0375 - Bluthand aus dem Jenseits
die Eileens Kehle umspannte, und er ließ sie auch nicht los, als er sie zurück und in den großen Raum der Gaststätte hineinzog, wo sie den Augen der anderen entschwunden waren.
Hier atmete Suko auf. »Keinen Laut«, wandte er sich an die Terroristin. »Wenn ich nur einen Warnschrei höre, ist es vorbei. Ich schieße sofort.«
Sie versteifte noch mehr in seinem Griff. Suko spürte, dass sie etwas sagen wollte, deshalb lockerte er ein wenig den Griff.
»Das überlebst du nicht, Bulle! Du nicht. Ich garantiere es dir!«
»Abwarten!«
Kaum hatte Suko das Wort gesagt, als er Stimmen hörte. Auf der Straße waren sie aufgeklungen. Raue Männerkehlen schrien sich Befehle zu, und Suko wusste genau, was geschehen war, auch ohne einen Blick aus dem Fenster geworfen zu haben.
Die sechs Terroristen waren aus ihrer Starre erwacht. Wahrscheinlich hatten sie den Befehl bekommen, sich nun um ihre Anführerin zu kümmern. Eileen the cat musste ähnlich denken, das schloss Suko aus ihrem Lachen.
Er ließ sie los, war mit einer geschmeidigen Bewegung vor ihr und fragte nach dem Hinterausgang.
»Den gibt’s«, sagte sie.
»Dann nichts wie hin.«
»Wieso? Ich…«
»Los, verdammt!«
Eileen schaute in die Augen des Chinesen und nickte bedächtig.
»Schon gut, Chink, schon gut. Ich tu dir den Gefallen und gehe mit dir. Aber wehe dir…«
»Los!« Der Inspektor stieß sie mit der MPi an. Eileen drehte sich um. Mit hastigen Schritten durchquerte sie den Raum, ging an dem Tresen vorbei, erreichte einen schmalen Durchgang, und Suko, der über ihre Schulter schaute, sah die Umrisse einer Tür.
»Wo führt der Weg hin?«, fragte er.
»In eine Wohnung.«
»Ist sie belegt?«
Eine Antwort bekam er nicht, denn die Frau drückte die Tür auf.
Dahinter sah Suko ein Zimmer, und es war auch eingerichtet, denn alte Möbel standen an den Wänden.
Auf einer Couch saßen drei Menschen.
Ein Mann, eine Frau und ein Kind. Sie waren nicht gefesselt, aber die rührten sich auch nicht vom Fleck, denn sie hatten furchtbare Angst. Suko erkannte die blassen, erstarrt wirkenden Gesichter im Schein einer blakenden Tischleuchte, und er sah auch den gequälten Ausdruck, der sich um die Lippen gelegt hatte.
Und dann peitschten die Schüsse.
So überraschend, dass die Frau auf der Couch aufschrie, halb hochsprang und im nächsten Augenblick die Hände auf den Mund presste, aus Angst, etwas Falsches getan zu haben.
Der Mann zog sie wieder zurück, und Suko wandte sich an die beiden. »Hören Sie zu. Auf den Boden, nur auf den Boden. Gehen Sie in Deckung! Ich will nichts von Ihnen.«
Die beiden Erwachsenen hatten verstanden und nickten. Der Junge aber rief Suko etwas zu.
Er redete gälisch. Suko verstand die Worte zwar nicht, er ahnte jedoch, was sie zu bedeuten hatten.
Und er reagierte richtig. Mit einem Satz sprang er nach hinten, drehte sich dabei, und so wurde er von dem schweren Gegenstand nur gestreift, mit dem sich die Terroristin bewaffnet hatte. Es war ihr gelungen, einen schweren Kerzenständer in die Höhe zu wuchten. An der Brust- und Hüftseite wurde Suko berührt, verspürte auch den plötzlichen Schmerz, aber der brachte ihn nicht um oder behinderte ihn in seinen Aktionen.
Im Gegenteil, er machte ihn wütend. Dieses Weib wollte einfach nicht aufgeben, und der Chinese sorgte dafür, dass sie die Quittung bekam. Der Tritt erwischte sie, als sie noch nach vorn taumelte. Er schmetterte sie auch zu Boden, aber dieses Weib war durch eine harte Schule gegangen. Es rollte sich herum, kam auch wieder hoch, schrie dabei wütend und sah dann etwas Schwarzes auf sich zurasen.
Es war der Waffenlauf.
Kopf und Lauf prallten zusammen, an der Aufschlagseite platzte die Haut, die Bewegung der Terroristin erstarrte, und einen Moment später sackte sie vor den Füßen des Inspektors zusammen.
Regungslos blieb sie liegen.
»Ist sie tot?« Der Junge hatte gefragt, jetzt in der Sprache, die auch Suko verstand.
»Nein, nur bewusstlos.«
Er hörte gleich darauf die Schüsse. Sie klangen verflucht nah.
Suko rechnete damit, dass die anderen bereits im Gasthaus waren.
»Schließen Sie sich irgendwo ein«, wandte er sich an die Familie.
»Beeilen Sie sich aber. Haben Sie so einen Raum?«
Im Hochkommen sagte der Mann: »Die Abstellkammer.«
»Ja, das ist gut.«
Es gab zum Glück eine zweite Tür, durch die die Menschen fliehen konnten. Suko wartete so lange, bis sie nicht mehr zu sehen waren, und wandte sich dem anderen Ausgang zu.
Dahinter
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