«
Er kannte sie von den Protokollgesprächen her. Zamorra seufzte. Irgend jemand versuchte ihm aus irgend einem Grund einen Strick zu drehen. Dabei konnte er sich nicht einmal entfernt vorstellen, aus welchem Grund er Suleiman hätte erschießen sollen. Der Tod des Archäologen erschreckte ihn.
Sie verließen das Zimmer. Kereb nahm den Schlüssel an sich, schloß ab und brachte ein Dienstsiegel an.
»Was soll das denn schon wieder?« fragte Zamorra wütend.
»Das Zimmer ist versiegelt. Vielleicht existiert noch Beweismaterial. Es darf nicht entfernt werden.«
Zamorra seufzte. »Soviel Dummheit gehört eigentlich bestraft«, murmelte er. »Sagen Sie, Kereb, haben Sie auch einen guten Tip, wo meine Sekretärin nun wohnen soll, die das Zimmer mit mir teilt? Sie braucht ihren Koffer, ihre Kleidung…«
»Das Zimmer ist versiegelt«, wiederholte Kereb stereotyp. »Aber ich kann Ihnen einen anderen, sehr guten Tip geben. Sie haben mich jetzt zum zweitenmal dumm beziehungsweise verrückt genannt. Ich schreibe es Ihrer verständlichen Nervosität zu. Beim drittenmal wird’s teuer.«
Draußen hatten sich nach Zamorras anfangs getätigtem Überfall-Ruf Schaulustige gesammelt. Kereb schob sie zurück. »Hier gibt’s nichts zu sehen«, brummte er.
Der Lift brachte die drei Männer ins Erdgeschoß. Am Empfang blieb Zamorra stehen. »Was ist mit dem Telefonat zum Polizeichef und zum Konsulat?«
»Tut mir leid, Professor, ich weiß von nichts. Was ist denn los?«
»Rufen Sie das französische Konsulat an«, verlangte Zamorra. »Sofort. Diese freundlichen Herren hier haben mich festgenommen, weil ich gleichzeitig an zwei Orten gewesen sein soll. Ich stehe unter Mordverdacht.«
»Sofort, Professor«, beeilte sich der Concierge zu versichern. Er griff nach dem Telefonhörer und begann zu wählen. Wieder und wieder.
»Die Leitung zum Konsulat ist gestört«, sagte er erstaunt.
»Dann versuchen Sie’s über die Vermittlung«, sagte Zamorra. Kereb seilte sich derweil ab, um draußen am Pool nach Nicole zu suchen. Der Concierge begann wieder zu wählen, bekam eine Verbindung und verlangte, zum französischen Konsulat in Rabat durchgestellt zu werden. Nach ein paar Minuten legte er wieder auf.
»Tut mir leid, Professor«, sagte er schulterzuckend. »Die Vermittlung sagt, sie bekäme ebenfalls keine Verbindung. Die Telefonzentrale des Konsulats scheint vorübergehend gestört zu sein. Vielleicht später.«
»Vielleicht später«, murmelte Zamorra verdrossen.
»Dann kommen Sie jetzt«, sagte Muhamad Bey. Er faßte Zamorra am Arm.
»Loslassen«, zischte Zamorra ihm zu. »Noch kann ich von selbst gehen! Möchten Sie, daß Ihre Beschwerdeakte noch dicker wird?«
Bey lachte leise. Er dirigierte Zamorra vor sich her nach draußen. Dort stand eine unauffällige Limousine mit Fahrer. Bey ließ Zamorra im Fond einsteigen und setzte sich neben ihn.
Ein paar Minuten später tauchte Kereb auf - allein. »Ich kann Ihre Sekretärin nicht finden. Auch das Personal hat sie nicht gesehen.«
Ja, habt ihr denn alle Tomaten auf den Augen? dachte Zamorra und konnte eine entsprechende bissige Bemerkung gerade noch unterdrücken. »Lassen Sie mich mal…«
Er wollte aussteigen.
Das ging nicht. Kereb saß ihm schon im Weg. Der Wagen war zwar ein amerikanischer Straßenkreuzer, aber in der Mitte der Fondbank wurde es für den Festgenommenen jetzt doch etwas eng. »Fahren Sie los, Akim«, befahl Kereb und zog die Tür hinter sich zu.
Zamorra begriff’s nicht. Nicole mußte am Pool sein. Sie war nicht wieder ins Zimmer gekommen, um sich umzuziehen; und so närrisch, einen Stadtausflug im Bikini zu machen, war sie vielleicht in westlichen Zivilisationen, aber nicht im prüden Marokko. Eine Frau, die hier
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