0372 - Werwolf-Omen
ich mit der Berettamündung zur Tür deutete.
»Da ist der Ausgang.«
Schweigend schritt sie vor. Erst an der Kellertür hielt sie an, die rechte Hand hatte sie bereits auf die Klinke gelegt. »Was haben Sie vor, Mister?«
»Das werden Sie noch früh genug sehen.«
»Wollen Sie Laura töten?«
»Könnte ich das?«
»Ich weiß es nicht.«
»Dann lassen Sie sich überraschen«, erklärte ich. »Und jetzt Abmarsch. Denken Sie daran, auf ihre Tricks falle ich nicht mehr herein, das kann ich Ihnen sagen.«
Alexis drückte die Klinke nach unten und zog die Tür auf. Sie schaltete Licht ein und schien sich an die Spielregeln halten zu wollen, was mir wiederum gefiel.
Die Keller der alten Häuser riechen irgendwie immer gleich. So feucht, so muffig. Auch dieser hier machte keine Ausnahme. Doch auch ein anderer Geruch wehte ebenfalls durch den Keller mit der niedrigen Decke.
Raubtiergestank…
***
So streng, so typisch, wie ihn auch Werwölfe abgaben. Zudem hörte ich die entsprechenden Laute, die den Geruch begleiteten. Es war ein leises, irgendwie abwartendes Knurren. Noch nicht so gefährlich, aber lauernd, und schmatzende Geräusche klangen durch, als würde sich noch ein Ghoul bei dem Werwolf aufhalten.
Alexis Ascot hatte wieder die Führung übernommen. Noch konnte ich nicht in den Keller hineinschauen, weil mir der über uns liegende Treppenabsatz die Sicht verdeckte. Nach drei weiteren Stufen bekam ich einen freien Blick.
Ich sah die Bestie, und ich sah den Käfig, in dem man sie eingesperrt hatte.
Daß es Laura war, erkannte ich an den Stoffetzen ihrer Kleidung, die noch an manchen Stellen des Fells festhingen, als wären sie mit Leim beschmiert worden.
Sie hatte sich tatsächlich in einen gefährlichen Werwolf verwandelt, daran gab es nichts zu rütteln. Eine Tierschnauze, Fell wohin ich schaute, gefährlich leuchtende Raubtieraugen, das alles paßte wunderbar zusammen und auch das laute, jaulende Geräusch, das aus ihrer Kehle drang und schaurig durch den kahlen Keller hallte.
Der Unhold hatte seine Pranken um die Gitterstäbe gelegt. Seine gelb funkelnden Augen waren auf mich gerichtet. Er spürte, daß ein Mensch da war, ein anderer als Alexis, seine Mutter, und wahrscheinlich lechzte er schon danach, mich umbringen zu können.
Er wollte raus.
Plötzlich begannen die Stäbe zu zittern, als die Bestie all ihre Kraft einsetzte, aber sie kam einfach nicht gegen diese stabile Konstruktion an. Sie hielt den Kräften des Werwolfs stand.
Alexis Ascot hatte sich, von mir aus gesehen, rechts neben einem anderen Verschlag aufgebaut. Er war nicht so stabil. Eine aus Holzgattern hergestellte Tür wäre für die Bestie sicherlich kein Problem gewesen. Ich konnte in das zweite Verlies hineinschauen und entdeckte eine Rumpelkammer.
»Da hast du deinen Willen!« knirschte die Frau.
»Es hat auch lange genug gedauert.« Nach diesen Worten zog ich meine Beretta, behielt Alexis im Auge und erkannte plötzlich, daß sie zusammenzuckte und bleich wurde. »Was haben Sie vor, Sinclair?«
»Wer eine Waffe in der Hand hält, will sie auch benutzen.«
»Dann wollen Sie schießen?«
»Genau, und zu Ihrer Information. Das Magazin dieser Beretta enthält geweihte Silberkugeln. Für einen Werwolf sind diese Geschosse absolut tödlich, das wird Ihnen als Mutter einer solchen Bestie sicherlich bekannt sein.«
Trotz der miesen Beleuchtung erkannte ich, daß Alexis Ascot noch bleicher geworden war. »Das können Sie doch nicht tun!« hauchte sie.
»Was sollte mich daran hindern?«
Sie schwieg, und das war deutlich genug. Wahrscheinlich sah sie ihre Felle davonschwimmen. Sie hatte alles versucht und sogar ihre körperlichen Reize eingesetzt, ohne Erfolg.
Den hatte ich erreicht.
Über den Lauf meiner Beretta schaute ich auf das Käfiggitter. Dahinter sah ich die Bestie. Im Gegensatz zu Alexis Ascot war sie nicht ruhig. Der Werwolf mußte seinem Drang und Trieb einfach folgen.
Er hatte einen Menschen vor sich. Durch das Mondlicht war er auf magische Art und Weise aufgetankt worden, jetzt mußte er dem Drang nachkommen und sich befreien.
Die Stäbe zitterten, als er sich dagegenwarf. Aus seinem Maul strömte ein unheimliches Heulen, das als Todesmelodie den Keller durchströmte.
Er wollte seine Schnauze zwischen zwei Stäbe klemmen. Die beiden Kiefer klappten weit auseinander. Zwischen den Reißzähnen hingen lange Geiferfäden, mir wehte ein widerlicher Gestank aus seinem Maul entgegen. So scharf, so ätzend und
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