0372 - Monster in Marrakesch
mehr zeigte als Gesicht und Hände, wurde mit Prostituierten gleichgestellt.
Es gab keine andere Möglichkeit -jemand hatte ein gut ausgeklügeltes Komplott gegen Zamorra ausgetüftelt, zu dem selbst das Unterbrechen der Telefonleitung zum Konsulat in Rabat gehörte.
Allmählich wurde es Zamorra klar, daß eine teuflisch enge Schlinge um seinen Hals gelegt worden war und sich langsam, aber sicher zuzog…
***
Ein trotz der nachmittäglichen Hitze schwarz gekleideter Mann löste sich aus den Schatten der Eingangshalle und trat nach draußen. Unter seiner großen Sonnenbrille hervor sah er dem davonfahrenden Fahrzeug der Polizei nach. Dann verließ er das »El Andalous«, überquerte die breite Straße und stieg in eine schwarze Limousine. In gemächlichem Tempo entfernte sich der Wagen.
***
Das »Ahreira« hatte seine Sensation.
Während der Protokollgespräche waren die Beamten der Kriminalpolizei dezent aufgetreten. Jetzt hatten sie einen Mord aufzuklären, der sich im »Ahreira« abgespielt hatte, und entsprechend war der Aufwand der Spurensicherung. Kommissar Kelim al Shadra dirigierte seine Leute wie ein Feldherr die Soldaten, ließ sich von Chasre und Haddjin detailliert erzählen, was geschehen war, und ließ die Aussagen mitstenografieren. Anschließend wurde Dr. Suleimans Zimmer versiegelt. Die Leiche war längst fortgebracht worden und harrte der gerichtsmedizinischen Obduktion.
Über Funk wurde al Shadra davon in Kenntnis gesetzt, daß Professor Zamorra festgenommen worden sei, er aber hartnäckig bestreite, zur Tatzeit sein Hotel verlassen zu haben.
Achmed Chasre hatte mitgehört. »Wie wäre es mit einer Gegenüberstellung?« knurrte er. »Vielleicht leugnet er dann nicht mehr.«
»Zu gegebener Zeit«, sagte al Shadra. »Wir haben Ihre Aussage, nun werden wir den mutmaßlichen Täter verhören.«
»Mutmaßlich? Er war es! Wir sind doch alle nicht blind!« schrie Achmed Chasre wütend. »Er kam wortlos herein, hat Doktor Suleiman niedergeschossen und verschwand wortlos wieder, in aller Seelenruhe, als sei nichts geschehen!«
»Bei seiner Verhaftung soll er weniger ruhig gewesen sein«, dachte al Shadra laut. »Nun, wir werden sehen. Wenn ich Sie benötige, meine Herren, werde ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen.«
Draußen drängten sich die Neugierigen. Wahrscheinlich würde der Mordfall heute abend Stadtgespräch in der Medina sein: Shadra ließ sich zur Präfektur zurückfahren.
Er fragte sich, aus welchem Grund Zamorra den Archäologen erschossen hatte. Und noch dazu am hellen Tag vor Zeugen. Was steckte dahinter?
***
Es mußte ein Komplott sein. Aber wer konnte ein Interesse daran haben, Zamorra auf diese perfide Weise auszuschalten, indem er ihm einen Mord in die Schuhe schob? Zamorra konnte sich nicht vorstellen, hier in Marokko Feinde zu haben. Und die Höllischen… sie hatten andere Methoden und Mittel, ihre Gegner zu bekämpfen.
Es sei denn, in der Hölle galten neuerdings andere Spielregeln, seit Leonardo de Montagne auf dem Thron des Fürsten der Finsternis saß.
Aber damit konnte und durfte Zamorra den Polizisten nicht kommen. Sie hatten schon milde gelächelt, als er auf die Möglichkeit eines Doppelgängers hinwies. Natürlich, Üie Ausrede war eine der sieben schlechtesten. Und solange Nicole nicht erschien und Zamorra entlastete, war er der Tat dringend verdächtig. Es gab ja die Aussagen der Tatzeugen.
Zamorra saß Kelim al Shadra gegenüber. Der Stenograf saß noch im Verhörzimmer, der Fragen und Antworten mitschrieb, und auch Assistent Kereb hockte auf einem Stuhl im Hintergrund.
»Also, noch einmal von vorn«, verlangte al Shadra.
Zamorra erzählte zum dritten Mal. Er fing ganz von vorn an.
Dr. Suleiman hatte eine Ungewöhnlichkeit entdeckt in der Kasbah, rund sechzig Kilometer südlich von Marrakesch. Diese Kasbah war vor rund vierhundert Jahren schlagartig von restlos all ihren Bewohnern verlassen worden und im Laufe der Zeit vom Wind verweht. Dr. Suleiman und sein Archäologenteam aus Rabat war mit den Ausgrabungen betraut worden. Er hatte den Parapsychologen Professor Zamorra herbeigebeten, um ihm bei der Ergründung eines unerklärlichen Phänomens zu helferi.
»Und? Haben Sie das Phänomen ergründet?«
»Natürlich«, sagte Zamorra. Er hütete sich, zu sehr ins Detail zu gehen. Er hatte al Shadra diese Story schon mehrmals erzählt, und er hatte schon ganz zu Anfang festgestellt, daß der Kommissar parapsychischen Erscheinungen und Magie gegenüber
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