0374 - Der Inka-Henker
ich auch.«
»Nein, einen rötlichen!«
Die Antwort gab mir zu denken. Er konnte recht, ich mich aber auch getäuscht haben. Ich schaute jetzt ebenfalls nach vorn und in die Höhe, sah den Schein jedoch nicht.
»Jetzt ist er wieder verschwunden«, murmelte der Spanier undschüttelte den Kopf.
»Wo haben Sie ihn denn gesehen. Über Barcelona?«
»Nein, noch vor der Stadt. Das ist es ja, was mich bedrückt. Der will sein Versprechen wahrmachen, Señor. Er hat gesagt, daß er alle Lazarros auslöschen will, und ich bin einer von denen.«
»Dann hätte er Sie schon längst getötet.«
»Das tröstet mich auch nicht.«
Er war wieder nervöser geworden. Auch mich hatten seine Bemerkungen unruhig gemacht. Es war durchaus möglich, daß uns der unheimliche Inka-Henker verfolgte.
Diese Gedankengänge behielt ich natürlich für mich. Ich wollte meinen Beifahrer auf keinen Fall beunruhigen. Außerdem wurde die Strecke schwieriger, gespickt mit Serpentinen. Weit unten sah ich bereits das grau schimmernde Band der Küstenstraße.
***
Aus dem Nichts und schnell wie ein Blitz schlug das Grauen zu. Der Horror erwischte mich voll, und mir wurde wieder einmal demonstriert, wie mächtig meine Gegner waren.
Den roten Schein hatte ich noch erkennen können. Um jedoch zu reagieren, war es zu spät.
Der Wagen bekam einen Stoß, der sich von seinem Dach her fortpflanzte. Ich hatte Mühe, ihn in der Spur zu halten, während sich mein Beifahrer halb drehte und auch in die Höhe schaute.
Das war sein Verderben.
Grausam schlug der Inka-Henker zu.
Den dumpfen und gleichzeitig knirschenden Laut bekam ich noch mit. Vielleicht sah ich auch die Axt, das Unheil an sich konnte ich nicht mehr aufhalten.
Das tödliche Werkzeug traf voll.
Ich hörte nicht einmal einen Schrei, sah dafür das Blut und bekam auch mit, wie der junge Mann neben mir langsam nach vorn kippte.
Er war tot.
Die Axt in seinem Nacken!
Der Schrecken war wie eine Woge, die über mir zusammenschlug.
Ich konnte es nicht fassen, schrie, glaubte zu träumen und merkte, daß ich in diesen Augenblicken die Kontrolle über den Golf verloren hatte. Zwar rollten wir noch immer, aber nicht mehr auf dem schmalen Pfad, sondern waren nach links abgedriftet und fuhren jetzt schräg in das unebene und hügelige Vorgebirgsgelände hinein, wo der kleine Golf durchgeschüttelt wurde, als stünde er auf einem Sieb.
Ich schwankte im Gurt, trat auf die Bremse, vielleicht war es verkehrt, jedenfalls rutschte der Wagen auf dem vom letzten Regen seifig gewordenen Boden weiter, sprang über Querrillen hinweg, stellte sich auch schräg, drehte sich dann, fuhr weiter, rammte mit dem linken Vorderrad einen im Weg liegenden Felsbrocken, dessen untere Hälfte noch in der Erde steckte, kippte wieder nach vorn, schlug mit der Schnauze irgendwo auf, wurde nach rechts herumgeschleudert, wobei ich mir vorkam wie eine Puppe, der man die Hände an das Lenkrad genagelt hatte.
Ich war blaß geworden, fühlte mich regelrecht blutleer und zitterte, während der tote Ernesto in seinem Sitz von einer Seite auf die andere geworfen wurde und mich auch ab und zu berührte.
Die Fahrt ging weiter. Sogar noch schneller, denn der Hang war relativ steil.
Ich bekam auch mit, daß wir von dem rötlichen Licht verfolgt wurden, da es durch die Fensterscheiben in das Innere des Golfs drang und dort alles ausfüllte.
Und dann sah ich die Böschung. Im Licht der Scheinwerfer schien ihre gerade Linie zu tanzen und wellig zu werden. Es hatte keinen Sinn, ich bekam den Wagen nicht vor ihr zum Stehen.
Wir rutschten drüber.
Für einen winzigen Moment schwebten wir in der Luft, bevor sich der Golf irgendwie schwerfällig nach vorn neigte, mit der Kühlerschnauze Kontakt bekam, sich mit dem Heck senkrecht aufrichtete und sich langsam auf die rechte Seite legte, wo der Tote ebenso wie ich durchgeschüttelt wurde.
Der Aufschlag fuhr mir auch durch alle Knochen. Ich hörte es knirschen und splittern, dann wehte mir kühler Wind entgegen, und der machte mich irgendwie munter.
Aber ich lag auf der Seite und kam so einfach nicht los. Es gelang mir zunächst einmal nicht, das Gurtschloß zu ertasten, aber unser Gegner besaß Bewegungsfreiheit.
Ich sah ihn, als ich meinen Kopf und auch die Augen verdrehte.
Er war neben dem zersplitterten Beifahrerfenster erschienen und griff mit einem Arm durch die Lücke.
Die Statue wollte die Axt!
Fünf Finger schlug sie um den Griff und riß die Waffe mit einem Ruck aus dem Körper
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